Kommentar von Martin Engelberg
Im Jahr 2019 hatte ich die Ehre, für die ÖVP das Kapitel Außenpolitik mit den Grünen verhandeln und ein Regierungsprogramm erarbeiten zu dürfen. Quasi bevor wir uns überhaupt hinsetzten, stand ein Punkt schon auf dem Papier: „Österreich wird sich weiterhin für nachhaltige Friedenslösungen im Nahen Osten einsetzen, im Fall des israelisch-palästinensischen Friedensprozesses mit dem Ziel einer Zweistaatenlösung“. Ich las diesen Satz stirnrunzelnd: Einsatz für nachhaltige Friedenslösungen im gesamten Nahen Osten? Diese Formulierungen sind gewissermaßen europäische Folklore, ohne weitere Bedeutung. Mir war die Einbeziehung anderer Punkte viel wichtiger, zum Beispiel, dass Österreich Initiativen und Resolutionen in internationalen Organisationen nicht mehr unterstützen würde, die dem Bekenntnis Österreichs zu Israel zuwiderlaufen würden. Wie wichtig die Einfügung dieses Passus war, zeigte sich insbesondere seit dem 7. Oktober und an der Tatsache, dass Österreich mehrfach mit seinem Abstimmungsverhalten in internationalen Organisationen seine Solidarität mit Israel bewies und damit gehörige internationale Aufmerksamkeit hervorrief.
Zurück zum Thema Zweistaatenlösung: Mir scheint, dass es in Europa noch immer Menschen gibt, die sich vorstellen, Palästinenser und Israelis könnten doch mit ein bisschen gutem Willen friedlich nebeneinander in zwei Staaten leben. Vielleicht wie die Schweiz und Österreich. Nur zu oft werden just Premierminister Netanjahu oder die sogenannten israelischen Siedler als größtes Hindernis für eine friedliche Lösung angesehen. Nach dem 7. Oktober wird die Zweistaatenlösung noch heftiger eingefordert und es wird übersehen, dass man damit den Israel-Feinden indirekt recht gibt. Schließlich behaupteten sie ja, die fürchterlichen Massaker stünden in einem Kontext: dass nämlich die Palästinenser keinen Staat hätten und sie diesen jetzt – sozusagen als Belohnung – zugesprochen bekommen sollten.
Aber wer soll denn die Führung eines solchen Palästinenserstaates übernehmen? Die palästinensische Autonomiebehörde? Sie ist durch und durch korrupt – daran wird auch der neuen Premierminister nicht viel ändern (können). Hat sich diese von der mörderischen Hamas distanziert, die weiterhin die Vernichtung des Staates Israel und die Ermordung aller Juden in der Welt zum Ziel hat? Mitnichten! Wurde die Zahlung von Prämien und Renten an palästinensische Terroristen bzw. deren Familien, die Anschläge auf israelische Zivilisten verüben, das sogenannte „Pay for Slay“ (Zahlen für Morden) Programm, von der palästinensischen Führung eingestellt? Oder wurden die palästinensischen Schulbücher, mit denen eine Generation nach der anderen mit Hass gegen Israel vergiftet werden, bereits geändert? Nichts davon ist geschehen. Ist die Auflösung der UNWRA bereits in Angriff genommen? Schließlich waren Mitarbeiter in die Hamas-Verbrechen direkt involviert und ist diese UN-Organisation Teil des Problems und nicht der Lösung, wie es sogar der schweizerische Außenminister einmal mutig aussprach. Keine Rede davon – vielmehr wurden die beträchtlichen Zahlungen des Westens an die UNWRA mehr oder weniger stillschweigend wieder aufgenommen. Sollen in den palästinensischen Gebieten demokratische Wahlen stattfinden? Dann würden diese jetzt die Hamas gewinnen und wie in Gaza im Jahr 2006 die Macht übernehmen.
Die Anerkennung eines nicht existierenden Staates Palästina durch einige europäische Länder bringt eine Lösung um keinen Deut näher. Niemals kann eine israelische Regierung, egal welcher Couleur, akzeptieren, dass ein souveränes staatliches palästinensisches Gebilde in unmittelbarer Nähe der israelischen Bevölkerungszentren geschaffen würde mit der Gefahr, dass dort wieder eine radikale Gruppe an die Macht kommt, wie die Hamas. Wer Israel kennt, weiß wie nahe das Westjordanland an den Großraum Tel Aviv grenzt. Solange also die oben genannten Probleme in der palästinensischen Führung nicht gelöst, ja nicht einmal angegangen werden, braucht man über die Zweistaatenlösung nicht nachdenken. Davor werden ein radikales Umdenken über den Konflikt sowie viele Jahre gemeinsamer Aufbauarbeit – zwischen Israel, den mit Israel Frieden suchenden arabischen Staaten, den USA und am Rande auch Europa – notwendig sein.