Die Ausstellung „Unerwünschtes Kino“ widmet sich vertriebenen Filmschaffenden in Wien und Budapest von 1933 bis 1938.
Für viele war es zunächst weniger eine Emigration als eine Rückkehr. Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 in Deutschland mussten auch die jüdischen Filmschaffenden dem Land den Rücken kehren. Nicht wenige von ihnen stammten aus Wien oder Budapest und hatten sich in den Zwanzigerjahren von den besseren Produktionsbedingungen nach Berlin locken lassen. Nun bot sich aufgrund noch existierender Bekanntschaften aus früheren Tagen – und weil auch hier deutschsprachige Filme produziert wurden – die Möglichkeit, wieder in Österreich arbeiten zu können. Zumindest vorübergehend, denn Lage und Bedingungen waren in höchstem Maße prekär.
Bereits 1934 verbot Berlin die Zulassung von Produktionen mit jüdischer Beteiligung für den deutschen Markt. Damit wurde nicht nur der „Arierparagraph“ auch in Österreich umgesetzt – wo er etwa in alpinen Vereinen längst angewendet wurde –, sondern man verhinderte in Berlin somit auch, dass das deutsche Kinopublikum die zur Ausreise gezwungenen Stars über die „Hintertür“ wieder auf der Leinwand sah. Was Nationalsozialismus und Austrofaschismus für wenige Jahre jedoch nicht verhindern konnten, waren die dadurch überwiegend in Wien und Budapest entstandenen, unabhängigen Produktionen mit jüdischer Beteiligung: das „unerwünschte Kino“.
Weiße Vorhänge
Die auf zwei Ebenen präsentierte, von einer zweiteiligen Retrospektive begleitete Ausstellung im Metrokino begreift sich in erster Linie als Spurensuche. Schautafeln, Vitrinen und Filmausschnitte dominieren den Parcours, der zwar eine Richtung vorgibt, aber zugleich erlaubt, sich nach eigenem Interesse zu orientieren und einen eigenen Weg zu finden. Denn auch hier geht es, wie bei jeder Erinnerungsarbeit, um die Möglichkeit des Verweilens. Etwa beim Ausnahmedarsteller Felix Bressart, der Kostümdesignerin Gerdago, dem unvergesslichen Joseph Schmidt, in dessen Schaukasten sich neben dem Toilettenkoffer das Programmheft seines letzten Konzerts in Chicago findet. Die sich wie weiße Vorhänge durch die Räume spannenden Leinwände erwecken den Eindruck kleiner Zelte, auf denen kurze Ausschnitte aus insgesamt elf Filmen gezeigt werden. Hermann Kosterlitz, später in Hollywood als Henry Koster berühmt, ist etwa mit zwei Arbeiten vertreten, seinem Musikliebesfilm Tagebuch der Geliebten (1935) und seiner Aschenputtel-Komödie Katharina, die Letzte (1935) mit Franziska Gaal.
Was in diesem Kontext besonders auffällt, ist die außerordentlich hohe Professionalität dieser Produktionen. Denn auch wenn die insgesamt 24 Langspielfilme für jüdische Filmschaffende aller Sparten – von der Regie über den Schnitt bis zum Kostümbild – immerhin für kurze Zeit Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten boten, so war die Finanzierung jeder einzelnen Produktion ein Kraftakt. Und man war mit Synchronfassungen oder zweisprachig gedrehten Filmen auf den nicht-deutschsprachigen Markt angewiesen. Von Kontinuität konnte also nicht die Rede sein, und schon gar nicht von einer gesicherten und sicheren Zukunft. Wer nicht wie Kosterlitz, der 1935 von Joe Pasternak zu den Universal Studios geholt wurde, das Glück hatte, das Land rechtzeitig verlassen zu können, zeigt die auf einzelne Biografien konzentrierte zweite Ausstellungsebene mit dem Thema „Vertreibung, Verfolgung, Exil“.
Die von Anna Högner und Armin Loacker kuratierte Ausstellung setzt aufgrund der räumlichen Beschränkung – im Kinokulturhaus bleibt, auch wenn beide Etagen bespielt werden, wie immer zu wenig Platz – auf Auswahl und definierte Schwerpunkte. In diesem Sinn funktionieren auch die den einzelnen Filmschaffenden zugeordneten, farbigen Bodenmarkierungen, die die Ausstellungsstücke miteinander verbinden: Sie zeichnen jenes Netzwerk nach, das Filme und Menschen miteinander verband – und bis 1938 halten konnte.