NU erschien im Jahr 2001 nicht wie üblich im März, sondern schon im Februar. Als ob die Ordnungsnummer etwas mit der Heftdicke zu tun hätte, bestand NU Nummer 4 auch nur aus vier Seiten. Dünner geht Zeitung nicht.
Wir scheinen damals echt aufgeregt gewesen zu sein. Am 31. Jänner hatte der Nationalrat ein Entschädigungspaket für Opfer nationalsozialistischer Verfolgung beschlossen. Der Präsident der Kultusgemeinde verweigerte seine Unterschrift auf den Vertrag, obwohl er noch kurz davor bei Gesprächen in Washington das Abkommen paraphiert hatte. NU lud im schmalen Heft 4 zu einer Podiumsdiskussion ein und fand im Übrigen das Verhalten von Ariel Muzicant unangebracht. Er hatte seine Verweigerung damit begründet, dass die Naturalrestitution nicht weit genug ausverhandelt worden wäre und dass darüber hinaus er und der Vorsitzende der Claims Conference Österreich nicht vom Verfassungsausschuss des Nationalrats gehört wurden. NU war jedoch der Meinung, dass es dem Präsidenten weniger um seine Eitelkeit gegangen wäre als vielmehr darum, noch mehr für die Institutionen der Kultusgemeinde herauszuholen.
Ohne Konflikte aus vergangenen Zeiten neu beleben zu wollen, kann man doch aus der Lektüre von NU schließen, welches Interessengemenge zu dieser weit verspäteten Anerkennung von Ansprüchen der Opfer geführt hatte. Der wegen seiner Koalition mit der FPÖ international in die Kritik geratene Bundeskanzler Wolfgang Schüssel konnte sich „kaschern“ und als großer Freund der Juden darstellen. Die Republik musste darüber hinaus keine weiteren Ansprüche von Opfern und ihren Nachkommen mehr befürchten. Die Kultusgemeinde erhielt jüdisches Gemeindeeigentum zurück, so gab es die inzwischen längst erfüllte Zusage, den Hakoah-Sportplatz wieder zu errichten. Und die Proponenten von NU ärgerten sich wie so oft über den Präsidenten, der in der Öffentlichkeit mit seiner Unterschriftsverweigerung wieder einmal ein beschämendes Bild der jüdischen Vertretung gezeichnet hatte.
Auf den weiteren beiden Seiten dann der zweite und letzte Beitrag im NU 4. Karl Pfeifer empfahl die Lektüre des im Böhlau Verlag erschienenen Buchs Betrifft: Österreich – Von Österreich betroffen von Albert Sternfeld. In der Rezension beklagte er unter anderem, dass hierzulande Parteilose zwar keine falschen Rücksichten nehmen bräuchten, aber von jeder Seite verdächtigt würden, der jeweils anderen anzugehören. Das stimmt bis heute, so wie die Lektüre des empfohlenen Buches auch fünfzehn Jahre später zu empfehlen ist.