Wer steht wirklich an Israels Seite? Kann es auf der Weltbühne überhaupt echte Loyalität geben? Ein gewohnt kontroverser Dialog über Verantwortung, Interessen und den komplexen Spagat zwischen moralischer Unterstützung und politischem Eigeninteresse.
Von Ronni Sinai und nathan Spasić
Ronni: Sag mir Nathan, was bedeutet für dich eigentlich Freundschaft?
Nathan: Für mich bedeutet das, eine Person an seiner Seite zu wissen, die einem bedingungslos beisteht. Auch, oder eigentlich gerade, in härteren und fordernden Zeiten. Und für dich?
Ronni: Nu, deine Erwartung an Freundschaft in Ehren, ich bin da aber eher Realist und glaube, dass eine solche nie wirklich bedingungslos ist, obwohl wir das natürlich gerne hätten. Das gilt wohl vor allem für Freundschaften in politischen Umgebungen. Hier zählt doch mehr das Prinzip, wofür einem Staat oder einem Politiker die sogenannte Freundschaft nützlich sein kann. Wie siehst du das?
Nathan: Im politischen Kontext geht es auf jeden Fall um Interessen. Während der letzten ÖVP-FPÖ Regierung, du weißt schon, jene mit Ibiza-Shooter Gudenus, wurde der Volkspartei oft vorgeworfen, sie würde sich mit ihrem Engagement für die Erinnerungskultur und einem Bekenntnis zum Staat Israel “Jew-washen”. Und vielleicht mag das auch stimmen, allerdings ist Österreich seitdem ein, so scheint es, recht solider Freund Israels. Somit ist es in der Sache nicht so schlecht gewesen.
Ronni: In diesem Fall ist das Interesse Österreichs an einer Freundschaft mit Israel vielleicht eine Art Wiedergutmachung oder Kompensation von Schuldgefühlen. Dagegen wäre grundsätzlich nichts einzuwenden. Die Freundschaft der USA ist da eher anders zu bewerten. Globale Interessen beziehungsweise der Kampf gegen die Achse des Bösen, wie sie George W. Bush bezeichnete, stehen da wohl im Vordergrund. Wo sind eigentlich die echten Freunde des Palästinensischen Volkes, haben sie keine? Und wenn ja, warum doch nicht?
Nathan: Der gesamte arabische Raum und Teile Europas stehen hinter den Palästinensern. Und die Campus-Besetzer so ziemlich jeder US-Hochschule. Mein Eindruck mag ein wenig paranoid anmuten, allerdings habe ich das Gefühl, dass Freunde Israels aktuell ein rares Gut sind. Das Perfide ist, dass die meisten Unterstützer der Palästinenser die Ursache für den Krieg nicht benennen und es nicht schaffen sich von radikalen Kräften wie der Hamas, dem islamischen Jihad aber auch der Fatah zu distanzieren. Letztere bediente sich terroristischer Methoden und entspricht nicht gerade unserer westlichen Definition von Aufklärung. Hinter Palästinensern zu stehen ist leider in den meisten Fällen synonym mit Antisemitismus und Israelhass. Findest du nicht?
Ronni: Ich unterscheide zwischen der Hamas und dem palästinensischen Volk, welches vom Iran, von vielen arabischen Staaten und auch von Antiimperialisten für eigene Propaganda und zur Destabilisierung der Weltordnung missbraucht wird. Das ist eine falsche Freundschaft. Ich kann dir erklären, warum die Palästinenser keine wahren Freunde haben. Sie haben nichts, wofür es sich lohnen würde, sich für sie und den Frieden einzusetzen. Kündigst du mir jetzt DEINE Freundschaft?
Nathan: Ich finde schon, dass Israel zumindest in der Vergangenheit ernsthaft an einen Frieden mit den Palästinensern geglaubt hat. Seit dem 7. Oktober ist natürlich alles anders. Jedenfalls können wir zwei das Problem sicher nicht lösen. Und die Freundschaft kündige ich dir bestimmt nicht. Denn auch verschiedene Meinungen müssen in einer Freundschaft möglich sein. Somit hätte ich auch das letzte Wort.
Ronni: Na dann, Freundschaft, unter uns Sozialisten! Nu, mein Lieber, somit war dein letztes Wort wieder einmal dein vorletztes!