Nicolas Sarkozy – ein Freund im Elysée?

Frankreichs neuer Präsident bekennt sich zu jüdischen Wurzeln. Unter Frankreichs Juden, einst mehrheitlich links angesiedelt, errang Sarkozy überdurchschnittliche Zustimmung. In der Euphorie gehen erste Warnungen unter.
Eine Analyse von Dany Leder

Der Fall erregte in Frankreichs Öffentlichkeit nur begrenztes Aufsehen. Am 27. Oktober des Vorjahrs wurde René Dahan, 58, als er seine Wohnungstür in der Vorstadt Nogent bei Paris öffnete, von drei bewaffneten und maskierten Männern überrascht. Er sei, so Dahan, in seine Wohnung zurückgestoßen worden, einer der Maskierten habe ihn niedergerempelt und zu würgen begonnen. Die beiden anderen schlugen seine Lebensgefährtin.

Dahan gelang es, seinem Gegner die Pistole zu entwinden. Er feuerte, der Schuss landete im Plafond. Die zwei Komplizen flüchteten durch die Wohnungstür. Der Mann, mit dem Dahan gekämpft hatte, lief zu einem Fenster. Dahan schoss ihm hinterher. Tödlich getroffen fiel der Flüchtende kopfüber in den Hof.

Unter dem Verdacht der Notwehrüberschreitung kam Dahan in U-Haft. Zwei Wochen später schrieb Nicolas Sarkozy, damals Innenminister, an den Justizminister: „Unsere Mitbürger können nicht verstehen, dass ein ehrlicher Mann, der in seiner Wohnung mit einer Waffe bedroht wird und um das Leben seiner Frau fürchtet, dafür auch noch angeklagt und inhaftiert wird.“ Daraufhin kam Dahan frei.

Zuletzt hatte es ähnliche Fälle gegeben, in denen Überfallene unter Verdacht auf Notwehrüberschreitung inhaftiert, unter Druck der Öffentlichkeit aber wieder freigelassen wurden. Beim Überfall in Nogent rankte sich aber eine besondere Symbolik um die Beteiligten. Dahan betreibt in der Pariser Innenstadt ein Konfektionsgeschäft, zu dessen Stammkunden Kommissare der Pariser Kripo zählen. Einer der beiden festgenommenen Täter, ein junger Franko-Araber, erklärte, sie hätten Dahan aufgelauert, weil er ein „mit Moneten vollgestopfter Jude“ sei.

Der erschossene Täter, Pascal Hilaire, 26, stammte aus einer franko-karibischen Familie. Sein Bruder empörte sich über das Eingreifen von Sarkozy: „Was Pascal getan hat, ist unentschuldbar. Aber es kann nicht zweierlei Justiz geben. Eine für die, die Einfluss und Geld haben, und eine für die Armen. Pascal hatte 10.000 Euro Mietschulden.“ Die sozialistische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal forderte von ihrem damaligen Rivalen Sarkozy, er solle „aufhören, das Unglück der Menschen auszuschlachten“.

Wie kaum ein anderer Vorfall verwob diese Affäre jenes Knäuel an Problemen, Ressentiments und Ängsten, das sechs Monate später zum überragenden Wahlsieg von Sarkozy und seinem noch viel erfolgreicheren Abschneiden unter jüdischen Wählern beitragen sollte.

Dahans Geschäft befindet sich auf dem Boulevard Voltaire. Dort hatte eine Bande junger Vorstädter im Januar 2006 einen Verkäufer in einem Telefonladen, den 23-jährigen Ilan Halimi, ausgekundschaftet. Ein Mädchen lockte Halimi in eine Falle. Er wurde drei Wochen im Keller eines Plattenbaus gefangen gehalten. „Ich wollte einen Juden entführen, weil diese Gemeinschaft Geld hat“, erklärte der Chef der Entführer, der 26 jährige Franko-Afrikaner Youssouf Fofana. Aber Halimis Mutter, eine kleine Angestellte und Alleinerzieherin von drei Kindern, konnte das geforderte Lösegeld nicht schnell genug auftreiben. Ihr Sohn wurde zu Tode gefoltert.

Moslems beteiligten sich zwar an einem örtlichen Trauermarsch, dieses Verbrechen vertiefte aber die Kluft wischen der jüdischen Minderheit und der Migranten-jugend. Die Entführerbande bestand hauptsächlich aus jungen franko-arabischen und franko-afrikanischen Moslems (wie Fofana) beziehungsweise zum Islam konvertierten Jugendlichen aus (christlichen) Familien, die von den französischen Karibik-Inseln stammen.

In den Wochen danach häuften sich sogar wieder die Tätlichkeiten gegen Juden in Vororten. Ein bedeutender Teil der französischen Bevölkerung teilte zu diesem Zeitpunkt bereits ein Gefühl des Überdrusses gegenüber den chronischen Gewaltausbrüchen, dem Vandalismus und der alltäglichen Kleinkriminalität, die von städtischen Randsiedlungen in ganz Frankreich ausgingen.

Mit zunehmende Ärger quittierten Teile der Mehrheits-bevölkerung die Verweise auf die sozialen Ursachen: dass Frankreich seit über zwanzig Jahren eine der höchsten Jugendarbeitslosenraten der EU aufweist, dass die Beschäftigungslosigkeit bei Jugendlichen aus Migranten-familien doppelt so hoch wie im Gesamtschnitt ist, dass man als junger Franko-Araber oder Franko-Afrikaner unter Diskriminierungen bei der Job- und Wohnungsvergabe leidet, dass man häufig Ausweiskontrollen, Beleidigungen und Übergriffe durch die Polizei erdulden muss.

Sarkozy drehte diesbezüglich die geläufigen Erklärungs-muster um. Er konzedierte zwar, dass es eine besondere Benachteiligung der Migrantenkinder gebe, weshalb er die Einführung des in den USA praktizierten Systems der „affirmative action“ erwog, also Quoten für Bewerber aus benachteiligten Gruppen. Gleichzeitig meinte Sarkozy aber auch, das herkömmliche System der sozialen Stützen („Assistenzwirtschaft“) hätte im Verbund mit der Jugendkriminalität in den Vororten die Arbeitsbereitschaft untergraben und die Unternehmerinitiative zum Still-stand gebracht, weshalb die Arbeitslosigkeit anhalte. Schärfere Polizei- und Justizmaßnahmen würden den „anständigen und fleißigen Bürgern“ wieder die nötigen Entfaltungsmöglichkeiten verschaffen.

Ein jüdischer Gemeindevorsteher: „Sarkozy fühlt wie wir“ Das griff allgemein, in noch höherem Maß aber unter Wählern mit jüdischem Hintergrund. Die annähernd 600.000 Menschen, die man in Frankreich – unter anderem – mit diesem Begriff kennzeichnen könnte, sind natürlich weder politisch noch sozial über einen Kamm zu scheren. Die lange Tradition engagierter Juden in der Linken ist nicht erloschen: Juden zählen zu den engsten Vertrauten von Ségolène Royal. Ihre beiden Rivalen an der Parteispitze, Dominique Strauss-Kahn und Laurent Fabius, stammen aus jüdischen Familien. In den Antirassismus-Organisationen, von denen sich einige heftig gegen Sarkozy einsetzten, gibt es zahllose Aktivisten jüdischer Herkunft.

Aber die Mehrheit der bekennenden Juden rückte nach rechts. In Israel, wo die Franko-Israelis für die französischen Präsidentenwahlen stimmberechtigt waren, erzielte Sarkozy 90,7 Prozent (allerdings betrug die Wahlbeteiligung nur 18,9 Prozent). In Frankreich hatten sich schon 2006 bei einer Umfrage 65 Prozent jener Personen, die sich als Juden deklarierten, für Sarkozy ausgesprochen. 57 Prozent bekannten sich im Parteienspektrum zur rechten Mitte oder zu den Konservativen. Noch 2002 waren das bloß 24 Prozent gewesen.

Um Sarkozy sammelten sich Persönlichkeiten mit hohem Symbolgehalt für Frankreichs Juden, wie etwa der 41-jährige Rechtsanwalt Arno Klarsfeld. Der Sohn von Serge und Beate Klarsfeld (die bei der Suche nach NS-Verbrechern eine ähnliche Funktion wie Simon Wiesenthal erfüllten) hatte selber eine prominente Rolle im letzten großen Verfahren gegen einen Spitzenbeamten des Kollaborationsregimes. Der attraktive, medienwirksame Arno Klarsfeld entfaltete ein vielfältiges Engagement. Er verfasste ein Buch über den Völkermord in Ruanda, er diente im israelischen Grenzschutz. Er beriet Sarkozy in Migrations-Angelegenheiten.

Peinliche Lobgesänge
Mit peinlichen Lobgesängen auf Sarkozy trat der Schlagerstar Enrico Macias in Erscheinung, der aus einer jüdischen Musikerdynastie aus Algerien stammt. Macias stand ursprünglich der SP nahe. Aber in der Zwischenzeit hatte die Welle antijüdischer Gewaltakte das Vertrauen vieler Juden auch in die gemäßigte Linke erschüttert. Die Linksregierung, bis April 2002 im Amt, hatte anfänglich, so wie der Großteil der Öffentlichkeit, zu zögerlich auf den für sie überraschenden Judenhass eines Teils der Migrantenjugend reagiert.

Die Schwierigkeit, insbesondere für Politiker, Lehrer oder Journalisten aus jüdischen Familien, bestand darin, die spezifische antijüdische Aggressivität aus dem Kontext der allgemeinen, blindwütigen Jugendgewalt herauszuschälen. Obendrein konnten sich etliche Vertreter der Linken kaum dazu durchringen, gegen sozial benachteiligte Migrantenfamilien Partei zu ergreifen. Die linksalternative Szene wurde durch ihr propalästinensisches Engagement dazu verleitet, antijüdische Taten weitgehend auszublenden.

Es war Jacques Chirac, der als Erster die klarsten Worte fand: „Wer einen Juden angreift, greift Frankreich an.“ Der bürgerliche Staatschef hatte als Fürsprecher der Palästinenser und als Gegner der US-Intervention im Irak enormes Prestige in der arabischen Welt errungen. Er wollte aber seinen Nahost-Kurs keinesfalls als Ermutigung antijüdischer Gewalt in Frankreich erscheinen lassen. Nach einer ersten Phase des Zögerns reagierten die allermeisten Politiker, die Behörden und die tonangebenden Medien schnell und scharf auf Attacken gegen Juden. Aber Sarkozys Reaktion war da noch von einer anderen Qualität. Er prägte den Satz: „Man sollte angesichts des Antisemitismus nicht versuchen, besonders klug zu sein und nach Erklärungen zu suchen. Der Antisemitismus bedarf keiner Erklärung, er wird bekämpft.“

Dem Magazin „Marianne“, das eine Reportage über den Erfolg von Sarkozy unter Frankreichs Juden veröffentlichte, offenbarte ein Gemeindevorsteher: „Er ist nicht nur Politiker, er fühlt die Dinge wie wir.“ Dieses Lob galt ebenso Sarkozys außenpolitischen Stellungnahmen. Er trotzte der französischen Mehrheitsmeinung, als er anfänglich Verständnis für die US-Intervention im Irak signalisierte. Vor allem aber zeigte sich Sarkozy zumindest so Israel-freundlich wie Chirac pro-palästinensisch.

Geliebter Großvater, verachteter Vater
In Glaubensfragen gab sich Sarkozy als praktizierender Katholik zu erkennen, den „der Gang mit der Familie in die Kirche in Sicherheit wiegt“. Diese Selbstdarstellung ergänzte Sarkozy mitten im Wahlkampf. Auf einer Versammlung kam er auf den Weltkrieg zu sprechen und erwähnte seinen Großvater: „der Jude aus Saloniki, den ich leidenschaftlich liebte“.

Der heute 52 jährige Sarkozy wurde in einer katholischen Privatschule erzogen. Er ist der Sohn eines aus Ungarn nach dem Krieg geflüchteten Landadeligen und einer Pariserin, beide Christen. Vater Sarkozy, ein exzentrischer Blender, hatte seine Frau und seine drei Söhne stehen gelassen, als Nicolas fünf Jahre alt war. Die energische Mutter nahm ihr abgebrochenes Jusstudium wieder auf und wurde Rechtsanwältin. Gemeinsam mit ihrem Vater, einem Arzt, sorgte sie für die Söhne, für die ihr geschiedener Mann keine Unterhaltszahlungen leistete.

Ihr Vater, Benedict Mallah, der einer jüdischen Familie aus Griechenland entstammte, war vor dem Ersten Weltkrieg eingewandert. Er konvertierte 1918 zum Katholizismus, als er eine junge Kriegswitwe heiratete. Mit der deutschen Besetzung 1940 wurde Mallah wieder von seiner jüdischen Herkunft eingeholt. Er fand Unterschlupf in Südfrankreich, wo er die Résistance unterstützte.

Danach fiel wieder der Schatten des Vergessens über dieses Kapitel: „Bezüglich unserer jüdischen Abstammung herrschte bei uns das Gesetz des Schweigens“, erklärte einer der Brüder von Nicolas Sarkozy den Autoren einer Familienbiographie*. Allerdings vermittelte Mallah dem Enkel Nicolas seine Bewunderung für Charles De Gaulles, dem allerersten militärischen Gegner Mallah, darin stimmen alle Zeugnisse überein, war ein bescheiden auftretender Arzt, der bedürftige Patienten kostenlos pflegte und in seiner Familie eine diskrete, aber strenge Autorität ausübte.

Als sich sein ungarischer Schwiegersohn von seiner Familie trennte, übernahm Mallah de facto die Vaterrolle für die drei Söhne seiner Tochter. Der heranwachsende Nicolas entwickelte zu diesem verlässlichen Großvater eine umso innigere Beziehung als er seinen launigen Vater verachtete. Die Mutter arrangierte zwar Treffen zwischen dem geschiedenen Mann und den Kindern. Diese gerieten aber in Streit mit ihrem Vater, der keine Verantwortung übernahm und trotzdem das strenge Familienoberhaupt mimte.

Aber während sich zwei Söhne mit dem Vater versöhnten (einer gab später seinen eigenen Kindern ungarische Vornamen), hielt die gegenseitige Abneigung zwischen Nicolas und seinem Vater an. Nicolas war im Gegensatz zu seinen Brüdern gegen gutbürgerliche Konventionen allergisch. Der Vater hielt den kleinwüchsigen Nicolas für einen Versager, er bevorzugte seine Brüder, artige Chorknaben und später besonders zielstrebige Studenten.

Keiner der bisherigen Biographen der Sarkozys wagt die Schlussfolgerung, aber sie ist naheliegend: In seiner Familie beansprucht Nicolas Sarkozy ein moralisches Vermächtnis, von dem er vermutlich glaubt, dass es seinem jüdischen Großvater gerecht wird.

1994 veröffentlichte Sarkozy ein Buch über den legendären Vorkriegspolitiker Georges Mandel, einen konservativen Patrioten aus jüdischer Familie, der 1944 von der Kollaborationsmiliz erschossen wurde. 1996 heiratete Sarkozy in zweiter Ehe Cecilia Ciganer-Albeniz, die katholisch erzogene Tochter eines jüdischen Migranten aus Russland und einer Spanierin.

Antisemitische Schmähungen gegenüber Sarkozy gab es bisher nur von Seiten winziger islamistischer und rechtsextremer Kreise. Ja sogar Sarkozys eigene Bekenntnisse zu seinen jüdischen Wurzeln fanden in den Medien keine sonderliche Erwähnung, so als wollten Frankreichs Journalisten sich aus guten Gründen auf keine entsprechende Typologisierung von Sarkozy einlassen. Selbst der Rechtsaußen-Tribun Jean-Marie Le Pen begnügte sich damit, Sarkozy als „Ungarn“ abzustempeln

Untergriffige Kampagne
An Frankreichs Staatsspitze standen bisher zwei mal Juden: der Sozialist Léon Blum (das französische Gegenstück zu Otto Bauer), der vor dem Krieg die erste Linksregierung leitete. Und Pierre Mendés-France, ebenfalls ein moderater Linker, der 1954 den Abzug Frankreichs aus Indochina bewerkstelligte. Neben diesen Persönlichkeiten, die in Frankreichs Gedächtniskultur als Ikonen politischer Tugendhaftigkeit gelten, nimmt sich Sarkozy weniger vornehm aus.

Auch im Vergleich mit den Gepflogenheiten konservativer Politiker der letzten Jahrzehnte in Frankreich führte Sarkozy eine ungewöhnlich untergriffige und rechtslastige Kampagne. Seine Fürsprecher aus liberalen Intellektuellenkreisen nahmen diese Kampagne als Preis dafür in Kauf, dass es Sarkozy gelang, Le Pen mehr als ein Drittel seiner Wähler abspenstig zu machen. Außerdem bekannte sich Sarkozy zu einer Politik der fortgesetzten Einwanderung und Einbürgerung von Migranten – und das mit berührenden Worten und einem Konzept, das vergleichsweise in Österreich nicht als „rechts“ eingestuft würde.

Es besteht freilich kein Zweifel an Sarkozys Hang zu Jähzorn und Unduldsamkeit. Einem seiner ehemaligen Ministerkollegen drohte er die „Fresse einzuschlagen“. Den Leitern eines staatlichen TV-Senders, die ihn nicht beflissen genug empfangen hatten, kündigte er an, er werde bei ihnen „aufräumen“. Über einen befreundeten Industriellen und Haupteigner der Illustrierten „Paris Match“ erwirkte er die Entlassung ihres Chefredakteurs. Die Zeitschrift hatte eine Coverstory über eine außereheliche Beziehung von Sarkozys Frau, Cécilia, veröffentlicht.

Diese Verquickung zwischen Sarkozy und den mächtigsten Unternehmern, sein ungenierter Umgang mit Showstars, die sich auf der Flucht vor der Steuer in der Schweiz oder Belgien einbürgern ließen, all dies hat berlusconische Züge.

Während seiner politischen Lehr-jahre als Bürgermeister des Millionärs-refugiums Neuilly bei Paris leistete er sich so manchen dubiosen Winkelzug. Seine örtlichen Gefährten zählen zum korruptesten Flügel der spätgaullistischen Bewegung.

Dreitägige „Schande“
Nach seinem Wahlsieg im Mai leistete sich Sarkozy einen – für Frankreich ungewöhnlichen – glamourösen Einstieg. Erst hatte er verlauten lassen, er werde sich in der Abgeschiedenheit eines Klosters von der Bürde seines Amts „durchdringen lassen“. Doch dann ließ er sich mit seiner Familie in einem Luxushotel auf Einladung des befreundeten Besitzers beherbergen, im Privatjet eines befreundeten Industriellen nach Malta fliegen und ließ es sich auf der Jacht des selbigen Unternehmer gut gehen.

Das schadete ihm aber nicht, viele Franzosen sahen darin ein Beispiel ansteckender Lebensfreude. Die Öffnung seiner Regierung hin zu Persönlichkeiten der Linken und seine überraschend sozialpartnerschaftlichen Töne gegenüber den Gewerkschaften wirkten beruhigend. Seine Vitalität vermittelte den Eindruck, er werde die Angststarre der französischen Gesellschaft überwinden und nationale Trübsaal der letzten Jahre hinwegfegen.

Bei Sarkozys jüdischen Wählern dürfte Genugtuung darüber herrschen, sich im allgemeinen Stimmungstrend wiederzufinden.

Wären da nicht wieder die professionellen Pessimisten. Alain Finkielkraut, der trübsinnigste aller jüdischen Intellektuellen Frankreichs, hatte während des Wahlkampfs gegenüber Sarkozy (der ihn einst gelobt hatte) eine Position wohlwollender Erwartung eingenommen. Kaum war Sarkozys dreitägige Jachteskapade beendet, stieß Finkielkraut eine erste Warnung auf der Meinungsseite des „Le Monde“ aus: „Man kann nicht Lobhymnen auf den unparteiischen Staat anstimmen und sein Amt damit beginnen, dass man die Wohltaten eines Wirtschaftsmagnaten akzeptiert … Nicolas Sarkozy hat uns drei Tage Schande bereitet.“

* Pascale Nivelle, Elise Karlin: Les Sarkozy – une famille française. Erschienen bei Calmann-Lévy, Paris 2006.

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