Warum wir wurden und wie wir waren
VON PETER MENASSE
Weil wir im Juni 2001 keine Zeitung herausgegeben hatten, muss das Heft aus dem September zum zweiten Mal herhalten. Hier also die versprochene Fortsetzung:
Die Zeitung war sehr von Familie Menasse dominiert. Das wunderbare Gespräch von Helene Maimann mit Robert Schindel und Robert Menasse wurde schon erwähnt. Dazu gab es ein Interview mit Eva Menasse, die im Jahr 2000 den Prozess gegen den Holocaust-Leugner David Irving in London mitverfolgt und darüber im selben Jahr ein Buch vorgelegt hatte. Sie erzählt über einen Besuch im Hause Irving, bei dem ihr die „entzückende kleine Tochter“ Disney-Hefte gezeigt hat und Tee serviert wurde. Als Gegenprogramm sah sie im Vorzimmer ganze Stapel von Büchern, auf denen Goebbels abgebildet war. Interessant auch ihre Analyse der unterschiedlichen Rechtssysteme, im Speziellen des britischen Rechts, das einen solchen Prozess überhaupt erst möglich gemacht hatte. Irving selbst hatte auf Verleumdung geklagt, weil er so öffentlich den Holocaust als nie stattgefunden darstellen wollte. Dem Mann wurde auch in London nicht recht gegeben.
Aus Anlass einer Ausstellung im Jüdischen Museum Wien zum „Kladovo-Transport“ schrieb Peter Menasse einen Brief an seinen Großvater Jakob, den er niemals kennengelernt hat, weil er von den Nazis in Serbien ermordet wurde, nachdem dieser Schiffstransport, der über die Donau zum Schwarzen Meer und weiter ins Gelobte Land führen sollte, hängengeblieben war.
Erwin Javor erzählte über Schikanen beim Eintritt in das Gebäude in der Seitenstettengasse und dann auch über die 175-Jahr-Feier des Stadttempels, die im Gegensatz dazu perfekt organisiert war. Wir können aus dem historischen Dokument NU 5 so auch gleich lernen, dass der Stadttempel heuer 190 Jahre alt ist. „Bis 120“ kann man bei Tempeln also nicht sagen.
Vor wenigen Wochen, Ende Juni 2016, erstach ein Palästinenser ein 13-jähriges jüdisches Mädchen in ihrem Bett. Vor 15 Jahren veröffentlichten wir eine Rede von Nurit Peled-Elhanan, der Mutter eines im September 1997 getöteten Mädchens – auch sie war gerade 13 geworden. Alles ist wie damals, als die letzten Worte in diesem Brief hießen „Rettet unsere Kinder“. Nachlesenswert!
Schließlich reflektierte Martin Engelberg über das Leben von Juden in Österreich und stellte die These auf, dass der ständige Bezug auf die Schoa und den herrschenden Antisemitismus oftmals die Auseinandersetzung von Juden mit ihren eigenen Anliegen verhindere. Er leitete damit eine Diskussion ein, der wir im Heft Nummer 6 großen Platz gaben. Dazu mehr in unserer Chanukka-Ausgabe.