Mel Brooks Kultmusical „The Producers“ kommt endlich nach Wien. Wird das Wiener Publikum entspannt über die Hitler-Parodie lachen können?
Von Barbara Tóth
Stellen Sie sich vor: Sie sitzen im verdunkelten Musiktheater, plötzlich erhellt ein Scheinwerfer einen groß gewachsenen, blonden Jüngling mit stahlblauen Augen, strengem Scheitel und adretter Uniform, die ihre Verwandtschaft zur Nazi-Kluft erst gar nicht leugnet, und singt mit glockenheller Stimme: „It’s Springtime for Hitler and Germany, Winter for Poland and France …“ Wenn dann auch noch Chordamen mit mit Strasssteinen besetzten Swastikas auf ihren Brüsten auftauchen, fühlen Sie sich endgültig am falschen Ort – oder im richtigen Musical.
Mel Brooks „The Producers“ läuft seit 2001 ausverkauft am Broadway. Es ist eine freche Parodie auf Nazi-Klischees und Hitler-Adoranten. Es spielt mit Vorurteilen gegen Juden und Antisemitismus – und strapaziert die Humorfähigkeit des Publikums bis an die Grenze der politischen Korrektheit.
Wie kann das alles gut gehen? Ganz einfach: Indem Brooks sich ein Musical im Musical ausgedacht hat. Das Musical spielt 1959 in New York: Max Bialystock, ein früher äußerst erfolgreicher jüdischer Broadway-Produzent, hat das Glück verlassen. Eines Tages hat sein ebenfalls jüdischer Buchhalter Leo Bloom eine Idee. Er schlägt Bialystock vor, einen kalkulierten Flop auf die Bühne zu bringen. Das schlechteste aller Musicals soll gleich am Abend der Premiere so verrissen werden, dass keine weitere Aufführung mehr stattfinden – und die Produzenten sich mit den Sponsorengeldern davonmachen können.
Aber: Wie stellt man das geschmackloseste aller Musicals auf die Beine? Indem man einen verrückten deutschen Nazi Franz Liebkind um ein „gesinnungstreues“ Skript bittet und einen alternden, schwulen Designer um das Bühnenbild und die Kostüme. Als Hauptdarstellerin engagieren die beiden die Schwedin Ulla (gesprochen „Uuuuuuuuuula“), die kein Wort Englisch kann. Im Original-Broadway-Cast wird sie von Uma Thurman gespielt. Der Name des programmierten Misserfolgs: „Frühling für Hitler“.
Spätestens an diesem Punkt ahnen die Zuschauer, was passieren wird: Die schwule Hitler-Show wird natürlich ein überraschender Erfolg, das mehrheitlich jüdische New Yorker Publikum amüsiert sich köstlich über die geniale Farce – und die Produzenten sind die Dummen. „Wieso waren wir erfolgreich? Warum haben sie alle gelacht?“, fragen sich Bialystock und Bloom in einer Schlüsselszene? Die Antwort geben sie sich selber: „Weil unser Publikum eben auch über ganz schlimme Sachen lachen kann.“
Ob das Spiel mit dem jüdischen Humor auch in der deutschsprachigen Uraufführung funktioniert? „The Producers“ spielte erfolgreich in mehreren europäischen Hauptstädten, aber noch nicht in Deutschland. Mel Brooks ist überzeugt, dass Wien reif für seine Art des Witzes ist, bei dem das Lachen manchmal auch im Hals stecken bleibt: „Wir hätten wohl keinen besseren Ort als Wien finden können, denn Humor, Musik und Theater sind hier Teil des alltäglichen Lebens.“
„The Producers“ feiert am 30. Juni im Wiener Ronacher Premiere.
Vorstellungen laufen ab 2. Juli. Karten unter der Wiener Nummer 588 85-0 oder im Internet unter www.musicalvienna.at/tickets/Tickets.