Mit großer Trauer nehmen wir Abschied von Topsy Küppers, einer außergewöhnlichen Schauspielerin, Sängerin, Intendantin und Kämpferin für Erinnerung. Seit vielen Jahren durfte ich mit der wunderbaren Künstlerin bekannt sein und sie mehrmals porträtieren, zuletzt 2021. Für diese wertvollen und innigen Begegnungen bin ich dankbar, vor allem auch für die positive Energie und den Humor, den Topsy ausgestrahlt hat. Wir haben viel miteinander gelacht. Als wir über ihr Buch „Nix wie Zores“ sprachen, fragte ich sie, wie sie Zores (=Kummer) am besten erklären würde. Ihre Antwort: „Zores bedeutet: ‚Je suis in der Rue de la Kack‘.“
Topsy Küppers hatte eine beeindruckende Bibliothek, denn Lesen war von Kindheit an ihre Leidenschaft. Die Zeit des Nationalsozialismus verbrachte sie mit ihrer Mutter und Großmutter in Holland in einem Keller vor den Nazis versteckt. Darauf folgte eine Zeit in einem DP (Displaced Persons)-Lager. Bücher waren ihre einzige Abwechslung, Schauspiel, Gesang und Tanzen von jeher ein Traum für das Mädchen aus Aachen, einem geschichtsträchtigen Ort: „Meine Mutter hat mir oft das Haus von Anne Franks Mutter gezeigt.“ Bei einem Gastspiel in Wien lernte sie Georg Kreisler kennen. Zwölf Jahre blieben sie privat und künstlerisch ein Paar. Gemeinsam brachten sie das Stück Heute Abend Lola Blau auf die Bühne. Es zeichnet den Weg einer jüdischen Schauspielerin ins Exil nach, sie wird berühmt, verliert ihre Illusionen und kehrt nach dem Krieg nach Wien zurück. In dieser Rolle verband Topsy Küppers Ironie, Schmerz und Zeitkritik. Ihre Lola war nicht nur ein Bühnencharakter, sondern eine künstlerische Stellungnahme – gegen Gleichgültigkeit, für Erinnerung, für Menschlichkeit.
Ihr Lebenswerk wurde jedenfalls die Freie Bühne Wieden: Ein Theater, auf das sie von Bruno Kreisky aufmerksam gemacht wurde und in dem sie vor allem auch die jüdische Kultur in Erinnerung rufen und würdigen wollte. Unzählige Gastspiele von Ensembles aus vielen Ländern folgten. Ein Austausch, der ihr ermöglichte an Theatern in anderen Ländern aufzutreten. Wien war anfangs für sie ein eigenes Terrain: „Ich erinnere mich, als ich das erste Mal in einem Beisl war. Dort stand: ‚Sonntag geschlossen, Montag Ruhetag‘. Ich dachte: Was für eine originelle Stadt! Da begann ich, mich in Wien zu verlieben“. Auch durch ihren Humor strahlte Topsy Küppers bis vor wenigen Monaten blühende Energie und Lebenslust aus. Ihr Theater war eine Bühne des Erinnerns, der Aufklärung und der Mahnung – und sie selbst war dessen Herz und Gewissen. Ich werde mich immer an die vielen unbeschwerten Momente erinnern, die wir gemeinsam verbracht haben, auch wenn die äußeren Umstände ganz anders waren. Mit Topsy konnte man jedenfalls Zeit und Raum vergessen. Dafür bin ich dankbar.