Es tut sich etwas in den Kultusgemeinden von Graz und Salzburg. Ausgestattet mit einer neuen Machtfülle hat Präsident Elie Rosen einiges an kulturellen Initiativen vor.
Von René Wachtel
Es gibt reges Treiben in den jüdischen Gemeinden von Salzburg und Graz. Nachdem der Präsident der Grazer jüdischen Gemeinde Elie Rosen, Anfang 2023 auch zum Präsidenten der IKG Salzburg gewählt worden war, zeigte sich bald, dass diese Tätigkeiten mit seinen Funktionen in Wien und Baden nicht mehr bewältigbar waren. In Wien war Elie Rosen Mitglied des Kultusvorstandes und bekleidete zuletzt das Amt des Vorsitzenden der Kommissionen für Finanzen und Personal. Infolgedessen demissionierte Elie Rosen von diesen Funktionen in Wien, später auch von jener des Präsidenten der jüdischen Gemeinde in Baden bei Wien, und des Vizepräsidenten der Wiener Chewra Kadischa. Elie Rosen möchte sich auf seine Tätigkeit in Graz und Salzburg konzentrieren.
Dazu mussten auch die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden: Nachdem die Bundesländer Steiermark und Kärnten sowie das südliche Burgenland nach Auflösung der Israelitischen Kultusgemeinde Graz im Jahr 2013 formell dem Sprengel der IKG Wien einverleibt worden waren, war es das erklärte Ziel Rosens, Steiermark und Kärnten mit der Israelitischen Kultusgemeinde von Salzburg zu vereinigen, um auf diese Weise eine unabhängige Tätigkeit entfalten zu können und entsprechende Synergien zu schaffen. Das Südburgenland sollte hingegen bei der Israelitischen Kultusgemeinde Wien verbleiben.
Die Israelitische Kultusgemeinde Wien fasste den Beschluss zur Sprengeländerung in der Kultusratssitzung vom 18. März 2024, die Israelitische Kultusgemeinde Salzburg schon einige Wochen zuvor. Im Newsletter der IKG Wien zu dieser Sitzung heißt es: Die Steiermark und Kärnten gehören nun nicht mehr zum Sprengel der IKG Wien. Dies sei bei der Eingemeindung im Jahr 2013 als Provisorium gedacht gewesen. Unter der Leitung von Elie Rosen gäbe es nun eine lebendige jüdische Gemeinde in Graz, hier sei die Konsolidierung gelungen. Der Sprengel der IKG Wien umfasst fortan neben Wien und Niederösterreich auch das Burgenland.
Die übereinstimmenden Beschlüsse der beiden Kultusgemeinden wurden nach einiger Verzögerung von der für Kultusangelegenheiten zuständigen Bundesministerin für Frauen, Familien, Integration und Medien, Susanne Raab, mit Bescheid vom 2. Juli 2024 genehmigt. Unter Präsident Elie Rosen entsteht so die flächenmäßig größte Kultusgemeinde Österreichs, die unter dem neuen Namen „Israelitische Kultusgemeinde- Gemeinde für die Bundesländer Salzburg, Steiermark und Kärnten“, nunmehr die vorgenannten Bundesländer umfasst.
Elie Rosen will das jüdische Leben in den Gemeinden Graz und Salzburg intensivieren. Abwechselnd gibt es in den Synagogen Salzburg und Graz Freitagabend-Gebete. Kulturelle Veranstaltungen bringen jenseits des Mainstreams Künstler aus aller Welt in die Landeshauptstädte. Der jüdische Neujahrsempfang ist in Graz längst zu einem gesellschaftlichen Ereignis geworden. Auch die mediale Aufmerksamkeit, die man den jüdischen Gemeinden von Graz und Salzburg entgegenbringt, ist durchwegs beachtlich. Die Medienauftritte sind professionell und durchdacht und dies trotz deutlich begrenzter Mittel. Als Zeichen der politischen Anerkennung für seine Arbeit für die IKG Steiermark/Kärnten erhielt Elie Rosen vom Landeshauptmann der Steiermark Christopher Drexel das Große Ehrenzeichen des Landes Steiermark überreicht.
Zwei Großprojekte sollen in den nächsten Jahren die Bedeutung der Gemeinden stärken. In Graz wird im Amtsgebäude neben der Synagoge ein jüdisches Kulturzentrum errichtet. Auch „Artist in Residence“ – Programme sollen dort das kulturelle Leben bereichern. In Salzburg steht die längst überfällige Sanierung von Synagoge und Mikwah (rituelles Bad) auf dem Programm. Diese wurde seit der Instandsetzung 1968 kaum merklich renoviert. Stadt und Land Salzburg haben hier die Finanzierung der notwendigen Arbeiten bereits zugesagt. In den jüdischen Gemeinden Salzburg, Steiermark und Kärnten ist die Aufbruchstimmung spürbar. Man hoffe, so Elie Rosen, in naher Zukunft verstärkt auch neue Mitglieder gewinnen zu können.