„Shalom Alaikum“ – Globalisierung in der Flüchtlingshilfe

Eine New Yorker Gruppe von ganzheitlichen TherapeutInnen kam nach Wien, um in der Flüchtlingsbetreuung auszuhelfen.
VON HERBERT VOGLMAYR

Von New York nach Wien fliegen, in eines der Flüchtlingshäuser gehen, kurz mit einem der Organisatoren sprechen, dann zehn Tage lang kostenlos und völlig unkonventionell bis zum Umfallen arbeiten und wieder zurückfliegen. Das war der Urlaub von Birgit Nagele, Wendy Henry und Shawn Cuddy, die zu einer New Yorker Gruppe von ganzheitlichen Therapeuten gehören und über Weihnachten 2015 für zehn Tage nach Wien gekommen sind, um in der Flüchtlingsbetreuung auszuhelfen – in Häusern der katholischen Hilfsorganisation Caritas, Rotem Kreuz, Arbeiter-Samariterbund und der jüdischen Freiwilligen-Initiative „Shalom Alaikum“. Wohnen und essen konnten sie bei Gastfamilien.

Mit Therapiemethoden der Traditionellen Chinesischen Medizin (Akupressur, Yoga- und Meditationstechniken, Tai Chi-Übungen, Reflexzonenmassage, Atemtechniken) versuchten sie, den Flüchtlingen (vor allem Kindern und deren Eltern) den extremen Stress der Flucht und oft auch traumatische Erlebnisse erträglicher zu machen und ihre Gesundheit zu stärken. Darüber hinaus bildeten sie andere Freiwillige in ihren Methoden aus, um damit einen Multiplikatoreffekt zu erzielen. Mohammad aus Afghanistan lässt sich von Birgit die Handreflexzonen-Massage beibringen, ein Bekannter von Wendy, den sie aus einem Workshop in Slowenien kennt, bringt ein Stück Knetmasse mit, um Diagramme von Hand- und Ohr-Reflexzonen plastisch darzustellen und damit die Einschulung zu erleichtern. In einem der Häuser treffen sie Mori, einen Yogalehrer aus dem Iran, der längere Zeit in Nepal gelebt hat. „Wir sind hoch erfreut“, schreibt Wendy in einem E-Mail-Bericht, „dass Mori sich uns anschließen wird. Wir werden in seiner kleinen Wohnung unseren Workshop veranstalten und ihn bei seinen Yoga- und Meditationskursen unterstützen. Unsere Absicht ist es, mehr und mehr ‚wellness work‘ in die Flüchtlingshäuser zu bringen“.

Serving Those Who Serve

Die Reise nach Wien wurde über STWS, einen Zusammenschluss ganzheitlicher Therapeuten in New York, mit Spendenaufrufen im Internet finanziert. Die Nonprofit-Organisation STWS (Serving Those Who Serve, www.stws.org) wurde nach den Terroranschlägen vom 11. 9. 2001 auf die Türme des World Trade Centers gegründet, um Opfer und Helfer zu betreuen. Mittlerweile sind an die 3.000 Personen der 11/9-Gemeinde durch ihre Programme gegangen, von denen viele nach wie vor einer therapeutischen Betreuung bedürfen. Darüber hinaus werden Betroffene von Hurrikans wie Katrina und Sandy oder der BP-Ölpest im Golf von Mexiko betreut sowie Personal und Veteranen der US-Armee, die mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben, weil sie Umweltgiften oder anderen von Menschen verursachten Naturkatastrophen ausgesetzt waren. Der Direktor von STWS, Jose Mestre, ist Psychotherapeut und arbeitet im New Yorker Stadtteil Queens mit Flüchtlingen und Immigranten. Er war früher selbst Flüchtling und bezieht die Motivation für seine Arbeit daraus, dass es „zu einem wesentlichen Teil Flüchtlinge und Immigranten waren, die Amerika groß gemacht haben.“

Birgit – von einem Facebook- Freund über die Flüchtlingskrise in Europa informiert – war bereits im Oktober 2015 in Wien und arbeitete im „Kids Corner“ am Westbahnhof mit Kindern und ihren Eltern. Roland Reisinger, der Organisator des „Kids Corner“, sagte ihr am letzten Tag: „Sie sind wirklich gut in dem, was Sie machen, wir werden Sie vermissen.“ Motivation genug, um zu Weihnachten mit Verstärkung wieder zu kommen. Letzten Informationen zufolge ist mittlerweile schon an eine neuerliche Wiederkehr gedacht, es gibt bereits weitere Interessenten zur Verstärkung des Teams. Gut so, die Flüchtlingsfrage wird uns ja noch eine Weile beschäftigen.

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