Rabbiner Lieb Grünfeldn

Rabbiner Leib Grünfeld, 55 Jahre alt, wurde in Wien als Sohn von „Reb Chaim“ Grünfeld geboren und besuchte hier in den 1960er Jahren eine öffentliche Volks- und Hauptschule, ging dann in mehrere Jeschiwes, insbesondere auch in jene des Rabbiners Shmuel Halevi Wosners, einer der führenden rabbinischen Persönlichkeiten unserer Zeit, und heiratete dessen Nichte.
Von Martin Engelberg (Text) und Peter Rigaud (Fotos)

Nach dem Tod seines Vaters wurde Leib Gründfeld zum Rabbiner der Agudas Israel, später Khal Israel genannt, berufen.

Obwohl sein Vater ganz in der ungarisch-chassidischen Tradition lebte, steht Leib Grünfeld eher jenen Strömungen nahe, für die das Leben ausschließlich dazu da ist, die religiöse Lehre zu studieren und in die Tat umzusetzen. Rabbiner Grünfeld versucht jede freie Minute zum Lernen zu nutzen, überlegt sehr genau, wofür er das Lernen überhaupt unterbricht.

So kommt es vor, dass er sogar bei Mitgliedern seiner Bethaus-Gemeinde keine Krankenbesuche macht, wiewohl an und für sich „Bikur Cholim“1 ein Muss für einen religiösen Menschen ist. Die Tatsache, dass er z. B. vor kurzem nicht bereit war ein Begräbnis durchzuführen, obwohl an diesem Tag zufällig kein anderer Rabbiner der Gemeinde in Wien war, wird ihm angekreidet. „Aber so ist er. Entweder man anerkennt und akzeptiert das oder man schickt ihn weg“, sagt dazu einer seiner Anhänger.

So wird sein religiöses Wissen zwar sehr geschätzt und geachtet, er könnte durchaus ein Rosch Jeschiwa2 sein, aber viele seiner Anhänger vermissen die sozialen Seiten und wünschen sich einen Rabbiner, der sich auch um die Probleme ihres täglichen Lebens kümmert und auch innerhalb der jüdischen Gemeinde Aufgaben erfüllt. Diese Funktion hat zunehmend Rabbiner Schwartz übernommen.

1 Bikur Cholim: Besuch von Kranken – wird als wichtige moralische und spirituelle Verpflichtung angesehen, die von allen Juden erfüllt werden soll; geht auf Gottes Besuch von Abraham nach dessen Beschneidung zurück.
2 Rosch Jeschiwa: Leiter einer Jeschiwa

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