über die Wahlgänge in Österreich und den USA und über den verbliebenen politischen Idealismus

Der Zwiekommentar von Peter Menasse und Erwin Javor

Menasse: Chanukka ist auch nicht mehr das, was es einmal war. Ich formuliere im jüngsten NU drei Wünsche, was passiert – gerade einmal einer geht in Erfüllung: Zwar wird Gabi Burgstaller Landeshauptfrau von Salzburg, aber Haider hat in Kärnten nicht verloren und Muzicant hört noch immer nicht einmal ein bisserl auf dich.

Javor: Was willst du? Du bist einfach einer der ganz wenigen, die noch an das Gute und Edle im Menschen glauben. Dafür, dass du immer das Beste annimmst, ist dieses Resultat ohnehin sensationell.

Menasse: Immerhin hat Gabi Burgstaller, die ja stets nur mit GB plakatiert wurde, ordentlich gewonnen. Ich würde aus GB jetzt am liebsten gleich ÖGB machen. Aber nicht als Gewerkschaftsbewegung, sondern im Sinne: Gabi für Österreich.

Javor: Lieber Freund, du solltest nicht jubeln, sondern einsehen, dass die Sozialdemokratie der große Wahlverlierer des 7. März ist. Denn Gusenbauer ist sicher nicht in der Lage, diese Regierung zu stürzen, das könnte derzeit in Österreich nur Jörg Haider. Und der ist nach dieser Wahl in Kärnten einbetoniert. Gabi Burgstaller, die eine personelle Alternative zu Alfred Gusenbauer hätte sein können und besser in der Lage wäre, die Regierung herauszufordern, ist jetzt auch für die nächsten Jahre vergeben. Die Sozialdemokratie ist also in Wirklichkeit trotz scheinbarer Zugewinne schwer geschlagen worden.

Menasse: Na, du hast aber heute eine schwarze Brille auf. Ich sehe doch ein ganz wichtiges Signal an die Sozialdemokratie. Diese Partei gewinnt dort, wo die Kandidatin einen neuen Stil pflegt, nahe an den Problemen der Menschen ist und sich von der früheren „Alles ist machbar, Herr Nachbar“-Mentalität absetzt. Im Gegensatz dazu kann ein Uralt-Apparatschik wie Ambrozy nur abstinken.

Javor: Dein Idealismus ist wieder einmal nicht zu bremsen. Gewonnen haben in beiden Bundesländern die Kandidaten, die am besten wahlgekämpft haben. Also es ging um Singen, Saufen, Lächeln, Händeschütteln, Schulterklopfen und nicht um Inhalte, wie du scheinbar immer noch glaubst.

Menasse: Mach mir bitte keine Angst. Wenn das stimmt, gewinnt ja noch Benita Ferrero „Küsschen“ die Wahl und ich muss am Nationalfeiertag bei der Rede des Bundespräsidenten ins Bett flüchten und die Decke über beide Ohren ziehen.

Javor: Das wäre ein furchtbares Zähnefletschen und Kampfgrinsen.

Menasse: Also im Ernst. Es gibt für die weniger privilegierten Menschen in der Gesellschaft inzwischen so viele Probleme durch die schwarz-blaue Regierung, dass es eine wahre Kunst der Opposition ist, diese Regierung noch nicht zur Aufgabe gezwungen zu haben. Burgstaller ist es in Salzburg gelungen, die Widersprüche aufzudecken und sie hat damit einen Sieg der Inhalte gefeiert. Da hat dem Schüssel nicht einmal sein Medienimperium geholfen. Das ist ja auch so ein österreichisches Phänomen: Berlusconi musste sich die Fernsehstationen in Italien um viel Geld kaufen, Schüssel hat den ORF umsonst bekommen.

Javor: Wie auch immer, ich bleibe dabei, bei Wahlkämpfen geht es nicht um Politik, sondern um Show. Oder glaubst du, Schwarzenegger hat wegen seiner Inhalte gewonnen. Auch in den USA siegt nicht der, der Gerechtigkeit, Frieden und Wohlstand tatsächlich brächte, sondern der, der das am glaubwürdigsten verspricht.

Menasse: Du meinst schon wieder, bereits vor den Wahlen besser als alle anderen zu wissen, was im Busch ist.

Javor: Bis November ist zwar noch viel Zeit, aber ich bin wirklich der Auffassung, dass Bush das Rennen machen wird. In den europäischen Medien wird die Stimmungslage in den USA nicht richtig dargestellt. Da kommt viel Wunschdenken durch. Die Wahl hängt überdies vor allem davon ab, wie die wirtschaftliche Lage im Spätherbst sein wird.

Menasse: Ich würde mir wünschen, dass im Spätherbst die Blätter des Busches sich färben und abfallen. Mein Wahlmotto: Carry on Kerry.

Javor: Egal wie es ausgeht, schuld daran werden wir Juden sein. Entweder werden die Leute sagen, dass Bush wegen seiner Israelfreundlichen Politik von der allmächtigen jüdischen Lobby gemacht wurde, oder sie werden die jüdischen Großeltern von John Kerry ins Treffen führen.

Menasse: Na, da ist in Salzburg und Kärnten wenig Gefahr, dass sie irgendwo jüdische Spuren finden.

Javor: Der Ausgang der Wahlen in den USA ist für die Welt und für uns Juden allerdings auch von größerer Bedeutung als österreichische Regionalwahlen. Und außerdem sage ich dir: Sindelar hin, Sindelar her, wirklich wichtig ist nur, dass die Grün-Weißen nicht Meister werden. Weil irgendwo gibt es Grenzen des schlechten Geschmacks.

Menasse: Danke, mein Freund, für diese Abschlussbemerkung. So können wir doch noch in tiefer Eintracht unser Dajgezzen beenden.

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