Fürstin der Herzen

Elsa von Gutmann (zirka 1910) wurde in Vaduz als „Landesmutter“ verehrt. Nach dem „Anschluss“ floh sie in die Schweiz. FOTO: WIKIMEDIA COMMONS

Fürstin Elsa von und zu Liechtenstein (1875–1947) machte sich durch ihr soziales Engagement einen Namen und bei der Bevölkerung beliebt. Noch heute ist diese außergewöhnliche Landesmutter als die „gute Fürstin“ bekannt.

Von Theresa Absolon

Rothschild, Todesco, Ephrussi: Das sind drei der bekanntesten jüdischen Familien, die in den Adelstand erhoben wurden. Die Nobilitierung jüdischer Familien war ein bemerkenswertes Ereignis in der Geschichte Österreichs im 19. Jahrhundert. Es war eine Zeit des Wandels und der Modernisierung, in der alte Tabus und Vorurteile langsam aufgebrochen wurden.

In diesem Umfeld konnten jüdische Familien erstmals den Aufstieg in die höchsten Gesellschaftsschichten schaffen. Eine dieser Familien war die Familie Gutmann, die sogar eine Fürstin hervorbrachte: Elsa (eigentlich Elisabeth) von Gutmann wurde 1875 in Wien als Tochter von Ritter Wilhelm Isak von Gutmann geboren. Ihr Vater, der aus ärmlichen Verhältnissen stammte, hatte gemeinsam mit seinem Bruder im damals aufstrebenden Kohlehandel Fuß gefasst, bald erlangte das Unternehmen der Gebrüder Gutmann eine führende Position in der Habsburger Monarchie. Kaiser Franz Joseph I. erhob die beiden aufgrund ihrer wirtschaftlichen Erfolge und ihres sozialen Engagements 1878 in den erblichen Ritterstand, was den Grundstein für den sozialen Aufstieg der Familie legte. 1891/92 war Wilhelm Isak von Gutmann außerdem Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien und in der Wiener Gesellschaft ausgezeichnet vernetzt.

1899 heiratete Elsa den Baron Géza Erős von Bethlenfalva, für den sie zuvor zum Katholizismus konvertiert war. Das Glück der beiden währte allerdings nicht lange, bereits 1908 starb der Ehemann. Wie schon ihr Vater war auch Elsa sehr wohltätig und engagierte sich unter anderem beim Hilfsfonds für Soldaten, wo sie ihren späteren Ehemann, Franz I. Fürst von Liechtenstein, kennenlernte. Wegen ihrer jüdischen Abstammung und des ungleichen Standes erlaubte Franz’ Bruder Johann II., Landesfürst von Liechtenstein, die Ehe nicht. Das Paar heiratete 1919 heimlich, erst nach dem Tod von Johann II. 1929 konnte die Ehe auch offiziell geschlossen werden. Franz I. beerbte seinen Bruder als Landesfürst.

Elsa hatte nicht nur enormen Einfluss auf ihren Ehemann, sie verdiente sich auch rasch einen ausgesprochen guten Ruf in Liechtenstein und wurde schon bei ihrem ersten Besuch 1929 in Vaduz begeistert von der Bevölkerung empfangen. Das Paar verbrachte zwar die meiste Zeit des Jahres im Thalhof am Semmering und in Wien, besuchte Liechtenstein aber bis 1935 jedes Jahr im Sommer. Als erstes Fürstenpaar suchten sie dabei den Kontakt zur Bevölkerung. Elsas Engagement galt insbesondere den Kindern des Landes, sie besuchte Schulen, beschenkte die Schulkinder und lud diese wiederholt zu sich ein. Sie gründete mit ihrem Mann die „Franz und Elsa-Stiftung für die liechtensteinische Jugend“, die noch bis heute besteht.

Zudem engagierte sie sich im Spitalsbereich und gründete die Fürstin Elsa-Stiftung. Sie machte Krankenbesuche, beschaffte auf eigene Kosten Medikamente aus den USA, als 1930 in Vaduz Polio ausbrach und finanzierte mittellosen Kranken monatelange Spitalaufenthalte. Durch dieses soziale Engagement und die persönliche Beziehung zum Land – sie trat bewusst oft in Volkstracht auf – war sie in der Bevölkerung äußerst beliebt und wurde als „Landesmutter“ verehrt. Dennoch war auch sie spätestens ab 1933 mit antisemitischen Anfeindungen konfrontiert, besonders ihr Einfluss auf Franz I. wurde kritisiert und man verdächtigte sie, die Thronfolge anzustreben.

Als Franz I. 1938 verstarb, folgte ihm sein Großneffe Franz Joseph II. als Landesfürst nach, da das Ehepaar keine Kinder hatte. Nach dem Tod ihres Ehemannes übersiedelte Elsa auf den Semmering. Kurz nach dem „Anschluss“ Österreichs floh sie in die Schweiz, wo sie während des Zweiten Weltkrieges jüdischen Flüchtlingen half und Spenden für das Rote Kreuz sammelte. Sie selbst besuchte Liechtenstein bis zu ihrem Tod nicht mehr. Sie starb 1947 in Vitznau am Vierwaldstättersee in der Schweiz.

Mit ihrem sozialen Engagement und ihrer Liebe zu Liechtenstein wurde diese außergewöhnliche Frau zu einer unvergesslichen Persönlichkeit in der Geschichte des kleinen Fürstentums. Noch heute ist sie als die „gute Fürstin“ bekannt.

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