Mit einem ausschließlich von Freiwilligen geleiteten Vorstand wurde der Verein Österreichischer Auslandsdienst letztes Jahr neu aufgestellt und sprüht vor Aktivität und neuen Plänen – ein leuchtendes Beispiel von zivilgesellschaftlichem Engagement junger Erwachsener
Von Katharina Stourzh
853 Alumni, 150 Einsatzstellen in derzeit 60 Ländern, 120 AuslandsdienerInnen 2023 – das sind die beeindruckenden aktuellen Zahlen des 1998 von Andreas Maislinger gegründeten Vereins. Seither hat sich der Auslandsdienst zur weitaus größten, vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz anerkannten und geförderten Trägerorganisation des Gedenk, Friedens- und Sozialdienstes in Österreich entwickelt. 2023 wurde ein Generationswechsel eingeleitet und seither weht mit neuer Satzung, Qualitätssicherung und Complianceregelungen ein frischer Wind. Ein engagiertes Team aus ehemaligen AuslandsdienerInnen rund um Vorstandsvorsitzenden Florian Kössler – 2020 selber als Gedenkdiener in Belgien am Studien- und Dokumentationszentrum zur Erforschung der Kriege und Konflikte des 20. Jahrhunderts (CEGESOMA) tätig – leistet Überwältigendes. Für 2025 sind bereits rund 125 Personen vorgesehen, auch heuer waren bzw. sind 110 Personen im Einsatz.
Weltweit unterwegs im Dienste des Gedenkens und der Gesellschaft -das spiegelt das unglaublich vielfältige internationale Tätigkeitsspektrum wider. Rund um den Globus finden sich engagierte junge Leute, die sich entweder zum Gedenkdienst, Freiwilligendienst oder Sozialdienst verpflichten: Von der Casa Stefan Zweig in Brasilien oder dem Kinderheim Maria Luisen in Buenos Aires, über das Capital Jewish Museum in Washington DC und das International Peace Institute in New York oder das Vancouver Holocaust Center bis zur Carnegie Foundation Friedenspalast in Den Haag oder der Hugo Mendel Stiftung in der Schweiz, weiter zum Act for Transformation Caucasus Center in Tiflis und dem Museum of the Occupation in Lettland oder dem Durban Holocaust & Genocide Education Center, der Gedenkstätte Yad Vashem oder dem Institute for Economics and Peace in Sydney bis zum Center for Jewish Studies Shanghai. Ab einer Dauer von sechs Monaten wird der Einsatz vom Sozialministerium finanziell gefördert und kann auch ab einem zehnmonatigen Aufenthalt vollständig als Zivilersatzdienst angerechnet werden. Seit der Reform des Nationalfonds erhalten die GedenkdienerInnen zusätzlich eine finanzielle Förderung durch den Fonds, die eine wichtige ergänzende Unterstützung darstellt und damit manche der Einsätze erst ermöglicht. Der Schwerpunkt des Auslandsdienstes liegt mit 50 Prozent eindeutig auf dem Gedenkdienst, der sich vor allem an Einsatzstellen in Europa dem Gedenken der Opfer des Holocausts widmet. Je 25 Prozent der Auslandseinsätze entfallen auf den Friedensdienst zur Unterstützung von Friedensprojekten mit Bezug auf gegenwärtige oder vergangene Konflikte und auf Sozialdienste, die dazu beitragen, Projekte zur nachhaltigen sozialen Entwicklung im Bereich Bildung, Umweltschutz und medizinische Versorgung zu ermöglichen.
Aufgabe des Vereins ist es auch, alle TeilnehmerInnen inhaltlich auf Ihre Tätigkeiten und Einsätze vorzubereiten. Der Zukunftsfonds beispielsweise unterstützte heuer die jährlich stattfindende Polen Shoah Studienreise, eines der Schlüsselprojekte in der Vorbereitung der GedenkdienerInnen. Die Reise wurde heuer in Kooperation mit B’nai B’rith, Bnei Akiva Deutschland sowie der Auschwitz Jewish Center Foundation organisiert und fand in Ergänzung zu den zahlreichen Vorbereitungsseminaren und Vorträgen statt. Im Vorfeld der Studienreise wurde ein eigenes Programm mit Exkursionen zum Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Gusen, zum jüdischen Leben in Wien und dem „Täterort“ Obersalzberg geplant.
Das alles will organisiert und finanziert werden. Um in Zukunft mehr finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben, wurde ein EU-Projekt an Land gezogen. Auch um die Büroinfrastruktur zu professionalisieren und die Verwaltung des Alumninetzwerks auf neue Beine zu stellen, will man neue Sponsoren und Förderer ansprechen. Last but not least soll auch ein neuer Beirat gegründet werden, um dieses Netzwerk weiter auszubauen und den Verein gesellschaftspolitisch stärker zu verankern. Ebenfalls auf der Agenda steht, die Öffentlichkeitsarbeit neu zu organisieren und insgesamt die Visibilität der Arbeit der AuslandsdienerInnen zu erhöhen.
Stimme der Vergangenheit
für eine bessere Zukunft
Die Zusammenarbeit mit den jeweiligen österreichischen Botschaften funktioniert hervorragend, so vergibt der Verein seit 2006 in Kooperation mit den Vertretungsbehörden den Austrian Holocaust Memorial Award, an Personen, Personengruppen oder Organisationen, die sich für die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus und das Gedenken an seine Opfer engagieren und / oder besondere Beiträge zur Stärkung jüdischer Kultur oder jüdischen Lebens geleistet haben. 2023 ging der Preis an Naomi Kramer, Gründerin und Präsidentin der Holocaust Education and Genocide Prevention Foundation sowie an Carson Philipps. Auch für 2024 wird er wieder ausgelobt.
Voller Enthusiasmus blickt Florian Kössler in die Zukunft. Ihm ist die Bildungsarbeit ein besonderes Anliegen. Sie stärke „das Verständnis für demokratische Werte, lehrt kritisches Hinterfragen und motiviert, sich aktiv für Frieden und Gerechtigkeit einzusetzen. So nutzen wir die Stimme der Vergangenheit, um eine bessere Zukunft zu gestalten.“