Rainer Nowak und Peter Menasse sprechen diesmal im Café Griensteidl über Politik im Burgenland und in Wien. Wirklich gut kommt dabei keine der politischen Parteien weg.
Nowak: Warum wolltest du eigentlich nicht mit mir zum Demel, sondern lieber ins Griensteidl gehen? Ist dir die böse SPÖ-Vergangenheit des Club 45 dort immer noch peinlich?
Menasse: Ich geniere mich für gar nichts. Die Politiker, die dort gemauschelt haben, waren wenigstens lustiger als die heutigen Granden. Und sie haben auch politisch etwas weitergebracht.
Nowak: Udo Proksch vor allem ein Schiff. Aber im Ernst: Eines ist dir sehr wohl peinlich, das Rot-Blau in deinem Burgenland. Zumal ich das im letzten Dajgezzen prophezeit habe. Da hast du mich noch ausgelacht.
Menasse: Wieso redest du von Rot- Blau? Das Burgenland ist doch das erste Land mit einer blauen Alleinregierung. Ich sehe weit und breit keine roten Einsprengsel.
Nowak: Wirtschaftspolitisch ist Johann Tschürtz sehr wohl sozialdemokratisch unterwegs.
Menasse: Der FPÖ-Chef ist in der blauen Alleinregierung aber nur eine Randfigur. Das Land wird noch von Hans Niessl regiert.
Nowak: Warum noch? Weißt du mehr?
Menasse: Im Hochglanzmagazin Burgenländerin stand kürzlich als Bildunterschrift bei einem Foto des Landeshauptmanns: „Helmut Niessler“. Scheinbar wird da stufenweise der Kulturlandesrat Helmut Bieler zum Chef aufgebaut. Beim nächsten Mal schreiben sie dann „Helmut Biessler“ und schließlich „Helmut Bieler“. Das nenne ich mal „Medienpolitik“.
Nowak: Ich kenne zum Glück nur Helmut Zilk. Verlassen wir bitte die Provinz. NU ist ein internationales Magazin. Reden wir über die Welthauptstadt Wien. Ich hoffe ja bis zuletzt, dass Michel Häupl das Wahlrecht ändert, mit 33,5 Prozent der Stimmen die absolute Mandatsmehrheit bekommt und so Rot- Grün verhindert. Aber das ist sehr strategisch gedacht.
Menasse: Eines fällt aber schon auf. Die Schwarzen kommen weder in der Provinz noch in der Hauptstadt vor. Darum kannst du leicht über die Roten spotten.
Nowak: Du hast es einfach nicht verstanden. Die Wiener ÖVP kommt sehr wohl in den Gemeinderat, sie heißt jetzt nur Neos.
Menasse: Da wie dort handelt es sich um vernachlässigbare Größen. Da sind ja die Grünen mehr zu beachten, auch wenn sie alles dazu tun, unbeachtet zu bleiben. Außer natürlich auf der Mariahilfer Straße.
Nowak: Das haben Lifestyle-Formationen so an sich. Viel Reklame, viel bunte Farbe und flotte Sprüche. Aber ich bemerke, du versuchst dich am Thema FPÖ vorbeizuschummeln. Es ist das alte Journalistenleid: Schenkst du ihnen zu viel Aufmerksamkeit, gewinnen sie. Ignorierst du sie, sehen sie sich als Opfer der medialen Mainstream-Gutmenschen und punkten damit.
Menasse: Zur FPÖ fällt mir einfach nichts ein. Das sind Rabauken, mit denen ich mich nicht befasse. Weil als einfacher Bürger habe ich ja das unbedingte Recht, diese Leute auszugrenzen.
Nowak: Das klingt wie Franz Vranitzky für Kleine.
Menasse: Alleweil Franz Vranitzky. Ich würde eigentlich lieber über Fußball reden, aber das ist ja eines der vielen Themen, bei denen du dich nicht auskennst.
Nowak: Heute mache ich gerne eine Ausnahme für dich: Rapid verhält sich zu deiner Austria wie Angela Merkel zu Werner Faymann.
Menasse: Du hast Recht, das violette Dress ist tatsächlich viel hübscher als das grüne.
Nowak: Danke für die Offenbarung. Du findest Werner Faymann schön und verleugnest den Rapid-Siegeszug. Vielleicht sollten wir den Psychiater Martin Engelberg hinzuziehen.
Menasse: Den brauchst du. Merkel anzuhimmeln ist schon eine sehr auffällige Verhaltensweise. Außerdem weißt du scheinbar nicht, dass die Rapid-Anhänger auf ihre proletarische Herkunft stolz sind. Du bist im falschen Fahrwasser.
Nowak: Für jemanden, der unter einem Bild von Rosa Luxemburg schläft, sprichst du die Formulierung „proletarisch“ ungewöhnlich nasal aus. Hast du in Döbling gefrühstückt?
Menasse: Über meinem Bett hängt nicht Rosa Luxemburg, sondern ein abstraktes Gemälde. Ich werde mich doch nicht beim Einschlafen ablenken lassen. Das Nasale ist weder aus Döbling noch eine Anpassung an dich, sondern einem Schnupfen geschuldet. Klingt aber gut, oder?
Nowak: Den Namen des Künstlers und den Namen des Gemäldes hast du vermutlich vergessen, oder du verschweigst ihn, weil das Bild so wertvoll ist, dass du befürchten musst, die NU- Inserenten könnten abspringen.
Menasse: Das Bild heißt: „Schwarz im totalen Untergang“. Aber was bitte sind Inserenten?
Nowak: Hat NU keine? Dann rate ich dir, noch schnell im roten Wien anzurufen. Es könnte das letzte Mal sein.
* Dajgezzen: sich auf hohem Niveau Sorgen machen; chochmezzen: alles so verkomplizieren, dass niemand – einschließlich seiner selbst – sich mehr auskennt.
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