Von Danielle Spera
Die vergangenen Tage sind erfüllt von Sorge um die Verwandten und Freunde, und dann kommt eine Schlagzeile, die tiefe Erinnerungen auslöst: „Tel Aviv bereitet sich auf Raketenangriffe vor.“ Ein Déjà-vu. Im Jänner 1991 ließ Saddam Hussein die ersten Scud-Raketen auf Tel Aviv abfeuern, ich war als Reporterin für den ORF im Einsatz. Ohne zu zögern hatte ich mich dafür gemeldet. Doch gleich nach der Ankunft auf dem Ben-Gurion-Flughafen holt mich die Realität ein: Einschulung für einen eventuellen Angriff mit chemischen Waffen.
Jeder bekommt ein kleines braunes Köfferchen mit auf den Weg. Die Gasmaske und eine Atropinspritze mit riesiger Nadel. „Einfach die Spritze durch die Kleidung in den Oberschenkel rammen. Nur nicht viel nachdenken!“, sagt die junge Soldatin zu mir. Wir wünschen einander Glück. Die Fahrt vom Flughafen ins Zentrum ist unheimlich. Zigmal hatte ich diesen Weg schon zurückgelegt. Doch diesmal erschien die sonst pulsierende Mittelmeermetropole menschenleer, die Häuser verdunkelt.
Kurz nach meiner Ankunft im TV-Studio heulen die Sirenen. Hektisch laufen wir in den Schutzraum und versuchen, die Gasmasken aufzusetzen. Der Raum ist eng und stickig, die Assoziation zu Auschwitz allgegenwärtig, nur gibt es hier Gasmasken. Wir versuchen miteinander zu kommunizieren, aus den Öffnungen der Masken kommen dumpfe, seltsame Geräusche. Die Israelis agieren mit unglaublicher Disziplin, einer Disziplin, die durch die jahrzehntelange Bedrohung in Fleisch und Blut übergegangen ist. Ein Land im Ausnahmezustand. War wirklich je Frieden? Ob die Gasmasken noch immer funktionieren?