Gal Weinstein zählt zu den renommiertesten Künstlern Israels. Er wurde 1970 in Ramat Gan geboren und lebt in Tel Aviv. Derzeit sind seine Bilder in der Gordon Gallery 2 und im Musée d’Art Contemporain (MAC) in Marseille zu sehen. Sein Werk umfasst Bilder aus Stahlwolle, dreidimensionale Installationen, Objekte sowie Videos. Seit 2008 unterrichtet Weinstein Bildhauerei am Shenkar College, Multidisciplinary Art Department, in Ramat Gan.
Von Monika Meryn (Interview)
NU: Woran arbeiten Sie im Moment?
Weinstein: Ich beschäftige mich mit Schimmel, den wir in der Umwelt finden. Ein Beispiel dafür ist die Bodeninstallation Jeezrael Valley in der Dunkelheit. Ich habe schwarzen Kaffee in ein von mir speziell hergestelltes Gefäß eingegossen, das die Umrisse von Jeezrael Valley hat, und ließ es in einem dunklen Raum liegen, bis es schimmelte.
Wie kamen Sie auf diese Idee?
Durch einen Zufall. Ich vergaß eine Kaffeetasse auszuwaschen und entdeckte den Schimmel. Jeden Tag fotografierte ich ein neues Stadium, denn die Farbe verändert sich je nach Grad des Schimmels. Mittlerweile habe ich ein Archiv von tausenden Fotos. Diese verarbeite ich z. B. in meiner Serie Kaffeetassen, wo ich Bilder der verschiedenen Phasen mit Stahlwolle fertige. Diese runden Scheiben können an die Wand gehängt werden.
Wie kann ich mir die Arbeiten mit Stahlwolle vorstellen?
Stahlwolle verwendet man üblicherweise im Haushalt. Ich nehme ein Stück, drehe eine Spitze und verwende es wie einen Zeichenstift. Die Leinwand muss eine klebende Oberfläche haben, und ich setze einen Punkt nach dem anderen, bis das Bild fertig ist. Ich arbeite z.B. an einer Serie von Selbstportraits, die wie vergrößerte Passfotos aussehen. Über die Stahlwolle spraye ich noch eine Flüssigkeit, z. B. Coca-Cola oder Coca- Cola light. Ich experimentiere mit verschiedenen Inhaltsstoffen, und das Ergebnis ist überraschend: Cola verfärbt das Bild schwarz und Cola Light orange.
Was fasziniert Sie an der Arbeit mit Stahlwolle?
Diese Methode ist das Ergebnis einer längeren Entwicklung, und oft weiß der Betrachter nicht, ob es sich um ein Foto oder eine Zeichnung handelt. Das ist von mir so beabsichtigt. Ich wollte mit einem Material arbeiten, das nicht attraktiv ist, denn ich bin der Meinung, dass Schönes nicht mehr verändert werden muss. Bevor sie bearbeitet wird, sieht Stahlwolle wie Staub oder Haare aus. Ich suche das Widersprüchliche in Materialien, und ich mag Oberflächen sowie die Versuchung, diese berühren zu wollen.
Wie kamen Sie zur Kunst? Was war für Ihre Entscheidung auslösend?
Ich liebe es einfach, Künstler zu sein. Nach der Armee wollte ich eigentlich Architektur studieren, wie mein Bruder, oder Grafikdesign. Aber ich hatte immer schon gerne gemalt und nach einem zweimonatigen Umweg, wo ich mit Bühnenausstattung begann, merkte ich, dass es doch die bildende Kunst ist, die mich am meisten fasziniert.
Sie produzierten die Serie Fire Tires: raumhohe Installationen, die brennende Reifen und Rauchwolken darstellten. Sehen Sie sich als politischer Künstler?
Nein! Überhaupt nicht. Bei dieser Serie verwendete ich zwar ein typisch politisches Motiv, aber ich veränderte das Material dermaßen, dass sich der Betrachter fragen muss, woraus es gemacht ist. Die Rauchwolken wirken so weich, dass der erste Impuls das Berühren ist. Vielleicht besteht das politische in meinen Arbeiten darin, dass ich Neugier hervorrufen möchte, die ich für den Ursprung von politischen Gedanken halte.