Ivanka Trump – ist sie nun Jüdin oder nicht?
VON DANIELLE SPERA
Der Präsidentschaftswahlkampf in den USA sorgt für Diskussionen innerhalb der jüdischen Gemeinden. Diskutiert wird nicht so sehr über die Kandidaten, sondern vor allem über die Tochter von Donald Trump, Ivanka, die 2009 vor ihrer Hochzeit mit Jared Kushner zum Judentum übergetreten ist. Seitdem führt sie mit ihrem Mann und ihren drei Kindern ein orthodoxes jüdisches Leben. Sie halten den Schabbat ein und essen koscher. Das wäre alles kein Thema, wenn nicht im Sommer das höchste israelische Rabbinatsgericht die Autorität jenes Rabbiners, der den Gijur (die Konversion) von Ivanka Trump überwacht hatte, in Zweifel gezogen hätte.
Der 84-jährige New Yorker Rabbiner Haskel Lookstein zählt zu den prominenten rabbinischen Autoritäten in den USA. Der modern-orthodoxe (wie es in den USA genannt wird) Rabbiner, führt seit Jahrzehnten Übertritte zum Judentum durch. Nun allerdings wollte eine junge Frau, die bei Lookstein ihre Konversion zum Judentum vollzogen hat, in Petach Tikwa einen israelischen Staatsbürger heiraten. Während das Oberrabbinat von Israel nichts gegen den Übertritt vorbrachte, stellte sich das Oberste Rabbinatsgericht dagegen. Diese Ablehnung ist insofern schwerwiegend, als es in Israel keine Zivilehe gibt und das Paar somit nicht getraut werden konnte. Der jungen Frau wurde vorgeschrieben, in Israel erneut einen Konversionsprozess zu durchlaufen.
Ein heißes Thema
Die Kontroverse um Übertritte zum Judentum ist allerdings kein neues Phänomen. Schon vor 2000 Jahren gab es zwischen Rabbinern keine einheitliche Meinung zum Thema, außer dass das Judentum keine missionarische Religion ist und die Abstammung durch eine jüdische Mutter weitergegeben wird. So entschied oft der lokale Rabbiner nach individueller Interpretation. Über viele Jahrhunderte hinweg stellte sich die Frage nach einer Anerkennung des Übertritts durch eine höhere Autorität nicht. Heute hat sich die Situation verändert.
Seit der Gründung des Staates Israel kommt den Rabbinatsgerichten in Israel große Bedeutung zu. Denn wenn diese einen Übertritt zum Judentum nicht anerkennen, findet auch das israelische Einwanderungsgesetz keine Anwendung. Es sieht vor, dass Juden aus aller Welt die israelische Staatsbürgerschaft verliehen werden kann.
Übertritte sind daher ein heißes und umstrittenes Thema geworden. Durch die zunehmende Strenge der Autoritäten in Israel vergrößert sich die Kluft zwischen der Orthodoxie und den Nichtreligiösen im Land, aber auch zwischen Israel und vielen Juden in der Diaspora.
Zu dieser Frage wollten wir auch in Österreich Meinungen einholen und präsentieren Ihnen hier Stellungnahmen von den Rabbinern Arie Folger und Schlomo Hofmeister sowie dem Präsidenten der liberalen Wiener Gemeinde Or Chadash, Theodor Much. Als Fazit darf ich den früheren österreichischen Bundeskanzler Fred Sinowatz zitieren, der bei seiner Regierungserklärung 1983 sagte: „Das klingt alles sehr kompliziert.“