Von der Maschek-Seite

Mitten in einer heißen Phase der österreichischen Innenpolitik, wenige Tage vor der Stichwahl für das Amt des Bundespräsidenten, waren wir mit dem Duo „Maschek“ – Peter Hörmanseder und Robert Stachel – im Rabenhof unterwegs. Über Comedy in bewegten Zeiten sprachen sie mit Peter Menasse und Danielle Spera.
FOTOS: MILAGROS MARTÌNEZ-FLENER

In Wikipedia erklären sie dir „Alter Ego“ anhand mehrerer Beispiele, darunter auch: „Mein Alter Ego ist nett, so wie meine Mutter mich immer haben wollte.“ Peter Hörmanseder und Robert Stachel würden eine solche Beschreibung wohl nicht für alle Personen gelten lassen, denen sie ihre Stimme und neue Inhalte verleihen. Sie sind Fischer und Faymann, Hofer und Kern, Kurz und Mitterlehner, Lugner und was sonst noch auf der politischen Bühne auftritt. Sie kommentieren, sagt ihr Programmheft, seit fast 20 Jahren das politische Zeitgeschehen mit ihren Fakes, drehen dabei den Wichtigen den Ton ab und reden selber drüber. Und die Wichtigen sind vielleicht wichtig, aber nicht zwingend so nett, wie unsere Mütter das gerne haben wollten.

„Breaking: Maschek bei AMS angemeldet“

Wir treffen „Maschek“ auf einem Weg im Rabenhof, einem Zeugen der großen, längst vergangenen Zeit der Sozialdemokratie, als angepackt, gebaut und sozial gedacht wurde. Mächtig stehen sie da, die Fassaden dieses Prachtbaus des Roten Wien. Eine Stunde vor der Aufführung des Programms „Fake“ lehnen schon ein paar Besucher an den Stehtischen vor dem Rabenhof-Theater. Um Autogramme werden die „Maschek“ nicht gebeten, es herrscht eine ruhige, beschauliche Stimmung der Vorfreude. Unser erstes Zusammensein findet nämlich just an einer historischen Zeitenwende statt. Soeben hat die SPÖ einen neuen Bundeskanzler präsentiert, und die Wahl zwischen Hofer und Van der Bellen steht vor der Tür. Dieter Chmelar hat gerade als Reaktion auf den Faymann- Rücktritt getwittert „Breaking: Maschek bei AMS angemeldet“, was den beiden aber nur ein müdes Lächeln abringt. So viele Minister sind gekommen und gegangen, die Beamten und „Maschek“ aber sind geblieben. Peter Hörmanseder meint leicht aufgebracht, dass ihnen die Arbeitslosigkeit seit Jahren bei jedem größeren Wechsel vorausgesagt würde, was sie aber nicht davon abhielte, seit ihren Anfängen im Jahr 1998 erfolgreich zu sein. „Faymann hat lange regiert, das stimmt, aber Schüssel kaum kürzer. Herausforderungen sind anzunehmen.“ Viele Maschek-Fans erzählen, dass sie in den letzten Jahren bei jedem Auftritt von Werner Faymann im Fernsehen automatisch die Stimme von Robert Stachel im Ohr hatten. Hat das also den Kanzler vernichtet, fragen wir die beiden. Da sind sich die „Maschek“ aber so was von einig, dass es genau umgekehrt war. Stachel sagt: „Wir haben den Kanzler gehalten. Er schuldet uns zwei, drei Jahre Kanzler- Dasein.“ – „Nichts da“, legt Hörmanseder einen drauf, „es sind eher sieben.“

Diesmal ist Robert Stachel besorgt: „Ich habe hoch gepokert, alles auf einen Wahlerfolg von Van der Bellen gesetzt, den ich einfach gerne sechs Jahre sprechen wollte. Wenn jetzt Hofer gewinnen sollte, darf Peter den Kanzler machen und ich kriege den Bundespräsidenten“. Er hofft jedenfalls, dass zumindest Angela Merkel die nächste Wahl gewinnt – nicht, weil er das politisch so sehr begrüßen würde, sondern weil er sonst eine dankbare Rolle verlöre. Hörmanseder ist weniger wählerisch: „Ja, es gibt Figuren, die man einfach gerne macht, aber man weiß immer, dass man sie irgendwann verlieren wird. Es war klar, dass Heinz Fischer aufhören muss, bald kommt auch Barack Obama dran. Das ist alles gar nicht so schlimm, weil uns das ermöglicht, immer wieder was Neues auszuprobieren.“

Inhaltliche Stimmigkeit

Es wird kühler im Rabenhof, wir gehen gemeinsam in die Künstlergarderobe des Theaters. Die Vorbereitungen auf die Aufführung nehmen bei den beiden nur wenig Zeit in Anspruch, mehr als eine Tonprobe ist nicht notwendig. Sie treten in ihrem Alltagsgewand auf und lassen sich auch nicht schminken. Wir fragen weiter, und sogleich werden die Fragen zum Material für ein gemütlich-freundliches Häkerln. Fragen wir: „Habt ihr ein Vorbild“, schaut Stachel seinen Partner an, der noch nachdenkt, und sagt lachend: „Für dich bin das ich, oder?“ Das ringt dann Hörmanseder allerdings nur ein müdes „Guter Versuch“ ab. Es fallen ihnen schließlich als Vorbilder die Simpsons ein, die gleichermaßen politisch wie kindisch seien und immer noch schnell und zeitgemäß.

Die „Maschek“ brauchen nicht lange, um eine neue Rolle einzustudieren: „Wir gehen sofort mit einer Person in die Öffentlichkeit. Die Qualität unserer Arbeit liegt nicht in der Stimmenimitation, was etwa bei Ö3 im Vordergrund steht. Wir haben die Unterstützung durch die Bilder, da kann ich mit der Stimme ganz anders jazzen. Bei vielen Figuren ist es gar nicht möglich, perfekt zu imitieren, weil wir sie schnell übergeben müssen. Armin Wolf mit seiner sehr markanten Stimme machen wir in rascher Abfolge. Da bemühen wir uns gar nicht, ihn anzunehmen. Wenn er zum Beispiel in einem unserer Programme Fischer und Faymann gleichzeitig oder hintereinander interviewt, müssen wir ihn wechselweise übernehmen. Dann brauchst du einen ,Schuhlöffel‘. Der beste ist da, man spricht so, wie man normal spricht.“

Viel wichtiger ist den beiden die inhaltliche Stimmigkeit. Auf die Frage, ob sie sich vorstellen könnten, einen israelischen Politiker zu imitieren, reagiert vor allem Robert Stachel sehr sensibel. Sie wären da ein wenig unterschiedlicher Meinung, aber er selbst habe Hemmungen. Er findet, dass sie viel besser informiert sein müssten, um eine qualifizierte Position zu einem solch heißen Eisen einzunehmen. Insgesamt wäre ein solcher Beitrag einfach zu heikel für eine Satire. Für die Regierung von Benjamin Netanjahu kann diese Zurückhaltung nur von Vorteil sein, wenn man das aktuelle Programm von „Maschek“ kennt und weiß, wie groß die Schaufel ist, auf die sie ausländische Politiker wie Angela Merkel oder Jean-Claude Juncker nehmen.

Beim Präsidenten der Kultusgemeinde, nach dem wir auch fragen, würde es ein Problem mit der Reichweite geben: „Bei allem Respekt, ich glaube, die jüdische Gemeinde hat in der Zielgruppe des ORF-Programms ,Dienstag Nacht‘ nicht eine so breite Wirkung, dass alle deren Präsidenten kennen.“ Zum Thema der Reichweite kommt dann gleich ein Beispiel: „Ausgangspunkt war ein Gespräch, das Martin Thür von ATV mit Werner Faymann gemacht hat. Da hat sich dann ein FPÖ-Sympathisant darüber ereifert, dass der Bundeskanzler jetzt schon von seinem eigenen Pressesprecher interviewt würde. Er hat nämlich den Redakteur Thür mit dem Kanzler- Mitarbeiter Matthias Euler-Rolle verwechselt. Es kam schließlich in der Redaktion großer Zweifel auf, ob wir darüber eine Nummer machen sollten. Die meisten Leute kennen keine Kanzler-Sekretäre und würden daher gar nicht wissen, dass sich Thür und Euler-Rolle ähnlich schauen.“

Zum jüdischen Witz befragt, meinen „Maschek“, es sei die Dramaturgie und der Mechanismus, die sich auch verwenden würden. Wer gute Comedy mache, der habe diese Art von Humor verinnerlicht. Über jüdische Rituale und religiöse Gepflogenheiten würden sie allerdings keine Witze machen. „Außer den mit dem Papst“, erinnert sie Danielle Spera. „Ja, stimmt. Den haben wir im Fernsehen gemacht, aber sehr gelacht wurde darüber nicht. Vielleicht, weil wir gleich zwei Tabus gebrochen haben. Es ging darum, dass der Papst sich überlegt hat, zum Judentum überzutreten, weil er dann heiraten dürfte. Als er aber hört, dass er sich beschneiden lassen müsste, entscheidet er sich doch dazu, beim Katholizismus zu bleiben.“

Produktive Verwirrung und Fake

„Maschek“ waren bei ihrer Gründung zu dritt. Ulrich Salamun ist inzwischen nach Nicaragua gezogen, betreibt dort eine Kaffeeplantage und wurde zuletzt zum österreichischen Honorarkonsul ernannt. Es ist nicht überliefert, ob er als neugebackener Politiker jetzt zum Opfer einer im nicaraguanischen Fernsehen auftretenden Comedy-Gruppe geworden ist. Diese Bewegung von Salamun von der „Maschek-Seite“ in den Vordergrund lässt Peter Menasse noch seine höchst persönliche Annäherung an diesen Begriff erzählen. Sein Vater hatte, als er ein kleiner Bub war, einen Chauffeur namens Maschek. Bei einer Ausfahrt sagte Menasse senior zu ihm: „Fahren wir das von der Maschek-Seite an“, was den Buben für viele Jahre glauben ließ, der Chauffeur sei ein mächtiger Mann, dem eine ganze Hausseite gehörte.

Die meisten Menschen wüssten heute gar nicht mehr, was der Ausdruck bedeutet, erzählen unsere Gesprächspartner. Recherchiert man die Herkunft des Begriffs, stößt man im Internet auf eine der wunderbaren Erklärungen von Andrea Maria Dusl: „Die másik-Seite ist magyarisch genau genommen ,die andere Seite‘.“ Und dann berichtet sie noch von ihrer höchst persönlichen Begegnung mit diesem Wort: „Während meiner Schulzeit im Wasagymnasium war das durchaus verwirrend für mich, denn Maschek war der Name des sportlehrernden Kustoden des Turnkammerls. Und mit ihm des östlichen Teils des Schulgebäudes.“

Von welcher Seite man sich den „Maschek“ auch annähert, es läuft immer alles auf produktive Verwirrung und Fake hinaus. Ihre Nummern entstehen dank TV-Thek heute einfacher als am Anfang ihrer Zusammenarbeit. „Damals mussten wir uns nach der Decke strecken. Es gab ein VHSArchiv mit 200 Tapes und mehr war da nicht. Als im Jahr 2000 die Sanktionen der EU gegen Österreich beschlossen wurden, fiel uns eine alte Peter-Alexander- Show in die Hände. Wir haben dann daraus eine in der damaligen Zukunft spielende Nummer mit dem Titel: ,Österreich verzeiht – Peter Alexander nimmt die Entschuldigungen der EU-14 entgegen‘ gemacht.“ Und gleich kommt bei Stachel der politische Mensch hervor, wenn er sagt: „Heute gibt es viel ärgere Regierungen in Europa und kein Mensch denkt an Sanktionen.“

Die Recherchearbeit ist zum größten Teil Aufgabe von Peter Hörmanseder, der mit ersten Vorschlägen in ihre gemeinsamen Vorbereitungsstunden geht. Die Geschichten werden dann gemeinsam erarbeitet und die Dialoge geschrieben. Ob sie mitunter in Streit gerieten, fragen wir die Beiden noch. „Nur ums Geld“, scherzt Stachel. – „Wir streiten nur, weil der eine dem anderen vorwirft, dass er ihm den Schmäh weggenommen hat oder ihn gestört hat“, meint ebenso augenzwinkernd Hörmanseder und ergänzt: „Wenn einer dem anderen bei der Programmgestaltung eine inhaltliche Tür, neue Spuren öffnet, und der andere betritt diesen Raum, das ist für beide besonders lustvoll. Man ärgert sich nur, wenn der andere nicht begreift, was man will.“

Wer fast zwanzig Jahre gemeinsam Programm macht, muss jedenfalls ein verträgliches Naturell haben. Mehr als einander häkeln kriegen wir von den beiden nicht. Wenn dann also Stachel von sich sagt: „Ich bin viel leichter zu unterhalten. Ich fange auf der Bühne selber sehr schnell zum kudern an“, kann sich Hörmanseder nicht verkneifen, feixend zu erwidern: „Vermutlich sind meine Schmäh einfach besser.“

Der Rabenhof war früher eine Kaserne, nach dem Ersten Weltkrieg dann ein Massenquartier für wohnungslose Arbeiter, bis die damals neue rote Stadtregierung in den Jahren 1926/27 einen Bau mit über tausend Wohneinheiten errichtete. In ein paar Tagen werden wahrscheinlich viele der heutigen Bewohner einen Politiker wählen, der sich ihnen als Protest gegen die Roten andient und verkündet, dass wir uns alle noch wundern würden. Alle stehen wir also vor anspruchsvollen Herausforderungen. „Maschek“ werden neue Stimmen einüben und ihr Programm adaptieren.

Aber noch ist ja alles gut, und es können sich nicht nur auf der Maschek- Seite, sondern auch vorne auf der politischen Bühne die Dinge zum Besten wenden.

 

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