In den letzten Monaten ist sein Name in New York und darüber hinaus in vieler Munde: Zohran Mamdani. Der demokratische Sozialist und Israel-Kritiker tritt im November 2025 für das Bürgermeisteramt an. Für New York, den Ort mit der größten jüdischen Gemeinde außerhalb Israels, steht einiges auf dem Spiel.
von Deborah Engelberg
Sohn ugandisch-indischer Immigranten, Abgeordneter aus Queens – Zohran Mamdani scheint auf den ersten Blick der perfekte Kandidat für die demokratische Partei zu sein. Sein Programm wirkt progressiv: kostenlose Busse, 200.000 neue Wohnungen, ein Mindestlohn von 30 Dollar und städtisch finanzierte Lebensmittelgeschäfte. Doch seine Haltung gegenüber Israel und der Polizei beunruhigt viele der zionistisch-jüdischen Einwohner New Yorks.
Gleichzeitig fühlen sich viele jüdische New Yorker, vor allem junge College-Absolventen, von ihm angezogen, da er seine radikalen Pläne in eine Sprache verpackt, die äußerst pragmatisch klingt. Seine Forderung liest sich nicht wie ein Ruf nach der Einschränkung der Polizei, sondern lediglich wie ein Plädoyer dafür, dass die Polizei anders arbeiten müsse. Bei genauerer Betrachtung bergen diese Pläne aber tatsächlich eine Gefahr für jüdische Institutionen, die derzeit wegen des massiv gestiegenen Antisemitismus noch intensiver geschützt werden müssen. Weniger Polizei in New York bedeutet weniger Schutz für jüdische Einrichtungen. Noch schwerer wiegt Mamdanis Rhetorik gegenüber Israel. Er unterstützt die BDS-Bewegung (eine politische Kampagne, die den Staat Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch boykottieren will) und bezeichnet Israel als „Apartheidstaat“ und „Genozidstaat“, was die Verbreitung israelfeindlicher und antisemitischer Rhetorik legitimiert. Auf amerikanischen Universitäten haben wir in den letzten Jahren erlebt, wie genau diese Parolen in massive Anfeindungen gegen jüdische Studierende umschlugen. Ein Bürgermeister, der diese Sprache normalisiert, verändert nicht nur das politische Klima, sondern auch das Sicherheitsgefühl jüdischen Lebens in New York.
Unter den jungen Jüdinnen und Juden in New York sorgt die Kandidatur Mamdanis für eine Polarisierung. Viele, die direkt aus dem College kommen und wenig verdienen, begeistert die Vorstellung, in einer Stadt zu leben, die leistbarer wird. Für sie erscheint die Aussicht auf günstigere Mieten oder kostenlose öffentliche Verkehrsmittel wie ein Rettungsanker. Das sind oft jene Jüdinnen und Juden, die seit Generationen in den USA verwurzelt sind, sich nicht besonders für Zionismus interessieren und in Israel keinen notwendigen Zufluchtsort sehen, wenn der Antisemitismus ein sicheres Leben unmöglich machte. Zionistisch eingestellte Jüdinnen und Juden betrachten die Situation genau gegenteilig. Für sie zählt nicht, ob Busse kostenlos sind oder Mieten eingefroren werden, wenn gleichzeitig die Legitimität des jüdischen Staates in Frage gestellt wird. Sie sehen die Gefahr, dass Mamdanis Worte das Fundament jüdischen Lebens in Frage stellt. Für die jüdische Gemeinde in New York steht auf dem Spiel, ob sich jüdisches Leben weiterhin (halbwegs) frei entfalten kann und wie die Zukunft jüdischer Einwohner New Yorks aussehen wird. New York war und ist ein Ort, an dem jüdisches Leben seit Jahren aufblüht. Für meine Familie gilt als Prüfstein: Geht es den Juden gut, dann geht es auch der Stadt gut. Die Bürgermeisterwahl und der überraschende Erfolg Mamdanis zeigt, wie fragil dieses Gleichgewicht ist, und wie sehr es auf dem Spiel steht.