KOMMENTAR VON MARTIN ENGELBERG
Allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres war ich an nicht weniger als vier offiziellen österreichischen Delegationsreisen nach Israel beteiligt: Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka, Bundeskanzler Karl Nehammer sowie die Minister Alexander Schallenberg und Margarete Schramböck – sie alle reisten mit zum Teil sehr großer Entourage nach Israel. Das Ausmaß an Freundschaftlichkeit, ja Herzlichkeit, mit dem die österreichischen Delegationen empfangen wurden und das bei den zahlreichen offiziellen Gesprächen herrschte, war überwältigend für mich; noch vor wenigen Jahren hätte ich davon nicht zu träumen gewagt.
Die Basis dafür hat fraglos Sebastian Kurz gelegt und dafür gebührt ihm in aller Form Dank und Anerkennung. Zuerst als Außenminister und dann vor allem als Bundeskanzler hat er in historischen Reden die Schuld Österreichs an der Schoa klar einbekannt und gleichzeitig wichtige Schritte gesetzt, um Österreich als Partner und Freund Israels in der Gegenwart und für die Zukunft zu etablieren: Mit Bekenntnissen zur Sicherheit Israels als Teil der Staatsräson Österreichs, zu Israel als jüdischem und demokratischem Staat sowie zum Existenzrecht Israels, das nicht in Frage gestellt werden darf. Im Regierungsprogramm 2019 haben wir festgeschrieben, dass Österreich zukünftig Initiativen und Resolutionen in internationalen Organisationen nicht unterstützen werde, die den genannten Bekenntnissen zu Israel zuwiderlaufen.
Diese Erklärung wurde in den vergangenen Jahren auch tatsächlich umgesetzt. Österreich hat bei vielen israelfeindlichen Anträge in internationalen Organisationen erstmals dagegen gestimmt, ebenso wie bei gegen Israel gerichteten Initiativen vor dem Internationalen Strafgerichtshof. Als einer der ersten Staaten hat Österreich die notorisch gegen Israel gerichtete Durban-Konferenz der Vereinten Nationen boykottiert – ein Schritt, der, wie ich unmittelbar feststellen konnte, viel Aufmerksamkeit bei anderen Ländern hervorgerufen hat und deren Entscheidung, die Teilnahme ebenfalls abzusagen, stark mitbeeinflusst hat.
An symbolischem Gehalt nicht zu übertreffen war das Hissen der israelischen Fahne auf den Dächern des Bundeskanzleramtes und des Außenministeriums als Zeichen der Solidarität Österreichs mit den Menschen in Israel, die im Frühjahr 2021 vor den Raketenangriffen aus Gaza in Luftschutzbunkern Schutz suchen mussten. Man könnte meinen, dass es keinen Israeli gibt, der dieses Zeichen der Solidarität – das Israelis, gerade in solchen Situationen, besonders wichtig ist – nicht in Erinnerung hat und Sebastian Kurz und Österreich nicht hoch anrechnet.
Gleichzeitig und besonders wichtig ist es auch festzustellen, dass diese Entwicklung auch nach dem Ausscheiden von Sebastian Kurz und Benjamin Netanjahu weitergeht. Diese beiden Politiker hat ja bekanntlich eine besonders freundschaftliche Beziehung miteinander verbunden, in sehr regelmäßigen Abständen haben sie einander getroffen oder zumindest telefoniert und keinen Zweifel gelassen, wie sehr sie einander schätzen.
Nun hat sich zu Premierminister Yair Lapid ebenso eine sehr persönliche und herzliche Beziehung entwickelt. Lapid bezeichnete den Besuch des KZ Mauthausen, in dem sein Großvater ermordet worden war, als wichtigstes Ereignis seiner bisherigen Regierungszeit. Bei diesem Besuch, bei dem er vom österreichischen Bundeskanzler und Außenminister begleitet wurde, hatte sich Karl Nehammer in sehr persönlichen Worten für das schreckliche Schicksal und die Ermordung von Lapids Großvater entschuldigt. Nach dem Ende der Reden gab es tränenreiche Umarmungen, niemand unter den Teilnehmern blieb von dieser Zeremonie unberührt.