Israel und die USA:
Keine Änderungen – vorerst jedenfalls

Wann Joe Biden als US-Präsident am Flughafen Ben Gurion landen wird, steht noch nicht fest. Im März 2010 besuchte er mit seiner Frau Jill Biden Israel als Vizepräsident, beim nächsten Mal wird ein neues Kapitel der US-israelischen Beziehung aufgeschlagen. www.picturedesk.com/REUTERS/Ronen Zvulun

Kommentar von Martin Engelberg

Joe Biden hat bisher keinerlei Anstalten gemacht, auf die – teils sehr heftig kritisierten – Entscheidungen seines Vorgängers zurückzukommen. Weder machte er die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem rückgängig, noch stellte er die vor zwei Jahren durch die USA erfolgte Anerkennung der israelischen Annexion der syrischen Golanhöhen in Frage. Selbst zur Frage, ob die israelische Siedlungstätigkeit im Westjordanland als völkerrechtswidrig und als Hindernis für einen Friedensprozess anzusehen sei, hat sich der neue US-Präsident (noch) nicht geäußert. Einzig und allein die Wiederaufnahme der finanziellen Beiträge an die UNRWA, die umstrittene Hilfsorganisation für die Palästinenser, ist aufgefallen.

Die neue US-Regierung ließ von Anfang an das Thema Naher Osten fast demonstrativ beiseite. Es wurde nicht einmal ein Sondergesandter für die Region ernannt, so wie es bisher üblich war. In der aufgeflammten Gazakrise hielt sich Joe Biden sehr zurück. Erst nach einiger Zeit telefonierte er mehrmals mit Premierminister Benjamin Netanjahu. Es schien fast wie eine Pflichtübung gegenüber den lautstarken und palästinenserfreundlichen Linken in seiner Partei. Gleichzeitig blockierten die USA jede Initiative im UN-Sicherheitsrat, die einen anderen Zugang hatte, als von Joe Biden mehrfach geäußert: Die Hamas habe Israel, und zwar ganz gezielt die israelische Zivilbevölkerung, mit Raketen angegriffen, und Israel habe jedes Recht, seine Bevölkerung zu beschützen.

Schließlich hat Biden hautnah miterlebt, wie US-Präsident Obama, dem er als Vizepräsident diente, brutal scheiterte. Vor allem der damalige Außenminister John Kerry investierte ein gewaltiges Maß an Zeit und Energie für Gespräche, pendelte monatelang zwischen den Konfliktparteien hin und her und erreichte schlussendlich – gar nichts. Es wird wohl tatsächlich die letzte der „klassischen“ Friedensinitiativen gewesen sein. Diese gingen immer von einer umfassenden Lösung des Palästinenserproblems aus und darüber hinaus auch von der Annahme, dass ohne ein solches Ergebnis eine Befriedung des Nahen Ostens nicht möglich wäre.

Donald Trump und sein Schwiegersohn, Jared Kushner, gingen bereits andere Wege. Scheinbar hat Biden, bei allen sonstigen – teils fundamentalen – Unterschieden, gerade in dieser Sache erkannt, dass diese Wege in die richtige Richtung führen. Es gilt, die Achse zwischen den USA, Israel und den sunnitisch-arabischen Staaten weiter aufzubauen und zu stärken. Das ist die fundamental wichtige Allianz der Zukunft, als Partner für die USA und als Gegengewicht zu den anderen regionalen – sehr gefährlichen – Playern, dem Iran und auch der Türkei. Natürlich wird die Situation der Palästinenser nicht völlig unberücksichtigt bleiben. Aber das Narrativ, das Palästinenserproblem sei die Ursache aller Konflikte im Nahen Osten, klingt heute schon fast lächerlich vorgestrig. Nicht einmal mehr die Annahme, es gäbe ohne eine Lösung des Palästinenserproblems keinen Frieden im Nahen Osten, ist mehr übrig.

So bleibt in den USA die kleine, aber sehr laut vernehmbare Gruppe der Linken in der Demokratischen Partei, welche an den tradierten Narrativen festhält und versucht, die Israel-Politik der neuen Administration in ihre Richtung zu beeinflussen. In Europa sind es andererseits noch immer einige politische Schwergewichte, wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell oder der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn, die eine extrem einseitige israelkritische Haltung beibehalten. Aber auch in der EU mehren sich die Staaten, die Israel als Freund, strategischen Partner und Teil der westlichen Allianz ansehen und bei einseitigen Verurteilungen Israels nicht mehr mitgehen wollen.

Erfreulicherweise zählt in der Zwischenzeit auch Österreich zu diesen Staaten. Daher ist zu hoffen, dass es auch – trotz der Gazakrise und dem Aufflammen von Unruhen in Jerusalem – zu einer weiteren positiven Entwicklung im Nahen Osten kommen wird.

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