Das „Jüdische Museum der Schweiz“ ist in Basel daheim, und das hat mehr als einen guten Grund. 1897 fand der erste, 1946 der 22. Zionistenkongress in Basel statt. Auf diesem hat sich die Vision von Theodor Herzl erfüllt.
Von Fritz Neumann
Gar nicht so viele Leute wissen, welch große Rolle der Schweizer Stadt Basel in der Geschichte des Zionismus zugekommen ist. Insgesamt zehn Zionistenkongresse hat Basel beherbergt, darunter den ersten, der Ende August 1897 stattfand. Theodor Herzl hatte den Kongress ins Baseler Stadt- Casino verlegt, nachdem sich die „Protest-Rabbiner“ Deutschlands gegen München als Veranstaltungsort gewandt hatten. Die Erinnerung aufrecht zu erhalten an diesen und die anderen neun Kongresse, ist klarerweise eine der Kernaufgaben, die das „Jüdische Museum der Schweiz“ erfüllt.
Vorweg, das Museum ist wunderbar und informativ und nett, und es ist klein. Kein Gegensatz. Denn das ist schon gut möglich, dass das Wunderbare mit dem Kleinen in einem engen Zusammenhang steht. Im Widerspruch steht es jedenfalls nicht. Allein die Öffnungszeiten sagen schon sehr viel aus, Montag und Mittwoch jeweils 14 bis 17 Uhr, Sonntag 11 bis 17 Uhr. Man merkt schon, hier steckt eher private Initiative denn professionelle Kalkulation dahinter. Das kleine Team um Anna Rabin kümmert sich denn auch rührend und persönlich um jede Besucherin und jeden Besucher. Der Andrang hält sich meistens in Grenzen, da kann es schon vorkommen, dass man sich eine halbe Stunde lang ganz allein in den drei Museumsräumen aufhält.
Es ist davon auszugehen, dass Juden um 1200 vom Elsass und den Rhein herauf nach Basel zogen. Schon im Hof weisen Grabsteine darauf hin, dass sich in der Schweiz im Mittelalter die erste jüdische Gemeinde in Basel befand. Fein gearbeitete Kultgegenstände und Textilien aus dieser Zeit sind in Vitrinen ausgestellt. Besondere Beachtung verdient ein in Basel gedruckter Talmud aus dem 16. Jahrhundert. Ein eigener Raum ist der „Jüdischen Hochzeit“ gewidmet, mit bunt besticktem Traumhimmel und allem Drum und Dran.
Die Teilnehmer am Kongress 1897 sind auf einem Lichtdruck abgebildet, von Herzl gibt es zusätzlich ein berühmtes Foto, aufgenommen auf der Rheinterrasse des Grand Hotels „Drei Könige“. Auf einer Briefmarke wurde das Bild später insofern verändert, als Herzl nicht mehr auf den Rhein, sondern auf König Davids Turm in Jerusalem Ausblick hält, diese Marke erhielt man als Quittung für Spenden. Herzl führte Anfang September, wenige Tage nach Kongress-Ende, ein großes Wort wohl recht gelassen in seinem Tagebuch aus: „Fasse ich den Baseler Kongress in ein Wort zusammen, das ich mich hüten werde, öffentlich auszusprechen, so ist es dieses: in Basel habe ich den Judenstaat gegründet. Wenn ich das heute laut sagte, würde mir ein universelles Gelächter antworten. Vielleicht in fünf Jahren, jedenfalls in fünfzig wird es jeder einsehen.“
Herzl war von der Stadt und ihren Bewohnern dermaßen angetan, dass er den Kongress zu einer ständigen Baseler Einrichtung machen wollte. Daraus wurde nichts, doch fanden auch der zweite, der dritte, der fünfte und der sechste Kongress in Basel statt, der sechste war der letzte unter Leitung Herzls, der 1904 verstarb. Das Ugandaprojekt wurde in Basel diskutiert und, auf Kongress Nummer sieben, in Basel ad acta gelegt. Weitere Kongresse in Basel folgten, wenn auch nicht mehr so regelmäßig, historisch war vor allem der 22. in der zweiten Dezemberhälfte 1946. Erstmals nach dem Holocaust versammelte sich das jüdische Volk, die Tagung stand im Zeichen der Trauer und des Kampfes um die Öffnung Palästinas. Die Weichen für die Gründung des Staates Israel wurden gestellt, und Herzls Vision war verwirklicht.
Um dieser Geschichte und den damit verbundenen Geschichten wirklich gebührend Rechnung tragen zu können, ist das Museum in der Baseler Kornhausgasse, wie gesagt, wohl nicht groß genug. So bekommen Besucher gleich beim Eintritt ein paar Merkblätter in die Hand gedrückt, auf denen sich das Wichtigste nachlesen lässt. Später, nach dem Rundgang und der erwünschten Eintragung ins Gästebuch, führt kaum ein Weg am Kauf des informativen Büchleins „Juden in Basel und Umgebung“ vorbei.
Was die Öffnungszeiten betrifft — auf Anfrage werden auch Führungen außerhalb dieser Zeiten angeboten, Führungen durch die Sammlung oder auch zu speziellen Themen und durch die Synagoge. Zwei Beispiele solcher Themen im Dezember 2007: „Schwerpunkt Chanukka“ und „Europäische Wege der Jüdischen Kultur“.
Neben der permanenten wird immer wieder eine zusätzliche Ausstellung geboten, derzeit und bis Ende 2008 begibt man sich auf die „Spuren der jüdischen Landgemeinden im Aargau“. Zuvor hat man unter anderem die Schau „Anne Frank und Basel“ gezeigt, „Eine Familiengeschichte über Grenzen“. Über die enge Verbindung der Familie Frank und Basel lässt sich nun immerhin noch lesen. Und wieder einmal ist man überrascht von Basel und seinem kleinen, großen Museum.
JÜDISCHES MUSEUM
Basel
Jüdisches Museum Schweiz
Kornhausgasse 8, CH-4051 Basel
Telefon: + 41/61/261 95 14
www.juedisches-museum.ch
museum-judaistik@unibas.ch
Öffnungszeiten: Montag und Mittwoch 14—17, Sonntag 11—17 Uhr