Anlässlich der Feier zum israelischen Unabhängigkeitstag hielt die Schwester einer seit über 600 Tagen in Gaza festgehaltenen israelischen Geisel im Palais Liechtenstein vor Bundeskanzler Stocker, Altbundeskanzler Nehammer und hunderten Ehrengästen eine Rede, die unter die Haut ging.
Rede von ye’ela david
Sehr geehrter Bundeskanzler Christian Stocker, sehr geehrte Ministerinnen und Minister, Exzellenzen, meine Damen und Herren!
Mein Name ist Ye´ela David. Ich bin 20 Jahre alt, und ich sollte heute nicht hier stehen. Ich sollte zu Hause sein, in Israel, mich auf die Universität vorbereiten und später heute Abend mit meinen Freunden ausgehen. Doch seit 600 Tagen ist das nicht mehr meine Realität. Es ist nicht die Realität meiner Familie; Es ist nicht die Realität aller unserer Familien.Denn seit dem 7. Oktober wurde unsere Welt auf den Kopf gestellt. Statt zu studieren, zu feiern und das Leben einer durchschnittlichen 20-Jährigen zu führen, reise ich um die Welt, um mich in Konferenzsälen, in Besprechungsräumen wiederzufinden und gelegentlich in so prächtigen Sälen wie diesem, flehend, bettelnd und kämpfend um das Leben meines Bruders…
Warum? Ich bin die Schwester von Evyatar David. Mein lieber Bruder Evyatar wird in den Tunneln von Gaza festgehalten – von einer brutalen Terrororganisation.Während wir heute hier sind – in diesem Moment – wird er in einem Tunnel festgehalten, einen Meter breit und zwölf Meter lang, ohne frische Luft, ohne frisches Wasser, ohne natürliches Licht und fast keinem Essen.
Evyatar ist Menschen ausgeliefert, die keinen Respekt vor menschlichem Anstand haben, keine Achtung vor menschlichem Leben.
Evyatar wird mit seinem besten Freund festgehalten, Guy Gilboa-Dalal, dessen Familie heute hier mit uns ist. Gemeinsam stecken sie in diesem Höllenloch fest.
Sie müssen frei sein. Jetzt! Aber während ich die Welt bereise und sehe, was um uns herum passiert, möchte ich verrückt werden. Denn wenn es normal ist, dass man Menschen ermorden, vergewaltigen und entführen kann und die Entführten in Verhandlungen wie eine politische Ware behandelt – wenn das alles normal sein soll, dann sage ich Ihnen ehrlich: Ich bevorzuge es, verrückt zu werden.
Ich habe heute in den Nachrichten gelesen, dass der neue deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz gesagt hat, er verliere die Geduld mit Israel.Die Geduld verlieren… Was für ein Privileg… Ein Privileg, das wir nicht haben. Wir – die Familien der Geiseln und unsere Liebsten, die in Gaza festgehalten werden, wir verlieren nicht die Geduld. Aber wir verlieren die Hoffnung. Manchmal ist es so schwer zu verstehen: Meinen Bruder zu entführen und zu foltern, ist nicht der Weg zum Frieden im Nahen Osten. Nein. Frieden im Nahen Osten kann nicht auf dem Rücken meines Bruders, Gaya und Gals Bruder oder einer der Geiseln erreicht werden.
Österreich, die österreichische Regierung, hat das von Anfang an verstanden und steht fest auf der Seite der Gerechtigkeit und Vernunft. Und wir danken Ihnen von ganzem Herzen.
Aber den Führern der Hamas und des Islamischen Dschihad und den Mullahs im Iran und all ihren Kollaborateuren im Westen möchte ich aus tiefstem Herzen zurufen:Die Geiseln, unsere Brüder, unsere Schwestern, sollten keine Verhandlungsmasse in Ihrem kranken Spiel sein.
Also, lasst sie gehen! Jetzt! Evyatar, Guy, ihr bedeutet uns die Welt. Wir spüren euch in jeder Faser unseres Körpers. Während wir jetzt hier sind, in diesem prächtigen Palast, befinden sie sich in der Dunkelheit der Gefangenschaft, in den Tunneln von Gaza, in der Hoffnung, dass sie jemand rettet.
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Stocker, Minister, Botschafter, Abgeordnete, meine Damen und Herren. Wir brauchen euch, um mit uns um ihre Befreiung zu kämpfen.
Ich weiß, dass ich meinen Bruder wieder lächeln sehen werde. Ich muss stark bleiben. Bleib auch Du stark, mein lieber Bruder, ich flehe dich an, bleib stark. Danke, dass Sie an unserer Seite stehen.