Bei meinen Beiträgen für das Magazin NU bemühe ich mich meistens, etwas zum Schwerpunktthema der jeweiligen Ausgabe zu schreiben. Diesmal hatte ich allerdings zunächst vor, mich zum Thema Sexualität nicht zu äußern, denn dabei ging es mir wie oft bei der Vorbereitung einer Predigt, wo ich mehr darüber nachdenken muss, was ich nicht sagen soll, als darüber, was ich sagen werde.
Deshalb ist der Artikel diesmal auch so mager geworden. Und es bleibt eurer Fantasie überlassen, darüber nachzudenken, was ich ausgelassen habe.
Wir finden in der Tora eine Beschreibung über die Entstehung des Menschen. Im ersten Kapitel von Bereschit (Genesis) scheint es, als hätte der Ewige den Menschen als Mann und Frau gleichzeitig (in seinem Bilde) geschaffen.
Doch schon im zweiten Kapitel finden wir die Geschichte, die euch Leserinnen und Lesern vermutlich bekannter ist, wonach zuerst der Mann – Adam – geschaffen wurde und erst aus seiner Rippe die Frau – Chava (auf deutsch: Eva). Ich möchte nicht die ganze Bibelstelle zitieren, sondern nur einen Vers, der mir für das Thema Sexualität am wesentlichsten erscheint, nämlich den vorletzten Satz des zweiten Kapitels. Dort heißt es: „Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und hängt an seiner Frau und sie werden zu einem Fleische.“
Raschi und andere Kommentatoren meinen, dass mit dem Ausdruck „einem Fleische“ das Zeugen von Kindern gemeint ist. Wieder andere sagen, dass man ganz einfach die sexuelle Vereinigung an sich unter „einem Fleische“ verstehen kann.
In der Bibel ist die Rede nicht nur von Sexualität, sondern sogar von einer festen, eheartigen Beziehung. Denn für eine flüchtige sexuelle Begegnung müssen Männer und Frauen nicht ihre Eltern verlassen. Dies bedeutet klar, dass Adam und Eva schon im Paradies miteinander verkehrten und nicht, wie es andere Konfessionen verstehen wollen, erst nachdem sie aus dem Paradies vertrieben wurden, weil sie das „erste Koscher-Gesetz“ übertreten hatten: Bekanntlich ließ sich Chava von der Schlange überreden, ihrerseits Adam zu überreden, die Frucht vom Baum der Erkenntnis zu essen.
Als Strafe wurde Adam auferlegt, im Schweiße seines Angesichts den Boden zu bearbeiten; und Chava, dass sie fortan Kinder unter Schmerzen gebären werde. Die Sexualität ist also nicht die Folge dieses Sündenfalls. Denn die Zeugung der Söhne geschah noch im Paradies, geboren wurden sie allerdings erst, nachdem Adam und Chava den Garten Eden verlassen mussten: Denn ihr Aufenthalt im Paradies dauerte nur sieben Tage und nicht neun Monate.