Von Peter Menasse
Seit dem Aufstieg der rechtspopulistischen Parteien, die da hießen FPÖ, dann BZÖ, jetzt wieder FPÖ und dazu noch FPK, gab es immer wieder unterschiedliche Meinungen darüber, was Wähler antreibt, solchen Gruppierungen alten Geistes ihre Stimme zu geben.
Pessimisten sahen in der Zustimmung zu Haider und Dörfler, zu den Scheuchs und zu Strache den Beleg dafür, dass die Rechtsextremen in Österreich weiterhin eine große, eine allzu große Gruppe innerhalb der Bevölkerung darstellen. Diese Position meint, dass die meisten der Rechtswähler ihre Entscheidung treffen, gerade weil sie fremdenfeindliche, antisemitische und demokratiefeindliche Aussagen begrüßen und für unterstützenswert halten. Das wäre ein schrecklicher Befund für die Reife unserer Demokratie, wenn tatsächlich bis zu dreißig Prozent der Menschen so dächten und handelten.
Die Optimisten unter uns waren immer der Ansicht, dass es zwar einen Bodensatz an Nazis, Rechtsextremen und anderen Spinnern gibt, die den Jörgen oder Heinz Christianen wegen ihrer politischen Positionen zufallen, dass aber ein Großteil jener Wähler andere Motive hat. Wut, Defätismus und politische Ahnungslosigkeit wären einige davon. Diese Leute wählen die genannten Parteien trotz und nicht wegen deren mieser Aussagen. Nicht weil es gegen Muslime, Ausländer oder Juden geht, sondern weil sie frustriert, verärgert, verbittert den etablierten Parteien einen Denkzettel verpassen wollen. Arg genug, wenn man sich von menschenverachtenden Slogans nicht abgrenzen will, aber dennoch erfreulicher, als wenn wir rund um uns fast ein Drittel Extremisten wüssten.
Dieser Disput, ob Österreich zunehmend zu Positionen einer traurigen Vergangenheit neigt oder ob es nur eine große politische Verwirrung gibt, scheint mit den Landtagswahlen in Niederösterreich und Kärnten beantwortet zu sein. In beiden Bundesländern haben die Wähler klar gegen die FPÖ entschieden.
In Niederösterreich kamen die Freiheitlichen nur mehr auf rund acht Prozent, eine Zahl, auf die wir sehr erfreut hinschauen. Der Protest, den diese Partei sonst einheimst, hat sich mehrheitlich hinter Frank Stronach versammelt, der rund zehn Prozent der Wähler für sich gewann. Wie irrational diese Form des Widerstands gegen die Herrschenden ist, beweist sich daran, dass das Team Stronach kein Parteiprogramm hat und niemand wissen kann, was seine Leute wirklich vorhaben. Die Protestwähler, die sich sonst bei Strache einfinden, ziehen weiter zu Stronach. Das belegt aber, dass die Wutwähler nicht von rechtsextremen Positionen motiviert waren, sondern eben nur der Drang, irgendwie anders zu stimmen, um „denen da oben“ eins auszuwischen. Es schadete Stronach bei diesen Wählern erfreulicherweise auch nicht, dass er im Fernsehen unter anderem mit einer Spende von 750.000 Euro an die Kultusgemeinde warb. Gegen Juden oder für Juden, das ist den Protestierern nicht so wichtig.
In Kärnten sind den Freiheitlichen von den früheren 45 Prozent Haider-Verehrern gerade einmal siebzehn Prozent geblieben. Und damit lässt sich der rechtsextreme Bodensatz in unserem Land schon ziemlich genau eingrenzen. Er liegt offensichtlich irgendwo zwischen den niederösterreichischen acht und den Kärntner siebzehn Prozent mit jeweils regionalen Unterschieden und Ausreißern.
Das kann uns einerseits beruhigen, ist aber andererseits noch keine wirkliche Gewähr für die Zukunft. Sollte sich Herr Stronach aus Altersgründen oder aus Enttäuschung über die seiner Meinung nach unbefriedigenden Wahlergebnisse seiner Gruppe zu einem Rückzug aus der Politik entscheiden, bliebe das Feld der Proteststimmen erneut der FPÖ überlassen.
Wir können also einerseits etwas ruhiger sein, was die Anzahl der Wähler betrifft, die demokratiefeindliche Argumente goutieren, aber wirklich beruhigend wäre erst eine Politik der Parteien der Mitte, die sich jener Gruppen annimmt, die Verlierer in unseren wirtschaftlich angespannten Zeiten sind und die sich selbst nicht anders helfen können, als ihrem Zorn durch ein Kreuz bei den sich als Retter anbietenden Rechten Ausdruck zu geben.
Eine Alternative wäre wohl auch eine andere Art von Opposition. Hier sind die Grünen gefragt, die mehr als bisher die großen, drängenden Themen, allen voran die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, aufgreifen müssten, um endlich einen Fuß auf den Boden, soll heißen, mehr Zustimmung auf den Wahlzetteln zu bekommen.
Es gibt weniger Rechtsextreme, als Pessimisten befürchten. Entwarnung vor einem neuerlichen Triumph der rechten Parteien kann leider aber auch nicht gegeben werden.