Franz Vranitzky war der erste österreichische Bundeskanzler, der offiziell die dunkle Seite der österreichischen Geschichte angesprochen hat. Als Erster hat er sich für die Verbrechen, die Österreicher während der Nazi-Zeit begangen hatten, entschuldigt. Bnai Brith hat Vranitzky dafür in Wien kürzlich mit dem höchsten Orden ausgezeichnet. Was Vranitzky zu diesen deutlichen Worten veranlasst hat, wodurch er als Kind geprägt wurde und warum Jörg Haider ein „poor man walking“ ist, hat er im Gespräch mit Danielle Spera und Peter Menasse erzählt.
Von Danielle Spera und Peter Menasse
NU: Ihr Eingeständnis der Mitschuld von Österreichern an den Verbrechen der Nazis, Ihre Einladung zur Rückkehr der Juden nach Österreich war für einen österreichischen Bundeskanzler einmalig und ganz außergewöhnlich. Was war der Auslöser dafür, dass Sie als erster so deutliche Worte zur Rolle von Österreichern während der Nazi-Zeit gefunden haben?
Vranitzky: Die innenpolitische Situation damals war geprägt von einer Mischung aus den noch nicht ganz abgeklungenen Vorbehalten maßgeblicher Länder der Welt gegen Bundespräsident Waldheim und dem Jugoslawien-Krieg. Wir mussten miterleben, dass gewaltsame Auseinandersetzungen, ethnische Säuberungen, unfassbare autoritäre Vorgangsweisen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft aufgebrochen sind. Da habe ich mir gedacht, es wäre höchste Zeit, mit ein paar stehen gebliebenen Ungerechtigkeiten und Ungereimtheiten aufzuräumen, auch mit dem Thema Opferdoktrin. Sie haben damit in Österreich eine “Trendwende” eingeleitet, die aber jetzt wieder umgekehrt worden ist, jetzt wird die Opferdoktrin von neuem hervorgeholt. Sie sprechen damit sehr direkt das Gedenkjahr an. Es ist sicher mit großem Engagement betrieben worden, nur hat man sich offenbar nicht von den alten Schablonen lösen können, die darin bestehen, dass man sich in allererster Linie der österreichischen Erfolgsstory nach dem Zweiten Weltkrieg rühmt. Nun gab es zwar diese Erfolgsstory, aber sie ist nicht das ausschließliche Erscheinungsbild der Republik Österreich. Ich habe mit Bedauern festgestellt, dass die Chance nicht genutzt worden ist, bestimmte historische Wahrheiten besser ins Licht der Öffentlichkeit zu setzen. Denn ich bin überzeugt, dass der möglichst unkomplizierte Umgang mit der Wahrheit einer Gesellschaft innere Festigkeit gibt. Sie haben in Ihrer Rede anlässlich der Bnai-Brith-Preisverleihung kritisiert, dass im Gedenkjahr 2005 bei allem Jubel über den Staatsvertrag 1955 das Jahr 1945 doch “verhältnismäßig wenig belichtet” worden sei.
Warum fällt das sonst niemandem auf, warum wurde das in der Öffentlichkeit kaum thematisiert?
Das Staatsvertragsjahr 1955 ist bei den verschiedenen Gedenkfeiern prominent behandelt worden. Das ist auch in Ordnung so, denn es war ein Schlüsseljahr in der österreichischen Zeitgeschichte. Das Ende des Zweiten Weltkriegs und die Befreiung von der Nazi-Herrschaft durch die Alliierten sind jedenfalls zu kurz gekommen. Es gibt nach wie vor zu viele Stimmen, die behaupten, dass die wirkliche Freiheit erst 1955 erreicht worden sei. Natürlich ist es erstrebenswert, nicht von fremden Truppen besetzt zu sein, aber die eigentliche Beendigung einer verbrecherischen Periode hat 1945 stattgefunden. Daher wäre es ganz gut, wenn man in den verbleibenden Wochen dieses Jahres mit Nachdruck darauf hinweist. Nicht zuletzt deshalb, weil noch immer sehr viel in den Köpfen und Herzen mancher Familien begraben ist. Viele haben Verwandte, die möglicherweise auch schon tot sind, die aber von 1938 bis 1945 Schuld auf sich geladen haben. Ich kenne viele Familien, wo die Kinder- oder auch die Enkelgeneration noch immer nicht mit sich ins Reine gekommen ist. Und es soll niemand sagen, dass das einfach ist: der Vater oder Großvater, der bei der SS war, ist ja trotzdem der geschätzte Vater oder Großvater. Die Weltanschauung der nachfolgenden Generationen ist glücklicherweise oft eine andere und das ergibt ein Spannungsfeld. Gab es Aktionen im Gedenkjahr, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind? Die Ausstellung im Belvedere ist mir in positiver Erinnerung, die Ausstellung auf der Schallaburg habe ich nicht gesehen, doch habe ich gehört, sie sei geradezu skandalös einseitig. Die Gags auf dem Heldenplatz mit den Hausgärten fand ich entbehrlich. So kann man der heutigen Generation das Hungerelend nicht näher bringen, und schon gar nicht auf dem Heldenplatz.
Wie haben Sie dieses Jahr erlebt? War es ein würdiges Gedenken?
Ich will es sicher nicht in Grund und Boden verurteilen, das wäre ungerecht. Es sind viele Bemühungen unternommen worden, auch mit Erfolg. Doch wie gesagt, meine Vorbehalte gehen dahin, dass die Befreiung von der Nazi-Diktatur in diesem Gedenkjahr zu wenig gewürdigt wurde. Ich habe mich jedenfalls als Österreicher nicht wirklich geehrt gefühlt, als die USA am 15. Mai einen pensionierten Senator als offiziellen Vertreter ihres Landes geschickt haben, nur weil er irgendwelche familiären Kontakte zu Österreich hat. Das ist sicher auch auf die Gedankenlosigkeit der Amerikaner zurückzuführen, aber vielleicht wären sie weniger gedankenlos, wenn die Republik Österreich bei ihnen ruhmreicher verankert wäre.
Sie wurden 1937 geboren, in welchem Umfeld sind Sie aufgewachsen?
Mein Vater war Arbeiter, Sozialdemokrat und hat in der Zwischenkriegszeit das Schicksal vieler anderer geteilt. Er ist arbeitslos geworden, ausgesteuert und genau genommen vor dem Nichts gestanden. Die sozialdemokratisch orientierte Arbeiterschaft – im Übrigen auch noch durch die Ereignisse 1934 politisch und menschlich gedemütigt – hat drei Wege eingeschlagen: die einen sind Nazis geworden, die anderen Kommunisten und die dritten wollten nichts mehr von Politik wissen. Mein Vater hat sich auf die linke Seite geschlagen und hat auch meine Mutter dafür eingenommen. 1939 wurde er eingezogen, ab diesem Zeitpunkt war meine Mutter mit mir und dann ab 1940, als meine Schwester geboren wurde, mit uns beiden auf sich gestellt. Wir lebten in äußerst bescheidenen Verhältnissen. Noch dazu in einem Haus, das einer ziemlich ausgeprägt nationalsozialistischen Familie gehört hat. Wir haben die alltägliche Bevormundung, das Anstänkern, das Schulmeistern meiner Mutter miterlebt.
Wo war das?
Wir haben in Hernals gewohnt und natürlich auch die Bombenangriffe erlebt. Zerstörte Häuser, tote Menschen, die wir gekannt hatten, stundenlange Aufenthalte im Luftschutzkeller haben meine Kindheitserinnerungen geprägt. Wir haben uns manchmal im Wienerwald versteckt, weil die Erwachsenen geglaubt haben, dass man dort sicherer sei als im Luftschutzkeller. In der Volksschule habe ich als kleines Kind schon die Indoktrinierung miterlebt und kann mir daher überhaupt nicht vorstellen, dass jemand, der einigermaßen wach durchs Leben gegangen ist, nicht gewusst hat, was der Nationalsozialismus bedeutet. Ich war ein Kind und wusste, was ein Gestapo-Mann ist und was er tut, nämlich Menschen um 5 Uhr in der Früh aus ihren Wohnungen holen und mitnehmen. Ich war ein Kind und wusste – durch die spärlichen Heimat-Urlaube meines Vaters -, was der Krieg für einen Soldaten bedeutet. Er war sowohl in Polen als auch später in der Normandie, er hat also beide Gesichter des Zweiten Weltkriegs als Wehrmachtsangehöriger miterlebt, hat aber aus seiner Gesinnung nie ein Hehl gemacht und ist daher auch fantastisch befördert worden, nämlich bis zum Obergefreiten. Meine Weltanschauung wurde also durch die ärmlichen Familienverhältnisse, sehr deutlich politisch orientierte Eltern und die einfache Sprache der nicht gebildeten und nicht belesenen Mutter geprägt. Diese Weltanschauung ist für mich zu einem Gebäude geworden, das bis heute nicht eingestürzt ist. Ich bin zuerst in die Frauenfelderschule gegangen, die wurde von Bomben getroffen, worauf ich in eine andere Schule verlegt wurde, wo wir dann Wechselunterricht hatten. Es gab zu wenig Klassenzimmer, so dass wir eine Woche am Vormittag und in der nächsten Woche am Nachmittag Unterricht hatten. Das war dann auch die Zeit der rationierten Lebensmittel, der Trockenmilch von den Amerikanern, ich erinnere mich gut an die steinharten Kekse, die man tagelang in der Trockenmilch einweichen musste, damit man sie irgendwie beißen konnte oder die qualitativ minderwertigen Fischkonserven, die Silver Hakes. Das war unser Alltag.
Bei Ihrer Ehrung durch Bnai Brith wurde erwähnt, dass in Ihrem Wohnhaus Juden versteckt waren.
Ein paar Häuser von uns entfernt hat ein Ehepaar gelebt – er war Jude, sie nicht -, das keinen Luftschutzkeller hatte. Meine Mutter wollte sie gern zu uns holen, das war wegen unseres Hausherren, der ein großer Nazi war, aber unmöglich. Meine Mutter hat sich aber nicht beirren lassen und hat das Ehepaar immer wieder heimlich zu uns geholt. Wenn es dunkel war, hat sie die beiden beim Hofeingang hereingeholt. Sie haben den Krieg überlebt und wir hatten noch lange mit ihnen Kontakt.
Gerade in Ihrer Generation waren starke Berührungsängste gegenüber Juden vorherrschend. Wie haben Sie das in Ihrem Erwachsenwerden oder an der Uni erlebt?
Ganz ohne Berührungsängste. Meine Mutter stammte aus der burgenländischen Gemeinde Lackenbach, in der 50 Prozent der Bevölkerung jüdisch waren. Sie hat mir viel davon erzählt, auch dass Juden und Nichtjuden dort gut zusammen gelebt hatten. Meine Mutter hat wie viele andere an jüdischen Feiertagen, wo Arbeit verboten ist, ausgeholfen. Heute gibt es keine Juden mehr in Lackenbach, es gibt einen jüdischen Friedhof, der etwas verfallen ist. Jedenfalls waren meiner Mutter jüdisches Leben, jüdischer Alltag, jüdische Hausbräuche nicht fremd. Das heißt, da gab es keine Schwellenangst. Geprägt durch Ihre Erziehung, war es für Sie essenziell, mit jemandem wie Jörg Haider keine Koalition einzugehen. Heute gibt es so manche, die Ihre Verhaltensweise als Fehler ansehen, denn Schüssel habe Haider ins Boot geholt und ihn damit domestiziert. Im Gegensatz dazu stehen die vielen, die mir sagen, jetzt erst zeige sich, wie richtig es war, nicht mit Haider zusammenzuarbeiten. Zunächst einmal gibt es – zumindest für mich – Politik ohne Weltanschauung nicht. Die Weltanschauung Haiders ist, dass er sich vom ewiggestrigen Rechtsaußenschutt nicht distanzieren kann. Auf die Frage, wer der größte Verbrecher des 20. Jahrhunderts war, fällt ihm Adolf Hitler nicht ein. Das ist für mich keine Basis für ein gemeinsames Regieren. Ich hätte es meiner Partei und der Außenwelt gegenüber für unzumutbar empfunden, im Ausland erklären zu müssen, dass da jemand mit uns ist, der meint, die Nazis hätten eine ordentliche Beschäftigungspolitik gemacht. Das kann nur jemand vertreten, dem weltanschauliche Barrieren egal sind, und der überhaupt nicht versteht, wie so etwas abläuft.
War das Ihre Klassifikation des derzeitigen Bundeskanzlers, er ist ja die Koalition mit Haider eingegangen?
Und Österreich hat darunter gelitten – bis heute. Es ist ein Ammenmärchen zu glauben, dass die anderen sich das nicht gemerkt hätten. Außerdem bin ich nicht so sicher, ob die Theorie von der Domestizierung stimmt. Denn Haider hat ja selbst einen Todesdrang entwickelt, den er bis heute konsequent auslebt.
Was ist mit Strache, wird er ein zweiter Haider?
Das wird man erst sehen, zunächst einmal ist er ein Verbalrabauke, der mehr oder weniger keinen Stein auf dem anderen lässt in Bezug auf demagogische, rassistische und religiös anzügliche Äußerungen. Er ist politisch-inhaltlich sehr substanzlos. Es ist nicht überliefert, ob er irgendeine Vorstellung zur Wirtschafts- und Sozialpolitik hat. Es ist überliefert, dass er zur Wanderungspolitik keine Vorstellung hat, wenn er von Minuseinwanderung spricht. Es ist überliefert, dass er von den Arbeitsmärkten keine Ahnung hat. Es ist aber auch wahr, dass er bei der Wiener Landtagswahl 15 Prozent der Stimmen bekommen hat. Das heißt, dass ihm ein bestimmtes Wählerpotential zuströmt. Da wird es davon abhängen, was die anderen Parteien daraus machen, wie sie damit umgehen. Die Regierung hebt immer wieder Ihren Durchbruch bei der Restitution und bei den Entschädigungen für Zwangsarbeiter hervor.
Warum haben sozialdemokratische Regierungen nicht schon früher mehr in dieser Sache zusammengebracht?
In erster Linie muss man sagen, dass die sozialdemokratisch geführten Regierungen bezüglich der Befriedigung der materiellen Rechte und Ansprüche der jüdischen Mitbürger sehr viel gemacht haben. Sowohl im Sozialbereich als auch im Staatsbürgerschaftssektor, wie in der Rückgabe und Rückstellung der verschiedenen geraubten Kunstgegenstände ist sehr viel getan worden. In meiner Zeit ist der Nationalfonds geschaffen worden. In gewisser Hinsicht haben wir also aufgebaut, was jetzt fortgesetzt wird.
Wie sind Sie überhaupt mit dem Zustand Ihrer eigenen Partei zufrieden?
Na, das schaut ziemlich gut aus, vor allem nach den wirklich eindrucksvollen Wahlergebnissen in den verschiedenen Bundesländern in den letzten zwei Jahren, und ich nehme an, dass der gute Schwung auch für die Bundespolitik genutzt werden kann. Die zweifellos vorhandenen Schwachstellen der derzeitigen Bundesregierung, also die ÖVP mit einem marginalisierten Koalitionspartner, der sich gerade noch über Wasser hält, sollten für eine kämpferische Sozialdemokratie eine gute Ausgangslage sein.
Wo liegen Ihre Präferenzen, mit wem sollte die SPÖ koalieren? Würden Sie sich eine große Koalition wünschen, oder sollte man sich in Richtung der Grünen orientieren?
Ich gebe grundsätzlich keine Koalitionsratschläge. Rückblickend ist zu sagen, dass Haider unter den Bedingungen der großen Koalition gewachsen ist. Haider hat alle zwei, drei Jahre gesagt, dass er der nächste Bundeskanzler werden wird, die Geschichte hat gezeigt, dass er es nicht geworden ist. Durch die schnellen Zuwächse der FPÖ in der Zeit der großen Koalition ist so eine Art Glorifizierung Haiders durch die Nachwelt gewachsen. Dabei ist Haider einer der erfolglosesten Politiker in der österreichischen Geschichte. Denn er hat sich zum Ziel gesetzt, Bundeskanzler zu werden, ist es nicht geworden, er hat sich zum Ziel gesetzt, die Ausländer nicht nach Österreich kommen zu lassen oder, wenn’s leicht geht, auch wieder los zu werden, das ist ihm nicht gelungen, er hat den EU-Beitritt bekämpft. Österreich ist seit mehr als zehn Jahren EU-Mitglied und jetzt, in Abwandlung des amerikanischen Satzes, ist er ein “poor man walking”. Es ist nichts übrig geblieben von Haider. Und daher fürchte ich mich auch vor einem Herrn Strache nicht. Sie analysieren immer wieder auch die Entwicklung der EU.
Wie beurteilen Sie denn deren Außenpolitik in Sachen Nahost?
Ich fürchte sagen zu müssen, es gibt keine gemeinsame und in sich geschlossene Außenpolitik. Der EU wird vorgehalten, dass die arabische Seite im Allgemeinen, die palästinensische Seite im Besonderen in der EU mehr Sympathien hat als die israelische Seite. Man sollte sich sehr genau überlegen, ob das stimmt, und wenn ja, welche Art der Abhilfe man schaffen könnte. Und ich glaube, das sollte die EU auch tun. Denn es zeigt sich, dass die USA im Nahen Osten ein dominierendes Gewicht haben und Europa eigentlich nur sehr marginal vorkommt. Abgesehen von Geschichte, Tradition, geografischer und geopolitischer Nähe ist das ja auch ein Teil der Welt, der wirtschaftlich, aber auch kulturell unendlich viel zu bieten hat. Und hier absent zu sein oder nur gerade als Mauerblümchen irgendwo von der Galerie herunter zu wachsen, ist zu wenig. Aber das heißt schon auch, dass als Voraussetzung dafür eine gemeinsame Außenpolitik konzipiert werden muss. Gemeinsam sind allerdings offenbar die Vorbehalte gegenüber Israel und die großen Sympathien gegenüber den Palästinensern. Mit den Palästinensern geht seit langem ein gewisser Mitleidseffekt einher. Dieser Mitleidseffekt kommt einerseits daher, dass die Palästinenser in der arabischen Welt tatsächlich auch “underdogs” sind. Außerdem lässt die starke amerikanische Unterstützung Israels, nicht zuletzt in Bezug auf militärische Stärke, die Palästinenser auch immer als die Schwachen aussehen. Drittens kommt noch dazu, dass Saudi-Arabien, einer der engsten Verbündeten der USA, gerade von diesen gleichzeitig bezichtigt wird, den Terrorismus, nicht zuletzt auch den palästinensischen Terrorismus, zu unterstützen. Und in diesen scheinbaren Irrgärten will sich so mancher europäischer Politiker gar nicht verirren. Und lässt die Finger davon. Es geht so weit, dass man auch bei der Unterstützung der Palästinenser oft zu wenig Kontrollmechanismen einschaltet. Große Geldsummen der EU, die für die Infrastruktur in den Palästinensergebieten gedacht waren, verschwinden in den Tiefen der Korruption. Sie haben sicher Recht mit den Kontrollen. Ich höre, dass die zweckentsprechende Verwendung von Geldern, die seinerzeit z. B. Arafat zur Verfügung gestellt worden sind, nicht gesichert ist. Also das heißt, der Kontrollmechanismus scheint nicht gut zu funktionieren. Auf israelischer Seite wiederum ist es offenbar schwierig, eine gemeinsame Politik zu verfolgen. Rabin musste sein Leben lassen, Peres wurde abgewählt, Barak auch und Sharon hat jetzt größere Probleme. Das Schlimme ist, dass jeder gute Wille durch immer neue Attentate und Vergeltung zunichte gemacht scheint. Also es ist ein Gebiet, das ganz enorme Anstrengungen braucht, von allen Beteiligten. Und dann kommen auch noch die fürchterlichen Ansagen aus Teheran dazu. Man hat den Eindruck, wenn Sie über die politischen Entwicklungen reden, erwächst in Ihnen eine große Leidenschaft.
Fehlt Ihnen die Politik?
Ja, eine gute.