Massaker in Usbekistan – und Österreich ist empört

Von Martin Engelberg

In der Stadt Andischan im Osten Usbekistans haben am 13. Mai 2005 schwerbewaffnete Armeekräfte das Feuer gegen Demonstranten eröffnet. Die Neue Zürcher Zeitung berichtete: „Maschinengewehrsalven und Angstschreie schallen über den zentralen Platz von Andischan, als am Abend ein Kugelhagel auf die Demonstranten in der usbekischen Stadt niedergeht. Soldaten in Panzerwagen, die in hohem Tempo an der Demonstration vorbeifahren, schießen aus Maschinengewehren auf die in Panik flüchtenden Menschen.“ Man geht davon aus, dass hunderte unbewaffnete Zivilisten an diesem Tag den Tod fanden. Diese und ähnlich lautende Berichte gingen durch alle Medien und lösten in Österreich einen Sturm der Entrüstung aus. Fritz Edlinger, Generalsekretär der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen, fand wie immer die schärfsten Worte und meinte, „die Welt verurteilt voller Abscheu und Empörung die Verbrechen der usbekischen Armee in Andischan“. Folgerichtig appellierte Edlinger an die österreichische Regierung und die im Nationalrat vertretenen Parteien, „den österreichischen Botschafter in Usbekistan zur sofortigen Berichterstattung nach Wien zurückzurufen“. Die Regierung solle sich außerdem in der EU und bei den Vereinten Nationen für die sofortige Entsendung internationaler Beobachter unter Oberhoheit der UNO einsetzen. Ulrike Lunacek, außenpolitische Sprecherin der Grünen, lud eine führende Demonstrantin sofort zu den Sommergesprächen der Grünen ein, um einer breiten Öffentlichkeit in Österreich die Möglichkeit zu geben, sich über das Massaker in Andischan zu informieren. FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner forderte die Bundesregierung auf, den usbekischen Botschafter in Wien ins Außenamt zu zitieren. Da die usbekische Regierung offenbar nicht von ihrer „gegen jede Rechtsstaatlichkeit gerichtete Politik“ abgehen wolle, dürfe man nicht einfach den Blick abwenden und zur Tagesordnung übergehen. Karl Blecha, Chef des SPÖ-Pensionistenverbandes, appellierte an die internationale Staatengemeinschaft, ihre Anstrengungen wesentlich zu verstärken, Usbekistan von diesem extrem gefährlichen Weg abzubringen. Blecha sprach zudem von einer „usbekischen Tradition“ der Wortbrüche und betonte, dass die Geschehnisse von Andischan die Usbeken als das entlarvt hätten, was sie seien , nämlich „Muster eines Unrechtsstaates“. Der Wiener Landtagspräsident Johann Hatzl (SPÖ) begründete auf Radio Wien, weshalb er Islam Karimow, den Staatschef von Usbekistan einen Staatsterroristen nannte: „Ein Staatsterrorist ist einer, der mit der Macht des Staates … Menschen … tötet oder verfolgt.“ Peter Pilz fand zwar, dass Hatzl seine Überzeugungen mit der Geradlinigkeit eines Panzers vertrete und dass eine von Hatzls Hauptüberzeugungen – auch im Falle seiner Kritik an Usbekistan – laute: Alles, was dem Machterhalt der SPÖ in Wien nützt, sei gut. Aber auch Pilz verurteilte den Vorfall und forderte die EU auf, eine klare Antwort zu geben: „Nein. Kein Geld, keine politische Unterstützung und kein Verständnis für den Terrorismus des Islam Karimow.“ „Österreich verurteilt nachdrücklich die unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt durch die usbekischen Sicherheitskräfte in Andischan. Ich bedauere sehr, dass der exzessive Einsatz von Gewalt durch die usbekischen Sicherheitskräfte vielen Menschen das Leben gekostet hat“, ließ Außenministerin Ursula Plassnik (ÖVP) am Rande des Treffens mit den EU-Außenministern verlauten. Oder waren diese kurzen, einsilbigen, sehr zurückhaltenden – zehn Tage nach dem Massaker – geäußerten Worte der Außenministerin womöglich überhaupt die einzige Reaktion, die in Österreich zu vernehmen war? Nun ja, liebe Leserin, lieber Leser, hier die Auflösung: Alle anderen Statements hat NU aus Reaktionen heimischer Politiker zum Vorgehen Israels im Kampf gegen palästinensische Attentäter entnommen.

 

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