Kommunikation ohne Grenzen

Der Unterschied zwischen „Haaretz“ und „Jerusalem Post“ (re.) ist nicht immer leicht zu erkennen: Großflächige Anzeige der Regierung Netanjahu 2010, die Bautätigkeit im Westjordanland „mit voller Kraft“ wiederaufzunehmen. ©JIM HOLLANDER/EPA/picturedesk.com

Von Nathan Spasić

 In einer Welt, in der Information eine mächtige Währung ist, haben mehrsprachige Medien in Israel eine Schlüsselrolle übernommen, um nicht nur die lokale Bevölkerung, sondern auch ein internationales Publikum zu erreichen. Diese Medien dienen als Brückenbauer zwischen Israel und der Welt und ermöglichen es, eine Vielzahl von Perspektiven auf israelische Themen und Entwicklungen zu vermitteln.

The Times of Israel wurde 2012 von dem renommierten Journalisten David Horowitz gegründet und hat sich schnell als einflussreiche englischsprachige Online-Zeitung etabliert. Die Plattform erreicht monatlich 10 Millionen Nutzerinnen und Nutzer und bietet als seriöse Quelle umfassende Nachrichten, Meinungen und Blogs zu Israel, dem Nahen Osten und der jüdischen Welt. Das Medium verfügt über einen offenen Blogbereich, wo Leserinnen und Leser eigene Beiträge veröffentlichen können, wodurch eine Vielfalt an Meinungen gefördert wird.

Die 1932 gegründete Jerusalem Post, bekannt als JPost, ist die bekannteste und meistgelesene israelische Nachrichten-Website. Politisch wird die JPost als mitte-rechts angesehen, bemüht sich jedoch um eine ausgewogene Berichterstattung aus dem gesamten politischen Spektrum. Die Journalisten Lahav Harkov und Gil Hoffman sind bekannt für ihre Analysen der komplexen Vorgänge in der Knesset und der oft angespannten israelischen Innenpolitik. Die Blattlinie befürwortet eine Trennung von Religion und Staat in Israel, setzt sich zudem gegen Korruption ein. Heute erreicht die Zeitung täglich etwa 15.000 Leserinnen und Leser, wobei die englischsprachige Ausgabe besonders bei US-amerikanischen Jüdinnen und Juden beliebt ist.​ Von 1975 bis 1989 fungierte der gebürtige Wiener Ari Rath, der im November 1938 nach Palästina flüchten konnte, als Chefradakteur und Herausgeber.   

Traditionelle Konkurrenz

Haaretz wurde 1918 gegründet und hat sich als eine der wichtigsten und einflussreichsten Zeitungen Israels etabliert. Sie wird oft als Israels Pendant zur New York Times angesehen, obwohl es im Vergleich zu seinen hebräischsprachigen Konkurrenten eine sehr geringe Auflage hat. Die traditionsreiche Zeitung bietet auch eine englischsprachige Online-Ausgabe, die oft Anklang bei ausländischen Journalisten und Diplomaten sowie bei Kritikern Israels findet. Haaretz ist bekannt für seine teils sehr umstrittene Berichterstattung, bietet auch Raum für extreme Meinungen, wie den Kolumnen von Gideon Levy, dem eine Nähe zur BDS-Kampagne vorgeworfen wird.

Die neueste Ergänzung der israelischen Medienlandschaft, i24NEWS, wurde 2013 gegründet und wendet sich explizit an ein internationales Publikum. Rund um die Uhr wird nicht auf Hebräisch, sondern in Englisch, Französisch und Arabisch berichtet. Besitzer des Senders ist der französisch-israelische Millionär Patrick Drahi. i24NEWS wurde ins Leben gerufen, um ein ausgewogeneres Bild Israels zu vermitteln und berichtet zu tagesaktuellen Themen. Der Sender erreicht Zuschauerinnen und Zuschauer in mehr als 100 Ländern, zudem 500.000 Abonnenten auf YouTube.

Der russischsprachige Kanal 9, gegründet 2002, bietet ein breites Spektrum an Sendungen, darunter Nachrichten, Analysen, Talkshows und Unterhaltungsprogramme. Der Sender wird in Israel, aber auch international ausgestrahlt, unter anderem in den USA, Kanada und Australien. Seit seiner Gründung hat der Kanal seine Präsenz durch Online-Streaming und Partnerschaften ausgebaut und wird als wichtige Informationsquelle für die russischsprachige Diaspora angesehen. Kanal 9 erreicht über seinen Satelliten- und Kabelservice fast eine Million Menschen.

Wer in Israel war, hat bestimmt schon einmal die rot uniformierten Angestellten von Israel Hayom gesehen, die Pendlern an Verkehrsknotenpunkten während der morgendlichen Hauptverkehrszeit Exemplare aushändigen. Die hebräische Printausgabe ist aufgrund der Tatsache, dass sie kostenlos verteilt wird, die Zeitung mit der größten Auflage im Land. Israel Hayom ist auch unter dem Spitznamen „Bibiton“ bekannt – eine Mischung aus Benjamin Netanjahus eigenem Spitznamen und dem hebräischen Wort für Zeitung. Kaum überraschend, denn die Zeitung wurde von Netanjahus Förderer und Hauptinvestor von Israel Hayom, Sheldon Adelson, ins Leben gerufen, um ein Gegengewicht zur als linksgerichtet empfundenen Medienlandschaft in Israel zu schaffen. Die englischsprachige Website bietet eine Zusammenfassung der wichtigsten Themen des Tages.

Sensationsjournalismus

Ynetnews ist die englischsprachige Website von Ynet, dem Online-Outlet der hebräischen Tageszeitung Yedioth Ahronoth. Sie wurde im Februar 2005 in Tel Aviv gegründet und bietet Nachrichten aus Israel, der jüdischen Welt und dem Nahen Osten. Die Inhalte basieren auf Berichten und Artikeln von Ynet und Yedioth Ahronoth, ergänzt durch eigene Inhalte und Analysen. Ynetnews richtet sich hauptsächlich an amerikanische Jüdinnen und Juden und bietet Beiträge renommierter Kommentatoren wie Nahum Barnea und Ron Ben-Yishai. Besonders interessant sind die Kolumnen von Ben Dror Yemini, der häufig über Israels Öffentlichkeitsarbeit schreibt und einige der über den jüdischen Staat verbreiteten Unwahrheiten entlarvt.

Mehrsprachige israelische Medien sind nicht nur Informationsquellen, sondern auch wichtige Werkzeuge der öffentlichen Diplomatie. Sie helfen dabei, die israelische Perspektive in die internationale Diskussion einzubringen. „Wenn man ein beliebiges Medium konsumiert, erfährt man beispielsweise, dass Israel Gaza bombardiert. Wir beginnen die Geschichte damit, dass Hamas Raketen auf Israel abfeuert. Unsere Schlagzeile ist, dass Israel angegriffen wird und darauf in Gaza reagiert“​, so Frank Melloul, Geschäftsführer von i24NEWS, der sich bemüht, ein vollständiges Bild zu zeichnen.

Ein weiteres Problem ist der Wettbewerb um Aufmerksamkeit in einer übersättigten Medienlandschaft. Mit der zunehmenden Verbreitung von Fake News und Sensationsjournalismus versuchen seriöse Nachrichtenquellen ihre Glaubwürdigkeit zu bewahren und zugleich ihre Leserschaft zu halten. Die Digitalisierung hat die Art und Weise, wie Nachrichten konsumiert werden, grundlegend verändert. Viele israelische Medien haben erfolgreich digitale Plattformen integriert, um ihre Reichweite zu erhöhen. Ynetnews und The Times of Israel sind dabei besonders erfolgreich. Aber auch Chat-Dienste wie etwa Telegram werden gerade in Krisenzeiten zu einem wichtigen Player. So folgen rund 120.000 Nutzer dem Telegram-Konto von Kanal 9. Auch die israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) haben einen eigenen Kanal, in dem sie knapp 125.000 Nutzern Echtzeit-Updates und exklusive Inhalte bieten.

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