Wie man zum Juden geprügelt wird

Die Verfilmung „Ein nasser Hund“ von Autor und Regisseur Damir Lukačević verlegt das Geschehen in die Gegenwart: Doğuhan Kabadai als rebellischer Soheil. © Volker Roloff / Warner Bros.

Arye Sharuz Shalicar erzählt in „Ein nasser Hund ist besser als ein trockener Jude“ von seinem Leben als Deutsch-Iraner, der nach Israel auswanderte und für das israelische Außenministerium arbeitete. Anlässlich des Kinostarts in Deutschland wurde die Autobiografie neu aufgelegt.

Von René Wachtel

Geboren wurde Arye Sharuz Shalicar 1977 als Sohn persischer Juden in Göttingen, aufgewachsen ist er allerdings in Berlin, zunächst in Spandau. Später übersiedelte die Familie in den von muslimischen Zuwanderern geprägten Stadtteil Wedding. Der Ausländeranteil beträgt hier über fünfzig Prozent, viele Araber leben im Wedding, ebenso Türken, Kurden und Afghanen. Israelhass und antisemitische Parolen sind Alltag. Dem Teenager Arye war die Tatsache, dass er Jude war, zunächst herzlich egal. Er verstand sich mit seinen arabischen und türkischen Schulfreunden, wegen seiner iranischen Herkunft wurde er als einer der ihren angesehen.

Doch das sollte sich radikal ändern, als sich herausstellte, das Arye Jude ist. Immer wieder bezog er von den Jugend-Gangs Prügel, wurde antisemitisch beschimpft, sogar mit dem Messer bedroht. Ein befreundeter Kurde half ihm dabei, sich in dieser Welt der Jugendbanden emporzuarbeiten, und er machte sich in der Sprayerszene einen Namen, allerdings trugen ihm die Graffiti auch Zoff mit der Polizei ein. Arye, der keine besondere jüdische Erziehung genossen hatte, begann sich mehr und mehr mit seinem Judentum zu identifizieren und mit Israel zu beschäftigen. Nach Abitur und Wehrdienst reiste er nach Israel und beschloss nach einem Jahr in einem Kibbuz, im Land zu bleiben. Heute ist Arye Shalicar verheiratet, Vater zweier Kinder und stolzer Israeli.

Die Zeit im Wedding, der Juden- und Israelhass, der ihm entgegenschlug, prägten ihn stark. Shalicar thematisiert in seinem Buch auch das Versagen des deutschen Staates, der Schattengesellschaften wie in Berlin und vielen anderen Großstädten einfach zulässt. In Rückblicken erzählt er auch über das Leben seiner Eltern im Iran, wo es bereits vor der islamischen Revolution Antisemitismus gab. Er beschreibt, wie die Juden in Ghettos lebten und als Menschen zweiter, dritter Klasse angesehen wurden. Der Titel des Buches nimmt darauf Bezug: „Ein nasser Hund ist besser als ein trockener Jude!“ war ein beliebter Spruch in Babol, der Stadt, in der seine Eltern aufwuchsen.

Anlässlich des Kinostarts der Verfilmung unter dem Titel Ein nasser Hund im September ist die Autobiografie zehn Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung nun auch als Taschenbuch erschienen. Bei der Kinoadaptierung führte Damir Lukačević Regie, die Hauptrolle übernahm der 20-jährige türkischstämmige Schauspieler Doğuhan Kabadai.

Arye Sharuz Shalicar
Ein nasser Hund ist besser als ein trockener Jude
dtv taschenbuch, 2021
248 S., EUR 11,30,–

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