Zwischen allen Stühlen

Der Journalist Karl Pfeifer ist achtzig Jahre alt geworden. Nun wurde sein Leben verfilmt.
Von Thomas Schmidinger

Mit der Machtübernahme der Nazis 1938 flüchtete Karl Pfeifer als Zehnjähriger mit seiner Familie nach Ungarn, wo seine Mutter eines natürlichen Todes starb. Nach seinem Beitritt zum Haschomer Hatzair gelangte er 1943 mit einem der letzten Kindertransporte nach Israel. Seinen in Ungarn zurückgebliebenen Vater sah er nie wieder. Er überlebte zwar in einem Versteck die Deportationen nach Auschwitz, starb aber, von Entbehrungen gezeichnet, zwei Tage nach der Befreiung Budapests durch die Rote Armee. Karl Pfeifer, oder Eli, wie er unter seinen Freundinnen und Freunden des Haschomer in Israel auch noch heute genannt wird, wuchs so im Kibbutz Scha’ar haAmakim auf, wo er sich mit seiner Gruppe Jugendlicher schließlich dem Palmach anschloss und im israelischen Unabhängigkeitskrieg kämpfte. Obwohl er 1951 nach Österreich zurückkehrte, wollte er sich mit den österreichischen Verhältnissen nie arrangieren und versuchte schließlich auch mehrmals von Wien wegzukommen. Er arbeitete in der Schweiz und in Italien, ließ sich in London und einige Monate in New York nieder. Nach seiner Auswanderung nach Neuseeland wird es ihm dort zu langweilig.

Am Ende landete er immer wieder in Wien, wo er schließlich zu schreiben beginnt. Zunächst sind es Leserbriefe, bald wird sein journalistisches Talent jedoch für die damals noch existierende Arbeiterzeitung „AZ“ entdeckt, für die er zunächst unter einem Pseudonym Reportagen über Ungarn verfasst. Schließlich wird er wegen seiner Reportagen über Wehrdienstverweigerer und Roma aus Ungarn ausgewiesen. Dass er nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes in den Geheimdienstakten nachlesen konnte, wegen ideologischer Subversion verdächtig gewesen zu sein, freut ihn heute noch. Während des Libanonkrieges von 1982 wird er schließlich von der „Gemeinde“, der Zeitschrift der Israelitischen Kultusgemeinde, gebeten, eine Sondernummer über den Libanonkrieg zu gestalten. Da diese Mitgliedern und Vorstand gefiel, wurde er schließlich als Redakteur der „Gemeinde“ fix angestellt, die er bis zu seiner Pensionierung gestaltete. Diese bedeutete jedoch keineswegs Ruhestand. Bis heute ist er als Journalist für jüdische Zeitschriften und Websites ebenso tätig wie für „Kol Israel“, die ungarische Wochenzeitung „Hetek“ oder das in London erscheinende antifaschistische Magazin „Searchlight“.

Sein publizistischer Kampf gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus nahm in den letzten Jahren jedoch auch juristische Formen an. Nachdem er 1995 auf die „Nazitöne“ hingewiesen hatte, die der rechtsextreme Politikwissenschafter Werner Pfeifenberger im Jahrbuch der Freiheitlichen Akadamie von sich gegeben hatte und dieser 2000 vermutlich Selbstmord beging, bezeichnete Mölzers „Zur Zeit“ den „jüdischen Journalisten Karl Pfeifer“ als Teil einer „Jagdgesellschaft“, die Pfeifenberger „in den Selbstmord getrieben“ habe. Karl Pfeifer klagte, bekam erst recht, verlor aber in der zweiten Instanz. Im November 2007 gab der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte schließlich seiner Beschwerde gegen die Republik Österreich Recht, die ihm 5.000 Euro Entschädigung für das Versäumnis der österreichischen Gerichte bezahlen musste. Ein schönes, aber lange erkämpftes Geburtstagsgeschenk für einen streitbaren Journalisten.

 

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