Die „alte Gemeinde“ gibt es nicht mehr, stattdessen gibt die IKG nun den „Insider“ und „Wina“, ein neues jüdischen Lifestyle-Magazin, heraus. NU sprach mit Julia Kaldori, der Chefredakteurin von Wina.
Von Rainer Nowak
Julia Kaldori ist gerade im typischen Stress vor Redaktionsschluss. Es wird die dritte Ausgabe von Wina, des neuen jüdischen Monatsmagazins, Kaldori redigiert noch die letzten Text wie einen Artikel über das Jüdischen Museum in Tel Aviv und einen Text über eine israelische Schmuckdesignerin in Wien. Die traditionelle „Gemeinde“, das offizielle Mitteilungsblatt der IKG, gibt es in dieser Form nicht mehr, stattdessen gibt es nun – als direkten Nachfolger – den „Insider“, so der neue Name, und eben als zusätzliche Publikation: Wina.
Die Redaktion ist in den Räumlichkeiten der Gemeinde untergebracht, auch die Anschubfinanzierung für die Gründung des Titels sowie die ersten Ausgaben kommen aus dem Budget. Mittelfristig soll das Magazin aber auf eigenen Beinen stehen und langfristig durch eine ambitionierte Expansion in den gesamten deutschsprachigen Raum Gewinne und steigende Auflagen verbuchen, sagt und hofft IKGChef Ariel Muzicant.
Der Job der Chefredakteurin war in eine der letzten Ausgabe der Gemeinde ausgeschrieben gewesen, die 38-Jährige Kaldori arbeitete zu dieser Zeit gerade bei der Edition Atelier, dem kleinen Buchverlag der „Wiener Zeitung“, davor war sie beim Mandelbaum Verlag an Bord gewesen. Sie bewarb sich mit einem eigenen Konzept für ein neues jüdisches Magazin und wurde schlussendlich für den Job genommen. Ihre Überlegungen flossen in „Wina – das jüdische Stadtmagazin“ ein. (Auf Hebräisch heißt Wien Wina.) Unterteilt ist das Magazin, das dank großzügig eingesetzter Fotos, jung und lifestylig daherkommt, in die Ressorts Politik, Stadtleben und Kultur.
Die erste Ausgabe coverte die aufständische Jugend Israels und ihren Protest, am Coverbild war eine junge Frau mit kleinem Tattoo und Tanktop, sie unterhält sich mit einem Moped-Fahrer und kaut auf den Bügeln ihrer Sonnenbrille. Dabei streckt sie ein wenig die Zunge heraus und könnte den einen oder anderen orthodoxen beziehungsweise konservativen Leser möglicherweise erschreckt bis schockiert haben. „Ich hatte mit mehr Aufregung gerechnet, eine einzige Leserin hat sich beschwert, dass das Foto sexistisch gewesen sei.“ Ansonsten ist es ruhig geblieben, die Ausrichtung auf ein jüngeres, Lifestyle- affines Publikum sei Programm, sagt Kaldori im Gespräch mit NU. „Natürlich sprechen wir damit nicht die Orthodoxen an“, räumt sie ein. Generell sieht sie Wina auch als Zeichen eines jüdischen Aufbruchs in Wien und anderen deutschsprachigen Städten. Die Konzentration auf Themen aus dem Stadtleben hält sie für logisch, weil genau das für die jungen Mitglieder der Gemeinde interessant sei. Es gäbe viele Themen, die von den klassischen Zeitungen noch nicht aufbereitet worden seien, und Geschichten, die noch nicht geschrieben wurden. Dass es natürlich auch Artikel über Holocaust-Opfer und –Themen geben wird, steht für Kaldori fest: „Da kommt es auf den Zugang an. Wenn es um interessante Schicksale oder etwa Mahnmale, die auch den öffentlichen Raum prägen, geht, werden wir natürlich darüber berichten“, sagt die Chefredakteurin.
Ob es auch IKG-Politik und etwa kritische Berichte über die Politik Ariel Muzicants beziehungsweise seines Nachfolgers in Wina geben werden? „IKG-Politik findet in Wina nicht statt, dafür gibt es den offiziellen Insider der Gemeinde. Was sollte das in Wina?“, fragt Kaldori. In der kommenden Ausgabe sei nur ein Bericht über die Pressekonferenz von Ariel Muzicant über die Kellernazis in der FPÖ anhand des Beispiels Herbert Kickls, der im Nationalrat kryptisch über Flüchtlinge von „damals“ gesprochen hatte, die es sich leicht gemacht hätten. „Aber das ist auch für die Leserschaft außerhalb der IGK interessant.“