Von Martin Engelberg
Mein Vater pflegte immer dann, wenn über Menschen wie Anton Pelinka im Fernsehen berichtet wurde, den Zeigefinger triumphierend in die Luft zu strecken und auszurufen: „Oh! Ein anständiger Mensch!!“ Was meinte er damit? Aus seiner Sicht war es eine Seltenheit, wenn ein Nichtjude klare und deutliche Worte gegen Antisemitismus, gegen aufkeimende Nazi-Ideologie, gegen Hass und Intoleranz fand und dabei bewusst in Kauf nahm, dass dies seiner Karriere nicht unbedingt dienlich sein würde.
In den letzten Jahrzehnten war Anton Pelinka immer auf der richtigen Seite: Unaufgeregt, sachlich und wissenschaftlich fundiert, immer genau den Punkt treffend, stand er im Zentrum jeder wichtigen gesellschaftspolitischen Diskussion in Österreich. Pelinka waren es, der in der Affäre um Kurt Waldheim deutliche Worte zum Umgang Österreichs mit seiner Vergangenheit fand und der das Phänomen Jörg Haider messerscharf analysierte, kritisierte und schließlich sogar erkämpfte, diesen in aller Öffentlichkeit der Verharmlosung des Nationalsozialismus zu beschuldigen und dafür vor österreichischen Gerichten recht zu erhalten.
Darüber hinaus waren die persönlichen Begegnungen mit Anton Pelinka immer auch gekennzeichnet von einem tiefen Gefühl der Sympathie für das Judentum, aber nicht nur dessen Geschichte und Schicksal der Verfolgung gegenüber, sondern besonders auch für dessen Kultur und Traditionen, und gab und gibt es auch eine große gegenseitige persönliche Verbundenheit mit zahlreichen jüdischen Menschen.
Ist es Anton Pelinka vorzuwerfen, nicht bedacht zu haben, dass man mit guten Freunden am besten keine Geschäfte macht? Also auch nicht gemeinschaftlich ein historisches Institut gründet, weil man dort dann rausgeputscht und in aller Öffentlichkeit als menschliche Enttäuschung bezeichnet und der Ausübung von Gemeinheiten bezichtigt wird?
Die österreichische Realität scheint es zu gebieten, dass diese – sehr gelinde gesagt – unfreundliche und unsensible Attacke gegen ihn weitgehend ungestraft bleibt. Wohl vor allem aus taktischen Gründen ist Pelinka, der sich selbst in solchen Situationen immer sofort und deutlich an die Seite eines schlecht Behandelten zu stellen pflegt, niemand wirklich beigestanden, nicht aus der nichtjüdischen, aber auch nicht aus der jüdischen Öffentlichkeit. Er hat das mit der für ihn charakteristischen Ruhe und Gelassenheit ertragen.
An dieser Stelle sei es jedoch deutlich ausgesprochen: Allen jüdischen Menschen, mit denen ich in den vergangenen Wochen über die Entwicklungen rund um das Wiesenthal- Institut gesprochen habe, sind die Gründe des Konfliktes und der Eskalation gegen Anton Pelinka nicht nachvollziehbar und alle sind ob des Inhalts und vor allem des Tons der ihm gemachten Vorwürfe zutiefst irritiert.
Pelinka zitiert in einem Profil- Kommentar den Satz, dass – wann immer ein Interesse einer Idee begegnet – diese den Kürzeren ziehen wird. In diesem Fall wird wohl zuletzt die Idee, aber auch das Interesse frustriert bleiben. Dass dies nichts an seiner aufrechten Gesinnung ändern wird können, steht außer Zweifel, ich hoffe, auch nicht an der tief empfundenen Freundschaft.