Ronni Sinai und Nathan Spasić finden das Superwahljahr zum Haare raufen. Wählen werden sie natürlich trotzdem, weil es kein besseres Rezept gibt als den Urnengang.
Nathan: Ronni, 2024 wird sieben Mal gewählt. Freust du dich schon?
Ronni: Ich kann es kaum erwarten. Zwar darf ich nebbich nur bei zwei Wahlen mein Kreuzerl machen, aber – hoch lebe die Demokratie! Obwohl sie nicht immer ernst genommen wird.
Nathan: Na, immerhin! Warum meinst du, dass die Demokratie nicht ernstgenommen wird? Wegen der meist überschaubaren Wahlbeteiligung oder weil sich Politiker nicht an ihre Wahlversprechen halten?
Ronni: Ich blicke da eher ins Ausland, etwa zu unseren östlichen Nachbarn, natürlich ohne Namen zu nennen. Da geht es weniger um Wahlversprechen als um Korruption. Hierzulande wird die Demokratie doch subtiler untergraben, Stichwort Lobbyismus. Allerdings stoßen demokratische Systeme an ihre Grenzen, wenn man als Politiker den Wünschen von einigen Millionen Wählern und Wählerinnen gleichermaßen gerecht werden will. Ich hingegen möchte, dass die Politik endlich etwas gegen meinen Haarausfall unternimmt. Ein Problem, das du nicht kennst. Welche Forderung hast du denn?
Nathan: Dein Haarausfall verursacht zumindest keine physischen Schmerzen. Mich plagt eher mein Rücken. Wie dem auch sei: Der Bundeskanzler soll’s richten! Allerdings funktioniert unser System leider so: Zuerst wird gewählt, dann einigt man sich auf ein Regierungsprogramm, das man nach einer langen „Eingewöhnungsphase“ im besten Fall zwei Jahre lang durchzieht, bis schließlich der Vorwahlkampf beginnt und die nächste Regierung alle Initiativen und Ziele der vorigen Regierung wieder über Bord wirft. Man kann also behaupten, dass die effektive Handlungszeit einer Legislaturperiode wesentlich kürzer ist als fünf Jahre.
Ronni: Nu, in Israel sprechen wir nicht von Jahren, sondern eher von Wochen. Da braucht es schon ein Schreckensszenario, das die Gedanken an Neuwahlen verhindert und mit dem zumindest der Ansatz einer gemeinsamen Konfliktbewältigung aufkommt. Im Übrigen, wen interessieren deine Rückenschmerzen, Haarausfall ist das brennende Thema! Wobei mir roter Nachwuchs immer noch lieber ist als brauner.
Nathan: Ronni, du hast Demokratie falsch verstanden. Politik sollte sich der Probleme des Kollektivs annehmen, dein Haarausfall ist also kein Wahlthema. Da ziehen manche Partikularinteressen eben den Kürzeren.
Ronni: Nu, mal angenommen, ich hätte das entsprechende Kleingeld, um für dieses Thema zu lobbyieren und Menschen mit spärlichem Haarwuchs anzusprechen: Ein machtgeiler Politiker würde sich schon finden, der mir und meiner Anhängerschaft ein Leben mit ewiger Haarpracht verspricht und alle Menschen mit Glatze umgehend des Landes verweist. Wäre das denn an den Haaren herbeigezogen?
Nathan: Ronni, du hast mich überzeugt! Wir sollten ein Haarwuchsprodukt entwickeln. Oder Weihwasser als entsprechendes Rezept vermarkten und rechtzeitig abhauen. Ein Konto in der Schweiz ist schnell eröffnet, also mach dich schon mal ans Werk. Mir fallen keine Markennamen ein. „Ronnis Mähnenzauber“ oder so wäre nicht schlecht.
Ronni: Auch dabei plagt mich die Qual der Wahl: Wohin sollen wir abhauen? In der Schweiz haben sie erst voriges Jahr gewählt, da müssten wir keinen Slalom zwischen Wahlplakaten laufen. Mir graut schon vor der Penetranz der Dreieckständer hierzulande, auf denen die Sprüche den Intellekt beleidigen. Aber selbst, wenn die Dreieckständer wie üblich Monate später abmontiert worden sind, heißt es: Nach der Wahl ist vor der Wahl.
Nathan: Und täglich grüßt das Murmeltier! Lass uns einfach in den Süden ziehen, wo es dank Klimawandel so heiß ist, dass du dir sowieso eine Glatze schneiden musst. Ein Gewinn für alle und das letzte Wort habe ich!
Ronni: Nu, das vorletzte!