Eine Verleumdung wird nie zur Wahrheit

Beschriftungen im öffentlichen Raum in Israel sind traditionell in hebräisch und auch arabisch gehalten. ©Danielle Spera

Von Theodor Much

Der Begriff Apartheid hat mehrere Bedeutungen, unter anderem „getrennt“ oder „abseits“. Als Apartheid wird eine geschichtliche Periode der staatlich angeordneten und organisierten Rassentrennung in Südafrika und Südwestafrika bezeichnet. Sie hatte ihre Hochphase von den 1940er bis zu den 1980er Jahren und endete mit dem Regierungswechsel in Südafrika im Jahr 1994. Im Apartheidregime wurden die Staatsbürger in drei Hauptgruppen – weiß, schwarz oder Menschen gemischter Herkunft – eingeteilt. Später wurden Asiaten, Inder und Pakistani als vierte Gruppe hinzugefügt. Schwarze Staatsbürger wurden massiv diskriminiert, sie konnten nur in bestimmten Berufen arbeiten, durften moderne Spitäler, die nur für Weiße bestimmt waren, nicht betreten, in Parks und Restaurants durften sie nicht neben Weißen sitzen und es gab sogar eigene Ambulanzen nur für Schwarze. Gesetze verboten Kontakte zwischen den Gruppen und verordneten Rassentrennung in öffentlichen Einrichtungen. Eine Repräsentation Farbiger in höheren Ämtern und in der Politik war nicht möglich.

In Israel sind alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich, das gilt natürlich auch für Muslime, die heute immerhin ein Fünftel der Bevölkerung ausmachen. Arabische Staatsbürger haben ihre eigenen Parteien, ihre Vertreter sitzen im Parlament (Knesset), sie sind in allen Berufsgruppen präsent – sogar als Botschafter Israels. Die Beschilderung von Straßen erfolgt auch in arabischer Sprache, und Beduinen und Drusen dienen in der israelischen Armee. Eine Rassentrennung nach südafrikanischem Muster existiert in Israel nicht. Anders sieht es im Westjordanland – den „besetzten Gebieten“ nach dem 6-Tage-Krieg von 1967 – aus. Seit den frühen 2000er Jahren, als es während der Zweiten Intifada zu Hunderten von Anschlägen kam, wurde eine Mauer am Grenzgebiet zwischen dem Westjordanland und Israel errichtet. An vielen Stellen gibt es Straßensperren und Personenkontrollen, auch einige Straßen, die nur israelische Staatsbürger (also auch israelische Araber) benützen dürfen. Das mag wenig sympathisch erscheinen, doch das alles hat mit Apartheid im Sinne von „Rassentrennung“ nichts zu tun. All diese Maßnahmen, die so viele Menschen kritisieren, sind die Folge von unzähligen Terroranschlägen mit hunderten Toten sowohl im Kernland Israels auch in den „besetzten Gebieten“. Vor dem Bau der Mauer gab es regelmäßig Selbstmordanschläge gegen israelische Zivilisten bei denen Kaffeehäuser, Kindergärten und Busse in die Luft gesprengt wurden. Seit dem Bau der Mauer sind derartige Anschläge kaum noch möglich.

Unter Kolonialismus versteht man die Besitznahme von fremden Regionen zwecks wirtschaftlicher Ausbeutung. Kolonialstaaten wie etwa Frankreich, Belgien oder England hatten vor der Errichtung von Kolonien – anders als Israel – keinerlei historische Verbindungen zu den von ihnen okkupierten Regionen. Dass Israel heute noch das Westjordanland (das übrigens keine Bodenschätze hat) besetzt hält, ist die Folge des Angriffskrieges von Ägypten, Syrien und Jordanien auf Israel im Jahr 1967. Wäre dieser Angriff nicht erfolgt, hätten die Palästinenser dort längst einen eigenen Staat errichten können. Daher passt der Vorwurf eines Kolonialstaates nicht auf Israel.
Wer heute Israel als Apartheid- oder Kolonialstaat bezeichnet, verleumdet das Land bewusst oder aus Unkenntnis der Geschichte des Nahostkonflikts. Kritik an der israelischen Regierung ist immer dann zu akzeptieren, wenn diese Kritik objektiv und nicht hasserfüllt ist. Viele Juden in aller Welt kritisieren die Politik von israelischen Regierungen, doch sie tun das aus Sorge um die Zukunft des Landes und nicht aus weniger ehrenwerten Motiven. Doch die hasserfüllte Delegitimierung und Dämonisierung Israels, bzw. ein Doppelstandard der Kritik (die 3Ds nach Nathan Scharanski- siehe auch den Artikel von Mark-Elias Napadenski auf Seite 31) ist nichts anderes als Antizionismus mit einem antisemitischen Hintergrund.

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