Eine sonore Stimme, die mir anbietet, meine Hochzeit zu fotografieren. Der Beginn einer Freundschaft.
Von Danielle Spera
Im Frühsommer 1994 hatte ich mit den Vorbereitungen zu meiner Hochzeit alle Hände voll zu tun. Schließlich stand – als erster Schritt – unser Gang zum Standesamt in der Schweiz schon kurz vor der Tür. Gerade von einem Einsatz in Ägypten zurückgekehrt, erreichte mich der Anruf eines mir bis dato unbekannten Herrn. „Ich habe Ihre Nummer vom Oberrabbiner bekommen“, sagte der Mann mit der sonoren Stimme. „Ich bin Fotograf und möchte gerne Ihre Hochzeit fotografieren!“ Ich war verblüfft und versuchte, auf Distanz zu gehen. „Wir werden in Israel heiraten, leider …“, wollte ich zu einer Erklärung ansetzen. Er unterbrach mich: „Das weiß ich doch, deshalb rufe ich an. Ich habe noch nie eine Hochzeit in Israel fotografiert.“
Schön langsam wurde es mir un-heimlich. „Bitte nicht böse sein, …“, versuchte ich noch einen Anlauf. „Nein, Sie missverstehen mich“, sagte der Mann, „ich fotografiere prominente Juden in Österreich und eine Hochzeit von österreichischen Juden in Israel, so etwas fehlt mir einfach noch in meiner Sammlung!“
Jetzt reichte es mir: „Sorry, da sind Sie bei mir falsch. So etwas mache ich nicht.“ Doch er blieb hartnäckig. „Bitte treffen wir uns, ich möchte Ihnen alles erklären. Sie können sich auch gerne über mich erkundigen, mein Name ist Harry Weber.“
Harry Weber – vor meinem geistigen Auge sah ich Fotos in Ausgaben des „stern“. Als Fotojournalist war er mir ein Begriff und nach längerem Hin und Her willigte ich ein. Wenige Tage später trafen wir uns im Café Salzgries. Meinen zukünftigen Mann hatte ich noch gar nicht eingeweiht. Vom ersten Augenblick an war da eine tiefe Sympathie. Harry Weber breitete seine Bilderwelt vor mir aus. Ich war hingerissen, jedes Bild erzählte eine ganze Geschichte. Geschichten ohne Worte und diese Geschichten brauchten keine Worte. Und Harry Weber war von der Idee, mit uns nach Israel zu kommen, nicht mehr abzubringen. Außerdem wollte er eines der Fotos von unserer Hochzeit in eine Museumsausstellung aufnehmen.
„Mein Gatte in spe wollte von der Idee nicht einmal etwas hören. Juden gehören nicht ins Museum.“
Ich aber hatte nun noch die Groß-aufgabe der Überzeugungsarbeit … Mein Gatte in spe wollte von der Idee nicht einmal etwas hören. Juden gehören nicht ins Museum, war sein Credo. Er solle sich doch erst einmal Harry Webers Fotos anschauen, lautete meine Antwort. Als er das dann nach stundenlangen Diskussionen endlich tat, war auch er so begeistert, dass es keinen Funken an Zweifel mehr gab.
So flog Harry Weber mit uns nach Eilat und begleitete uns durch Polterabend, Hochzeit und Schewa Brachot. Nicht nur, dass Harry dabei die wunderbarsten Fotos schoss, wir hatten auch sehr viel Spaß, er unterhielt sich blendend mit unseren Freunden und ich glaube, er hat die Reise mindestens so genossen wie wir.
„Die Bar Mitzwa unseres Sohnes hätte der nächste gemeinsame ,Freudentermin‘ sein sollen.“
Wir waren gerade in Israel, als uns mitten in Pessach die traurige Nachricht erreichte. Wir konnten und können es nicht fassen, dass Harry Weber nicht mehr am Leben ist. Was uns bleibt, sind nicht nur viele schöne Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse, sondern auch die wunderbaren Fotos, die diese Eindrücke für immer festhalten und so auch noch vielen Generationen Geschichten erzählen werden. Geschichten ohne Worte, Geschichten, die keine Worte brauchen …