Der Brauerstern sieht dem Davidstern zum Verwechseln ähnlich. Dabei dürfte es sich um einen Zufall handeln. Wobei das Bierbrauen durchaus auch jüdische Tradition hat.
Von Fritz Neumann
Wo Meinungen sind, gehen sie auseinander, nicht nur unter Juristen. Und deshalb ist es ab und zu ganz gut, dass es einen Papst gibt, der das letzte Wort hat. „Der Brauerstern“, sagt also Conrad Seidl, „hat überhaupt nichts mit dem Judentum zu tun.“ Seidl – jawohl, bezeichnender Name – ist landauf, landab als „Bierpapst“ bekannt, bei Hopfen und Malz macht ihm niemand etwas vor. Und dass der sogenannte Brauerstern, den etliche Biermarken vor allem in Süddeutschland in ihrem Logo führen, dem Davidstern zum Verwechseln ähnlich sieht, ist für den Bierpapst und innenpolitischen Standard-Redakteur eher Zufall – oder maximal auf dieselben Ursprünge zurückzuführen.
Seidl vertritt wie die meisten Experten die Ansicht, dass der Brauerstern (auch: Bierstern, Bierzeiger, Braustern, Bierzoigl, Zoiglstern) mehrere alchemistische Zeichen verbindet, nämlich jene für Feuer, Luft, Wasser und Erde. Möglich auch, dass das Hexagramm als mittelalterliches Schutzsymbol gegen Feuer und Dämonen jegliches Unheil vom Brauhaus abwenden sollte. Die erste bekannte Darstellung eines Brauersterns datiert aus 1425, er ziert den im Hausbuch der Mendel’schen Zwölfbrüderstiftung abgebildeten Sudkessel eines Bierbrauers namens Hertel.
So oder so haben Bierbrauen und Judentum einander nicht ausgeschlossen. Seidl weiß zu berichten, dass es bereits im 16. Jahrhundert im Gebiet des heutigen Burgenlands jüdische Bierbrauer gab. Bier sei natürlich auch koscher hergestellt worden, und ab Mitte des 19. Jahrhunderts hätten sich etliche Großbrauereien im jüdischen Besitz etabliert, darunter die Ottakringer Brauerei der Familie Kuffner. Moriz Kuffner, der auch die Kuffner-Sternwarte finanzierte, musste 84-jährig vor den Nazis fliehen, er verstarb 1939 im Exil. Die Ottakringer Brauerei wurde arisiert und nach dem Krieg ein Restitutionsfall, der für Schlagzeilen sorgte.
Der Brauerstern findet sich nicht allzu oft, selbst vielen Biertrinkern ist er kein Begriff. Die Ausnahme, wie gesagt, bildet der Süden Deutschlands. In Baden, Franken und der Oberpfalz taucht das Zeichen immer wieder auf, in Schildern von Gaststätten, auch in Logos von Brauereien (z. B. Würzburger Hofbräu, Stuttgarter Brauerei Wulle) – neben den klassischen Brauerwerkzeugen Malzschaufel, Maischegabel und Bierschöpfer.
In Windischeschenbach und Neuhaus an der Waldnaab in der Oberpfalz zeigt der Brauerstern, hier meistens Zoiglstern oder Zeiglstern genannt, ähnlich wie der Buschen bei Heurigen oder bei Buschenschanken, an, wo gerade frisches Zoiglbier gezapft und wohl auch die dazugehörige, deftige Brotzeit aufgetischt wird. Die „Brauenden Bürger“ haben zuvor durch einen Mitgliedsbeitrag (Kesselgeld) das Recht erworben, im Kommunbrauhaus zu brauen.
Seidl, der Bierpapst, der bald die 15. Ausgabe seines Bierguide auf den Markt bringt, ist natürlich schon in dieser Gegend gewesen. Vor zwei Jahren wiederum hat er, ebenfalls zwecks Fortbildung, auch Israel bereist. Er lernte dabei, wie er sagt, „einige sehr gute Kleinbrauereien“ kennen. In den USA sind auch größere Brauereien in jüdischer Hand, ein Bier mit quasi aufgelegtem Namen („He’brew – The chosen beer“) beispielsweise wird in New York gebraut. Mag sein, dass auch diesbezüglich die Meinungen auseinandergehen, letztlich aber kann man doch festhalten, dass selbst dort, in Amerika, Hopfen und Malz keineswegs völlig verloren ist.