Die Novelle des Staatsbürgerschaftsgesetzes ermöglicht Nachkommen von österreichischen Nazi-Opfern die österreichische Staatsbürgerschaft. Ein Gespräch mit Peter Launsky-Tieffenthal, Generalsekretär für auswärtige Angelegenheiten.
Von Michael J. Reinprecht
NU: Herr Generalsekretär, was ist das Besondere an der Aufgabe Ihres Hauses die Novelle des § 58cStaatsbürgerschaftsgesetz umzusetzen, das Nachkommen von österreichischen Nazi-Opfern ermöglicht die österreichische Staatsbürgerschaft zu erlangen?
Peter Launsky-Tieffenthal: Es ist eine wichtige und schöne Aufgabe, die das Außenamt hier, gemeinsam mit unseren Partnern, darunter vor allem die Magistratsabteilung 35 der Stadt Wien und der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, übernommen hat. Es ist Ausdruck der Verbundenheit Österreichs mit den Opfern des NS-Terrors beziehungsweise deren Nachkommen. Es ist damit ein weiterer Schritt in der Wahrnehmung der historischen Verantwortung Österreichs.
In unseren Gesprächen mit Menschen, die nun die österreichische Staatbürgerschaft (wieder)erlangt haben, zeigte sich auch eine nach wie vor vorhandene Nähe zu Österreich, trotz der Traumata, die ja in die zweite und dritte Generation nachwirken. Haben Sie diese Rückmeldung auch?
Ja, und ich hoffe sehr, dass wir mit der Umsetzung des § 58c auch den Nachkommen der Opfer die Möglichkeit bieten, ihre Verbundenheit mit Österreich zum Ausdruck bringen zu können. Denn die Überlebenden und ihre Nachkommen haben – trotz ihrer traumatischen Kindheitserinnerungen – oft eine emotionale Verbindung zu Österreich. Gerade bei den Kindern und Enkeln der Opfer der Shoah, die diese schrecklichen Erfahrungen nicht selbst machen mussten und verständlicherweise oft in einem österreich-kritischen Umfeld aufgewachsen sind, ist das Interesse an der österreichischen Staatsbürgerschaft besonders bedeutsam, weil es zeigt, dass es noch eine Verbundenheit zu Österreich gibt.
Sie sprachen vorhin von einem weiteren Schritt zur Wahrnehmung der historischen Verantwortung Österreichs. Da drängt sich die Frage auf, warum erst jetzt, warum wurde dies nicht bereits vor dreißig, vierzig Jahren gemacht?
Dies ist heute ein nächster wichtiger Schritt. Aber vergessen wir nicht: Am Anfang der innerösterreichischen Debatte standen klare politische Bekenntnisse zur Verantwortung, darüber hinaus Beiträge der Kultur, der Theatermacher, der Schriftsteller, der Filmemacher, der Schulen und der Zivilgesellschaft. Sie alle haben jene Fragen gestellt, die schon viel früher hätten gestellt werden sollen. Dank der Arbeit des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus und des Allgemeinen Entschädigungsfonds ist ja bereits in den vergangenen Jahrzehnten Wesentliches getan worden.
Stichwort Verwaltung: Wie bürokratisch läuft das Verfahren ab? Oder kommen die Beamten der österreichischen Botschaften den Antragsstellern hilfestellend entgegen?
Es ist mehr als nur ein formeller Akt; es ist eine Interessenbekundung, ein Ausdruck der persönlichen Verbundenheit zu Österreich. Wir haben uns bemüht, sowohl die Sprache als auch den Prozess, der diesen zutiefst persönlichen Schritt widerspiegeln und begleiten soll, respektvoll und umsichtig zu gestalten.
Also ist diese Interessenbekundung eigentlich eine Art Bekräftigung…
…. der Zugehörigkeit der Opfernachkommen zu Österreich. Es ist damit ein einzigartiges Staatsbürgerschaftsverfahren.