Die etwas verwirrende Geschichte, wie die IKG zu ihren zwei neuen Generalsekretären kam.
Von Petra Stuiber
Der Tonfall des Präsidenten oszilliert zwischen nachsichtiger Geduld und anschwellender Genervtheit: “Ich erkläre es Ihnen gerne noch einmal: Die Ausschreibung ist über jeden Zweifel erhaben.” Sicher? “Ja!” (Ariel Muzicant seufzt). Und auch die Kompetenzen der neuen Generalsekretäre gegenüber dem Oberrabbinat sind glasklar geklärt? “Ich will Ihnen nicht zu nahe treten – aber in der Kultusgemeinde scheinen Sie sich nicht gut auszukennen.” Oje, jetzt ist er bös’. Aber unter uns, Herr Präsident: Die Sache mit den zwei neuen Generalsekretären für die IKG ist tatsächlich eine etwas verwirrende Angelegenheit. Wie man hört, nicht nur für Außenstehende. Damit sich alle in Zukunft gut auskennen: Die IKG hat zwei neue Generalsekretäre als Nachfolger des aus Altersgründen ausscheidenden Amtsdirektors Avshalom Hodik. Der eine Neue, für kaufmännische Angelegenheiten, ist Fritz Herzog. Herzog ist in der Gemeinde ein “alter” Bekannter – er ist seit zwölf Jahren als Controller tätig. Nach mehreren Sitzungen des Kultusvorstands, bei denen die Meinungen zu gleichen Teilen auseinander gingen, wurde Herzog am 14. September in geheimer Abstimmung gewählt. 12 der 19 Anwesenden stimmten für ihn. Der zweite Generalsekretär, zuständig für alle “jüdischen Belange”, ist dagegen ein Newcomer. Rechtsanwalt Israel Feder, bisher in Israel daheim, hat sich für das Amt beworben und gewonnen. Er wird ab 1. Dezember offiziell sein neues Amt antreten. Schon am 6. September dieses Jahres war Feder, nach vorheriger Ausscheidung mehrerer Kandidaten, an die erste Stelle gereiht worden. Und obwohl die Angelegenheit damit geregelt schien, tauchten alsbald Gerüchte auf, der Rechtsanwalt habe sich die Sache noch einmal überlegt. Schließlich ließ Muzicant den Posten in der November-Ausgabe des IKG-Organs “Die Gemeinde” erneut ausschreiben. Doch nun ist, so der Präsident zu NU, “alles geklärt”: “Herr Doktor Feder hat den Vertrag bereits unterschrieben.” Das Hin und Her um seine Bestellung erklärt Muzicant mit “persönlichen Gründen”. Feder habe gezögert, weil er seine Kinder nicht während des Schuljahres nach Österreich übersiedeln wollte, doch nun, sagt Muzicant, “haben wir auch dafür eine Lösung gefunden”. Wie diese genau aussieht, wie es kommt, dass sich ein angesehener israelischer Rechtsanwalt für eine Funktion in der IKG in Wien interessiert und mit welchen Inhalten Feder seine neue Position ausfüllen wird, will Muzicant nicht beantworten – ebenso wenig, wie er vorerst Feder selbst der Öffentlichkeit (oder zumindest NU) vorstellen möchte: “Man muss dem Mann die Chance geben, sich einzuarbeiten. Wir werden ihn zu gegebener Zeit vorstellen, aber man muss Personen auch schützen.” “Schützen” müsse man Feder auch deshalb, weil “es sogar bei dieser Ausschreibung wieder einmal Vorwürfe gab” – nicht ihm, Muzicant, gegenüber, sondern: “Einige Leute im Kultusvorstand wurden mit dem Vorwurf konfrontiert, die Sache sei nicht transparent gelaufen.” Muzicant empfindet das als “ungerecht, denn, ehrlich gesagt, bin ich stolz auf unser Auswahlverfahren”. Dieses lief immerhin seit April dieses Jahres, im Juni endete die Ausschreibungsfrist, und über insgesamt 14 Bewerbungen wurde in mehreren Runden befunden. Der Kultusvorstand ließ sich dabei von der Personalberatungsfirma Pendl & Piswanger begleiten – und am Ende kam, zumindest, was die Position des kaufmännischen Generalsekretärs betrifft, ein Ergebnis, mit dem auch Muzicant nach eigenem Bekunden “gut leben” kann. Kein Wunder, schließlich gilt Herzog innerhalb der IKG schon lange als Vertrauter des Präsidenten. Der beteuert freilich, mit der Kür nichts zu tun zu haben: “Der Präsident hatte bei der Wahl kein Stimmrecht.” Herzog selbst ist ein freundlicher Mann, der beteuert, er habe von dem Gerücht, seine Kür sei in Wahrheit schon vor der offiziellen Wahl festgestanden, noch nie erfahren: “Das höre ich von Ihnen zum ersten Mal.” Auch, dass intern bemängelt worden sei, dass er kein Jude ist, sei an ihm vorbeigegangen – obwohl das auf der Homepage “Die Jüdische” (www.juedische.at) sehr offen angesprochen worden war. Sei die IKG eine “Schlangengrube”? Herzog lacht: “Eine interessante Frage. Ich denke nicht, denn sonst wäre ich in den vergangenen zwölf Jahren wohl von einer gebissen worden. Aber bis dato geht es mir gut.” Auch Herzog will inhaltlich nichts über seine neue Position sagen: “Ich bitte um Verständnis. Wenn sich Herr Doktor Feder eingearbeitet hat, stehen wir beide gerne zur Verfügung.” Der Präsident will jedenfalls nicht den Hauch eines Vorwurfs auf sich sitzen lassen: “Die kaufmännische Position ist ein Novum in se. Die Kandidaten wurden genau überprüft – auf ihr fachliches Potential, ihre Ausbildung und berufliche Gesamterfahrung, ihre Management- und Führungserfahrung, ihr Auftreten und ihr kommunikatives und repräsentatives Geschick. Aus diesem Auswahlprozess ist Herr Herzog als der am besten geeignete hervorgegangen.” Es spiele für Finanzangelegenheiten “überhaupt keine Rolle, dass er kein Jude ist”. Die Bestellung zweier Generalsekretäre sei notwendig geworden ob der Größe und Vielfalt der Aufgaben in der IKG: “Das ist wie ein großes Unternehmen mit 250 Beschäftigten. Da gibt es in der Führung auch ein Vier-Augen-Prinzip. Es ist professionell und richtig, dass wir das nun auch eingeführt haben.” Muzicant besteht darauf. Mit “Freunderlwirtschaft” habe das alles nichts zu tun: “Ich habe mich unter großem Zeitaufwand und persönlichem Einsatz um eine sachliche und korrekte Lösung bemüht. Alles war korrekt und transparent.”