NU-Kolumnist Erwin Javor hat im letzten NU des Jahres 2004 in seinen „Alltagsgeschichten“ über die Geldzuwendungen des Herausgebers der Kronen Zeitung, Hans Dichand, an Chabad geschrieben.
Von Peter Menasse
Er vertrat in seinem Kommentar die Meinung, dass Dichand sich mit den Spenden an Rabbiner Jacob Bidermans Bewegung weißwaschen wolle. Wenn Rabbiner Biderman Hans Dichand als seinen Freund bezeichne, so Javor, könne er von gegnerischen Anwälten schwerlich zum Antisemiten gestempelt werden. Bekanntlich hatte WAZ-Chef Erich Schumann in einem News-Interview bedauernd angemerkt, dass in der Krone „rassistische und antisemitische Untertöne“ festzustellen seien, was dem alten Mann der Krone nicht gerade zur Ehre gereichte. Mit seinen großzügigen Spenden wäre Dichand also bemüht, meinte Javor, sich ein neues Image zu geben.Unmittelbar nach Erscheinen von NU im Dezember vorigen Jahres rief Rabbiner Biderman bei Erwin Javor an und versuchte, ihn von der wahrhaftigen Großherzigkeit Dichands zu überzeugen. Wir beschlossen daraufhin, bei Dichand wegen eines Interviews nachzufragen, um seine eigene Begründung zu erfahren, warum er Chabad unterstütze. Unser Kollege Martin Engelberg fragte im Sekretariat Dichands nach und bekam auch rasch einen Termin. Wir begannen uns auf das Interview vorzubereiten, bis dann am 18. Jänner ein Brief mit einer Absage bei Martin Engelberg eintrudelte. Er sei beim Lesen von NU darauf gestoßen, schrieb Hans Dichand, dass unser Blatt die Krone bzw. ihn persönlich des Antisemitismus bezichtige. Nach österreichischem Gesetz, so der Zeitungstycoon, sei Antisemitismus ein Verbrechen und einer Zeitung, die ihn eines Verbrechens beschuldige, könne er kein Interview geben.Hier irrt Dichand: Antisemitismus ist kein Verbrechen nach österreichischem Strafrecht, sondern die Leugnung des Holocaust ist unter Strafe gestellt. Eine Textinterpretation des Briefes müsste überdies wohl zum Schluss kommen, dass es Herrn Dichand nicht so sehr störte, von NU moralisch in Frage gestellt zu werden, sondern dass ihn nur die vermutete Ungesetzlichkeit des ihm angeblich Unterstellten von einem Gespräch mit der Zeitung abhält. Das Interview war jedenfalls in seinen Grundzügen fertig. Eine Kurzfassung davon soll zeigen, was wir unter anderem fragen wollten. Die Antworten Dichands dazu haben wir nicht erhalten. Darum müssen wir uns mit einer fiktiven Antwort begnügen, die wir dem Brief von Dichand entnehmen: NU: Viele Juden fühlen sich von der Neuen Kronen Zeitung seit Anbeginn ihres Erscheinens schäbig und niederträchtig behandelt. Der frühere Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Paul Grosz meinte einmal dazu in einem Standard-Interview, niemand habe die in Wien vorhandene Tradition des Antisemitismus „besser genutzt bzw. missbraucht“ als die Krone, allen voran der Kolumnist Staberl. Dadurch sei das Klima zunehmend vergiftet worden. Wie sehen Sie das, Herr Dichand?Hans Dichand (fiktiv): Nach österreichischem Gesetz ist Antisemitismus ein Verbrechen.Sie spenden heute für jüdische Organisationen. Warum haben Sie seinerzeit Viktor Reimann und den „Staberl“ ungehindert schlechte Stimmung gegen Juden machen lassen? Staberl hat jüdische Feiertage als ausländische Feiertage bezeichnet, er hat behauptet, dass nur wenige der jüdischen Opfer vergast worden seien. Den jüdischen Journalisten Abraham Rosenthal hat er abwechselnd bei seinem richtigen Namen genannt oder aber ihn als „Rosenbaum“ oder „Rosenberg“ bezeichnet, was von einer österreichischen Richterin als klassische Methode gewertet wurde, antisemitische Emotionen anzusprechen. Warum nur ließen Sie das zu, Herr Dichand?Nach österreichischem Gesetz ist Antisemitismus ein Verbrechen.Reimann und Staberl sind Geschichte. Noch immer aber schreibt Wolf Martin seine Gedichte. Immer wieder an einem 20. April, dem Geburtstag von Adolf Hitler, hat dieser Mann etwas zu feiern. Am 20.4.1994 feierte er „Adolfs Wiegenfest“, … der eine Persönlichkeit gewesen wäre, wie wir ihn heute bräuchten …, um dann am Schluss zu schreiben, er habe Adolf Schärf gemeint.Am 20. April 1999 wurde ein ähnliches Gedicht von Wolf Martin nicht ins Heft genommen. Man kann es in einem Sammelband eines Grazer Verlags nachlesen. Diesmal schrieb er über einen großen Europäer, der zwar historisch befleckt sei, jedoch nur des Volkes Wohl bezweckt habe. Man habe diesen Mann in einen Krieg getrieben, heißt es noch. Und dann die Auflösung: „Ein Prost Napoleon dem Dritten.“ Wer gehofft hatte, dass man sich in der Krone besonnen und solche Gedichte aus dem Blatt gekippt hätte, wurde am 20. April 2001 eines Besseren belehrt. Da schrieb er wieder, der lustige Martin. „Fürwahr ein großer Tag ist heut! Ich hab mich lang auf ihn gefreut.“ Und am Ende heißt es dann: „Ihm sei’s zur Ehre, uns zum Heil: Taxi Orange der II. Teil.“ Herr Dichand, stören Sie diese Freudengedichte am Tag von Hitlers Geburtstag nicht?Nach österreichischem Gesetz ist Antisemitismus ein Verbrechen.Der Presserat hat Martin für ein Gedicht im Jahr 2000 verurteilt, in dem er schrieb „Dass Juden jetzt aus Österreich flüchten, steht zu befürchten wohl mitnichten. Denn selbst für ärgste Haider-Fresser lebt es sich wohl um Häuser besser im ,Nazi-Land‘ der blauen ,Schande‘ als im gelobten heilgen Lande.“Herr Dichand, warum darf dieser Mann bei Ihnen schreiben?Nach österreichischem Gesetz ist Antisemitismus ein Verbrechen. Wir haben für dieses Gespräch nicht zu danken.