Die Annäherung zwischen Israel und Serbien markiert nicht nur eine neue Phase in den bilateralen Beziehungen, sondern auch eine tiefere Dimension historischer Verbindungen, die bis in die Zeit Jugoslawiens zurückreichen.
Von Nathan Spasić
Der Besuch des israelischen Präsidenten Isaac Herzog im September 2024 in Belgrad betonte diesen Wandel. Bei einem historischen Treffen mit Präsident Aleksandar Vučić wurden die Weichen für ein Freihandelsabkommen gestellt, das Serbien als Brücke für israelische Investitionen und Technologien in Europa positionieren soll. Serbien unterhält Handelsabkommen mit der EU, Russland und der Türkei, die israelischen Unternehmen einen erweiterten Zugang zu diesen Märkten verschaffen könnten.
Nach Israels Gründung 1948 war Jugoslawien unter den ersten Ländern weltweit, das zweite in Europa, das den neuen Staat anerkannte und diplomatische Beziehungen aufnahm. Aufgrund seiner Position als blockfreier Staat pflegte Jugoslawien Beziehungen sowohl zu Israel als auch zu arabischen Ländern und versuchte eine Vermittlerrolle im Nahostkonflikt einzunehmen. Anders als viele Ostblockstaaten brach Jugoslawien die Beziehungen zu Israel nach dem Sechstagekrieg 1967 trotz Spannungen nicht ab. Mit dem Zerfall Jugoslawiens in den 1990er Jahren und der neuen geopolitischen Realität auf dem Balkan mussten sich auch Israel und Serbien (als Teil der Bundesrepublik Jugoslawien – Serbien und Montenegro) neu orientieren. Die diplomatischen Beziehungen zwischen den Staaten wurden am 31. Januar 1992 aufgenommen, während Serbien mit internationaler Isolation und Sanktionen zu kämpfen hatte. Während der NATO-Bombardierung Belgrads 1999 zeigte sich Israel zurückhaltend.
Wirtschaft vor Differenzen: ein pragmatischer Kurs im Kosovo-Konflikt
Ein komplexer Punkt in den israelisch-serbischen Beziehungen ist die Haltung zum Kosovo. Israel erkannte den Kosovo erst 2020 offiziell an, im Zuge des von den USA vermittelten Washingtoner-Abkommens. Inzwischen scheinen beide Länder dieses Thema pragmatisch anzugehen, um ihre bilateralen Interessen voranzubringen. Vučić zeigte sich bestrebt, Differenzen in der Kosovo-Frage zu umgehen, er betonte während des Treffens mit Herzog die wirtschaftliche und technologische Zusammenarbeit als übergeordnetes Ziel. Zahlreiche israelische Unternehmen wie Teva und Africa Israel Investments sind heute auf dem serbischen Markt tätig, besonders im Gesundheits- und Immobiliensektor. Das geplante Freihandelsabkommen sowie die Förderung israelischer Investitionen durch Belgrad sollen insbesondere den serbischen IT-Sektor stärken. In den Bereichen Cybersicherheit und Agrartechnologie, in denen Israel weltweit führend ist, bieten sich attraktive Chancen. Die Zusammenarbeit wurde kürzlich durch bilaterale Abkommen zwischen den Handelskammern beider Länder gefestigt.
Serbiens Unterstützung für das jüdische Erbe
Die jüdische Gemeinschaft in Serbien war über Jahrhunderte ein fester Bestandteil des kulturellen Lebens, bevor sie im Holocaust nahezu ausgelöscht wurde. Viele Serben leisteten während der Besatzung Widerstand und retteten jüdische Leben. Heute unterstützt die serbische Regierung die jüdische Gemeinschaft jährlich mit mehr als einer Million Dollar für den Erhalt von Synagogen, Friedhöfen und Kulturgütern und sieht sich als deren verantwortungsvoller Hüter. Serbien nahm 2020 die Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) an, was Israel als starkes Zeichen der Solidarität und Anerkennung des gemeinsamen Erbes begrüßte.
Sicherheitsallianz mit Signalwirkung: Waffenhandel und Anti-Terror-Kooperation
Neben der wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit ist die sicherheitspolitische Kooperation ein wichtiger Aspekt der heutigen israelisch-serbischen Beziehungen. Serbien exportierte 2024 Waffen im Wert von mehr als 23 Millionen Euro nach Israel, und serbische Sicherheitskräfte profitieren von israelischen Schulungen in Anti-Terror-Techniken, die die Verteidigungsfähigkeiten Serbiens stärken und die Stabilität auf dem Balkan fördern. Diese militärische Zusammenarbeit unterstreicht die strategische Bedeutung der Partnerschaft in einem zunehmend instabilen geopolitischen Umfeld.
In einer Welt, in der Allianzen oft von Unsicherheit geprägt sind, könnte die israelisch-serbische Partnerschaft als Modell für künftige Beziehungen dienen, die auf pragmatischer Diplomatie und wirtschaftlicher Kooperation basieren.