Diesen urwienerischen Ausdruck hat sie hier gelernt, immer wieder verwendet, und wird ihn jetzt mit nach Hause nehmen. Nach fünf intensiven und nicht gerade belanglosen Jahren, verabschiedet sich die stellvertretende israelische Botschafterin Maya Karmely Sommer aus Österreich.
Von Danielle Spera
Bevor sie nach Wien kam, holte sich Maya Karmely Sommer Tipps von Freunden und Kollegen im israelischen Außenamt, um sich auf ihren Posten in Österreich vorzubereiten. Und sie bekam zwei Literatur-Empfehlungen: Stefan Zweigs „Die Welt von gestern“ sowie „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ von Edmund de Waal. Beide Bücher seien die perfekte Einstimmung auf die wichtige jüdische Geschichte Österreichs, die zentralen Familien, aber auch über den Horror des Nationalsozialismus gewesen. „Im `Hasen mit den Bernsteinaugen´ habe ich erkannt, wie sehr sich die jüdischen Familien in die Stadtgeschichte einschreiben wollten und gleichzeitig auch ihre jüdische Herkunft Platz gegriffen hat, wenn z.B. die Familie Ephrussi ihre Deckenfresken im Palais auf der Ringstraße mit Motiven aus dem Judentum gestalten ließ“, so Maya Karmely Sommer. Ihre erste Zeit in Wien bezeichnet sie als eine Schnitzeljagd, vor allem wenn man sich auf die Suche nach den Spuren von Theodor Herzl begibt. „Auf das Wirken von Theodor Herzl gibt es zwar nicht viele Hinweise in der Stadt – wenigstens seit einem Jahr eine Gedenktafel an seinem Wohnhaus -, aber wenn man seine Texte gelesen hat und hier vor Ort ist, kann man dem Mythos Herzl noch besser nachspüren. So wie es Kafkas Prag gibt, kann man hier von Herzls Wien sprechen.“
Ihre Begeisterung für Geschichte, gepaart mit kleinen Dingen, die sie in Wien entdeckte, ließ sie unmittelbar in die österreichisch-jüdische Aura eintauchen. „Das Judentum wird hier oft durch die Tragödien erzählt, die geschehen sind. Wichtiger ist jedoch der Blick auf die bedeutende und gleichzeitig so erfolgreiche österreichisch-jüdische Geschichte in den verschiedensten Bereichen, Kunst, Kultur, Wissenschaft, und vieles andere mehr. Meine Jahre hier waren faszinierend, reich an Erfahrungen, fünf Jahre, die sich wie ein ganzes Leben anfühlen“.
Sie erlebte hier vier verschiedene Bundeskanzler, gleichzeitig fanden in Israel fünfmal Wahlen statt. In ihrer Zeit arbeitete sie mit drei verschiedenen israelischen Botschaftern zusammen. Zwei israelische Staatspräsidenten waren zu Besuch, zwei Außenminister. Gleichzeitig reisten unzählige österreichische Regierungsmitglieder nach Israel. „Ich glaube, das demonstriert wie stark die Beziehungen zwischen Österreich und Israel sind, sie waren noch nie so gut wie jetzt. Auch während der herausfordernden Corona-Zeit. Die strategische Partnerschaft, die Kanzler Nehammer in Israel unterzeichnet hat, bietet unglaubliche Chancen für unsere beiden Länder, in der Bildung, im Jugendaustausch, Kultur, Wirtschaft, High Tech, Innovation und Verteidigung. Für mich als Diplomatin war es besonders erfüllend, ich fühle mich sehr zu Hause“.
Überrascht war sie darüber, wie sehr Österreicher und Israelis sich ähnlich sind: In der Überbrückung von Hürden, im Improvisieren und im Ermöglichen von Dingen auch noch in der letzten Minute. Österreicher und Israelis seien gleichermaßen flexibel und zielorientiert. Eine wichtige Idee konnte sie mit Botschafter Mordechai Rodgold und nun auch mit seinem Nachfolger David Rodgold umsetzen. Den Israel Award, einen Preis, der besondere Freunde Israels auszeichnet: heuer den Rektor des österreichischen Hospizes in Jerusalem Markus Bugnyar und Staatsoperndirektor Bogdan Roščić. „Das Hospiz habe ich übrigens in der Vorbereitung auf meinen Einsatz in Österreich besucht und dort in diesem geschichtsträchtigen Haus, das eine unglaubliche Verbindung der österreichischen Geschichte mit Jerusalem darstellt, meine erste Melange getrunken“. Die Arbeit von Markus Bugnyar, der an einer besonders heiklen Stelle mitten in der Jerusalemer Altstadt lebt, bezeichnet sie als herausragend. Nicht nur habe er in den vergangenen zwanzig Jahren unzählige Gedenkdiener ausgebildet, sondern sich seit dem Massaker noch intensiver eingesetzt, durch den Besuch der zerstörten Kibbutzim und der Einladung von Überlebenden des Massakers in das Hospiz.
Der zweite Preisträger, Staatsoperndirektor Bogdan Roščić, hätte angesichts des Massakers vom 7. Oktober und der Geiselnahme vieler Israelis nicht geschwiegen, sondern Solidarität gezeigt. Auf der Oper wurde in Leuchtschrift „Bring them home“ angebracht, was ihm viel Kritik eingebracht hat. Unbeirrt hat er dann auch „Nie wieder ist jetzt“ anbringen lassen. Maya Karmeli-Sommer: „Das war eine starke Botschaft, mit der er sagen wollte, dass es in diesem Punkt keine Kontroverse geben darf. Wir waren überrascht, dass es Menschen gibt, die damit nicht einverstanden waren, da es um unschuldige Zivilisten geht, die von Terroristen verschleppt wurden und als Geiseln gehalten werden. Wir haben aber auch Menschen ausgezeichnet, die Überlebende des Massakers unterstützt haben. Sie haben sie nach Wien eingeladen und ihnen ein bisschen Ablenkung nach dem Horror des 7. Oktober geboten. Jetzt gehe ich zurück in ein Land, das sich in einem Krieg befindet, der durch das Massaker aufgezwungen wurde. Ich schätze mich glücklich, dass ich hier in Österreich sein durfte, wo am selben Tag aus Solidarität auf dem Bundeskanzleramt und auf dem Außenministerium, dann auf dem Parlament, auf dem Rathaus und in Bundesländern die israelische Fahne gehisst wurde. In der schwersten Zeit des Staates Israel steht Österreich ungebrochen an seiner Seite, das ist ein großartiges Gefühl. Jetzt fahre ich nach Hause. Mein Herz ist in beiden Ländern, in Österreich und Israel. Letztendlich kann ich nur einen berühmten Österreicher zitieren: ´I´ll be back´.“