Der Wahlkampf in Israel stand ganz im Zeichen des „Friedensplans“ von US-Präsident Donald Trump. Auch wenn Netanjahu die absolute Mehrheit verfehlte – dem rechtskonservativen Likud-Chef kam die Unterstützung aus Amerika sehr gelegen.
Mitten im israelischen Wahlkampf gab es eine peinliche Panne. Durch eine fehlerhafte App waren persönliche Daten aller 6,5 Millionen Wahlberechtigten im Internet zugänglich. Verantwortlich für das Datenleak war die Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Und es war schon das zweite Mal, dass Likud mit den Daten der Wahlberechtigten im Wahlkampf derart schlampig umging. Nicht nur für IT-Experten war das Datenleak, durch das neben Namen und Adressen praktischerweise auch die Telefonnummern von Bürgern – einschließlich Politikern, Armee-Offizieren und Geheimdienstlern – tagelang im Internet abrufbar waren, ein sicherheitstechnischer Super-GAU. Für das Land, das sonst auf seine Start-up-Betriebe im IT-Sektor so stolz ist, war auch der Umstand, dass die betroffene Firma so lange brauchte, um den Schaden zu beheben, eine Blamage.
Doch auch sonst lagen vor den Knesset-Wahlen Anfang März – die dritten innerhalb eines Jahres – die Nerven blank. Nach den Wahlen im April und im September 2019 war jeweils keine Regierungsbildung gelungen. Schuld daran war die Pattsituation zwischen dem rechts-religiösen Lager unter Premier Netanjahu und dem Mitte-Links-Bündnis Blau-Weiß von Benny Gantz. Und dieses Patt geht nun in die Verlängerung: Statt der notwendigen 61 Abgeordneten stellt das Netanjahu-Lager nur 58 und verpasste somit die absolute Mehrheit.
Zur rechten Zeit
Der Wahlkampf stand sonst ganz im Zeichen des neuen „Friedensplans“ von US-Präsident Donald Trump (siehe auch S. 53). Für Trump und Netanjahu kam die Veröffentlichung gerade zum richtigen Zeitpunkt, um von eigenen Problemen abzulenken: Trump vom Impeachment-Verfahren, Netanjahu von seinem bevorstehenden Strafverfahren wegen Korruption in drei Fällen.
Die arabische Welt reagierte – wie zu erwarten – ablehnend: Nur aus Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, zwei engen Verbündete der USA, kamen positive Reaktionen. Bei einem Treffen der Arabischen Liga wurde der Plan einhellig verurteilt. Die Palästinenser-Behörde unter Präsident Mahmud Abbas stellte darauf jegliche Kooperation mit Israel ein, auch die wichtige Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen und Terrorabwehr, die trotz aller Differenzen in den vergangenen Jahren recht gut funktioniert hat.
Auch die Europäische Union behielt sich vor, den Plan vor einer Stellungnahme erst genau prüfen zu wollen. Doch für viele Nahost-Experten reihte sich der Plan in einseitige US-Aktionen in der Region ein, darunter die Anerkennung der israelischen Souveränität über Ost-Jerusalem 2017 samt Umzug der US-Botschaft nach Jerusalem oder die 2019 erfolgte Anerkennung der Annexion der Golan-Höhen durch Israel. Mit solchen einseitigen Aktionen haben sich die USA als objektive Vermittler im Nahost-Konflikt längst aus dem Spiel genommen.
Zwar war Blau-Weiß-Chef Benny Gantz wie Netanjahu nach Washington gereist, doch nur der Premierminister durfte bei der Präsentation neben Trump stehen. Gantz lobte ebenfalls den Plan und sprach von einer „historischen Gelegenheit, Israels künftige Grenzen zu ziehen“. Aber so wie Netanjahus rechte Verbündete Trumps Vorschlag wegen der Erwähnung eines eigenen Palästinenser-Staates kritisierten, gab es auch Widerstand in Benny Gantz’ Parteien-Bündnis, etwa im Telem-Flügel von Moshe Ya’alon.
Gantz und Netanjahu waren sich einig, dass das Jordantal – wie im Trump-Plan vorgesehen – aus sicherheitspolitischen Gründen unter israelische Souveränität gelangen sollte. „Nach den Wahlen werden wir uns dafür einsetzen, Souveränität (…) in Abstimmung mit der internationalen Gemeinschaft auf das Jordantal auszuweiten“, so Gantz laut der Zeitung Maariv. Netanjahu hatte bereits vor der vergangenen Wahl im September angekündigt, im Falle eines Wahlsieges das Jordantal annektieren zu wollen.
In der Schlussphase des Wahlkampfes sorgte die Veröffentlichung einer Liste von 112 Firmen, die in israelischen Siedlungen im Westjordanland aktiv sind, durch die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, für Wirbel. Die USA und Israel schränkten darauf ihre Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen weiter ein. US-Außenminister Mike Pompeo sagte, die USA hätten sich lange gegen die Erstellung dieser Liste ausgesprochen. Ihre Veröffentlichung bestätige nur die einseitige anti-israelische Haltung bei den Vereinten Nationen.