Avi Jorisch versammelt in „Du sollst erfinden“ Geschichten von Israelis und ihren Entdeckungen und Erfindungen. Sie erzählen von Forschergeist und Scheitern, von Witz und Abenteuerlust.
Von Gregor Auenhammer
„Sei ein Mensch, verbessere die Welt, gib dein Bestes, gib niemals auf, und lass es dir gut gehen.“ Diese fünf Grundregeln seiner Familie erläutert Avi Jorisch eindrucksvoll in einem Kapitel, in dem er von seinem kleinen Sohn erzählt. Diese Regeln des Zusammenlebens nennt Jorisch als Antrieb für sich und viele seiner Landsleute. Den hebräischen Begriff der „Zedaka“ kann man mit Wohltätigkeit übersetzen, tatsächlich bedeutet er Gerechtigkeit. In seinem Buch Du sollst erfinden stellt der Autor, Unternehmer, Nahostexperte und Historiker Jorisch verschiedene Menschen vor, die maßgeblich an der Entwicklung von 15 entscheidenden, positiven Innovationen beteiligt waren. Er selbst, so schreibt er, stammt aus einer Familie von Holocaust-Überlebenden, wuchs vor allem in New York auf, verbrachte aber infolge der kulturellen, historischen und religiösen Bindungen seiner Familie immer wieder längere Zeit in Israel. „Obwohl Israels Fehler und Schattenseiten mir stets bewusst waren“, so Jorisch, „haben mich das unglaubliche Potenzial und die ungeheuren Leistungen des Landes stets beeindruckt.“
Von David Ben Gurion stammt die viel zitierte Bemerkung „Wer in Israel nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“ Jorisch, der auf der ganzen Welt Vorträge gehalten und Artikel veröffentlicht hat (u.a. in der New York Times und dem Wall Street Journal), spinnt diesen Gedanken weiter: „Israel ist der Beweis, dass Wunder wirklich geschehen, der jüdische Staat hat die Kinder Israels aus allen Ecken der Erde wieder zusammengeführt und ein sehr altes Versprechen eingelöst. Der Staat mag noch jung sein, das Land aber hat aber eine lange Geschichte. Israel verbindet neuzeitliche liberale und demokratische Werte mit jenen der Heiligen Schrift.“
Witz und Chuzpe
Was haben Exoskelett und Solarzellen gemeinsam? Sie wurden ebenso wie Cocktailtomaten, Firewall oder die Vorläufer des USB-Sticks in den letzten Jahren von Israelis erfunden. Viele Geschichten dieser Entdeckungen, die Jorisch in seinem Buch aufzählt, lesen sich wie Abenteuerromane: Sie erzählen von Forschergeist, vom Scheitern und Wiederaufstehen, von Witz und Chuzpe, von klugen Förderern und Menschen, die unbeirrt an ihre Visionen glaubten. Sie zeigen aber auch, wie die Innovatoren diverse Probleme erkannt und diese oft erst durch Quer- oder Übers-Eck-Denken lösen konnten, wie sie sich mit Kollegen aus Wissenschaft, Forschung oder Wirtschaft vernetzt haben, um ihre Ideen umsetzen zu können. Ob es ein Spezialendoskop für Gehirnoperationen ist, ein lebensrettender Wundschnellverband, das Raketenschutzschild Iron-Dome, solare Heißwassersysteme und Sonnenkollektoren, die Kamerakapsel PillCam oder ein Gerät für roboterunterstütze Wirbelsäulenoperationen: Alle diese Erfindungen helfen, das Leben der Menschen zu verbessern. Jorisch listet mehr als fünfzig bahnbrechende Erfindungen auf – vom intelligenten Krankenhausbett bis zum „Grain Cocoon“, das Getreide vor Ungeziefer schützt, von umweltfreundlichen Fischzuchtanlagen über unknackbare Türen und Schlösser bis zur modernen Tröpfchenbewässerung.
„Wie meine Eltern es einst mit mir taten, fahre ich mit meinen Kindern regelmäßig nach Israel“, resümiert er. „Dort beobachte ich, wie sie sich in der komplizierten Realität des Landes zurechtfinden. Sie sind es, die das nächste Kapitel dieser Geschichte schreiben werden – gemeinsam mit allen Menschen, die das Leben über den Tod, die Freiheit über die Tyrannei und den Wohlstand über den Krieg stellen. Sie sind es, die mir Hoffnung geben.“
Avi Jorisch
Du sollst erfinden. Wie israelischer Einfallsreichtum hilft, die Welt besser zu machen
Deutsch von Lars Fischer
edition mena-watch, 2021
294 S., EUR 19,90,–