Harvard liegt auch in Israel

Multinational, mit prominenten Vortragenden und einem hochpolitischen Anspruch: das „Interdisciplinary Center Herzliya“ will die kommende Elite Israels ausbilden. Warum das gelingen könnte.
Von Daniel Javor

Es ist ein sonniger Tag, Studenten liegen im Gras oder lesen im Schatten der Palmenbäume. Andere sitzen in der Cafeteria, trinken Kaffee, streiten, lachen, diskutieren. Rechts an einem Tisch sitzen drei hübsche Mädchen und sprechen französisch miteinander. Die in der Mitte ist besonders hübsch. Plötzlich tippt ein Student ihnen auf die Schulter. Die Freundin des Mädchens dreht sich um und sagt auf Hebräisch, er soll doch woanders sein Glück versuchen, denn dieses Mädchen sei schon vergeben. Enttäuscht geht der verhinderte Casanova weiter zur Kassa, um seinen Kaffee zu bezahlen. Neben ihm in der Schlange hört er zwei Studenten Deutsch sprechen. Weiter hinten hört man etwas Spanisch, nebenan diskutieren zwei Italiener lautstark auf Italienisch. Der Kellner im Café verabschiedet ihn mit einem netten „Thank you“.

Nein, diese Szene spielt sich nicht in einem Club Med auf den Bahamas ab, sondern auf dem Campus einer Universität. Das ist das multinationale Alltagsleben des „Interdisciplinary Centers Herzliya“ (IDC), der ersten privaten Universität Israels. Sie wurde im Jahre 1994 von Prof. Uriel Reichman, ehemals Dekan der juristischen Fakultät der Universität Tel Aviv, gegründet. Heute studieren an der Universität 3.000 Studenten für den ersten akademischen Grad, den Bachelor, und 4.000 Studenten für den zweiten akademischen Grad, den Master. Diese Studenten sind an sechs Schulen des IDC inskribiert: Arison School of Business, Efi Arazi School of Computer Science; Lauder School of Government, Diplomacy and Strategy; Radzyner School of Law; Raphael Recanati International School und Sammy Ofer School of Communications.

Das IDC Herzliya hat sich in den elf Jahren seines Bestehens in Lehre und Forschung einen hervorragenden Ruf unter den internationalen Privathochschulen erworben. Nicht zuletzt deshalb wird das IDC von einer Reihe namhafter Persönlichkeiten der internationalen Wirtschaftselite unterstützt und gefördert. „Die Familien Recanati, Ofer, Lauder, Arazi, Zell, Arison, Dunkner, und Radzyner, unter vielen anderen, fördern und unterstützen uns finanziell“, sagt Jonathan Davis‘ Kopf der Raphael Recanati International School und Vizepräsident für außerbetriebliche Angelegenheiten. „Dazu kommen finanzielle Geschenke von führenden Banken und finanziellen Institutionen.“

Für das staatliche akademische System Israels stellt das IDC eine echte Herausforderung dar. Denn die Gründung war von der Überzeugung geprägt, dass eine von öffentlicher Finanzierung und von staatlichem Einfluss unabhängige Hochschule einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung und zur Veränderung der israelischen Gesellschaft leisten kann. Das IDC versteht sich daher als Ausbildungsstätte der kommenden israelischen – und internationalen – Führungselite in Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Politik. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, bietet das IDC Forschung und Lehre auf höchstem Niveau. Diese Qualität wird durch einen hervorragenden Lehrkörper gewährleistet, der aus international renommierten Professoren und Experten besteht.

„Professor Uriel Procaccia, der ehemalige Justizminister Aharon Barak, ehemaliger Bildungsminister Amnon Rubinstein und seit kurzem der beliebteste Lehrer an Harvard, Dr. Tal Ben-Shahar, unterrichten bei uns, nur um einige Namen zu nennen“, erklärt Mr. Jonathan Davis stolz. IDC ist eine private Bildungsinstitution, die ein durchaus politisches Ziel verfolgt: Auch das ist ungewöhnlich im Hochschulbereich. Ihre Grundidee ist nicht mehr und weniger, den Zionismus für Israel und die jüdische Welt neu zu erfinden, um die kommenden Herausforderungen und Bedrohungen des 21. Jahrhunderts erfolgreich zu bewältigen. Als Motto gilt „Freiheit und Verantwortung“. Man kombiniert die Ideale der freien Marktwirtschaft mit dem zionistischen Traum.

Die Vermittlung dieses Anspruchs erfolgt zum Beispiel über das seit dem letzten Jahr existierende Hillel Program. Es bietet für alle Studenten außerschulische Aktivitäten an. „Das Hillel Program wird das Leben der Studenten bereichern“, sagt der dafür zuständige Direktor Ishai Ashkenazi. „Es gibt israelischen und internationalen Studenten die Möglichkeit, das jüdische Erbe zu entdecken und auszuüben. Jeder Student hat die Freiheit, persönlich zu entscheiden bis zu welchem Grad.“

Doch wirklich einzigartig in Israel ist die Möglichkeit, einen ersten akademischen Abschluss (Bachelor) in englischer Sprache in Government, Communications oder Business mit 600 Studenten aus 48 verschiedenen Ländern zu absolvieren. Die Recanati International School versucht den Wechsel von einem Heimatland ins andere so sanft wie möglich zu gestalten, ohne dabei an Niveau zu verlieren. Man unterstützt neue internationale Studenten bei der Jobsuche und bietet Wohnungen und Krankenversicherung über das Universitätsbüro an. Als internationaler Student wird man nicht nur in eine akademische Institution als Student aufgenommen, sondern auch als Mitglied einer neuen Familie. Mit dem Abschluss des Bachelors wird der erste Schritt zu einer erfolgreichen Karriere beendet, doch keineswegs der Bezug zur IDC-Familie. Auch nach dem Studium unterstützt das Career Development Center (CDC) die Absolventen und dient als helfende Hand bei der Suche nach angemessenen Berufen nach und während des Studiums. Das CDC dient als Brücke zwischen der Zeit der Ausbildung und des Berufs.

Dafür, dass die Studenten schon während ihres Studiums einen Einblick in die Politik Israels bekommen, sorgt die Herzliya Konferenz, die vom „Institute for Policy and Strategy“ (IPS) an der IDC veranstaltet wird. Heuer im Jänner fand bereits die siebente Tagung dieser Art statt. Generalthema: „Balance of Israel’s National Security“. Behandelt wurde die große Weltpolitik, darunter Fragen zu geostrategischen Trends in der „Global Arena“, die U. S. -Wahlen und ihre potenziellen Kandidaten im Jahr 2008, die steigende Bedrohung durch einen atombewaffneten Iran, die neue deutsche Führung und ihre Rolle in der Europäischen Union sowie die sich ändernde Rolle der NATO. Das Panel war prominent besetzt: US-Verteidigungsminister Gordon England, US-Bildungsministerin Margaret Spellings, der ehemalige CIA-Director James Woolsey, Kanadas Außenminister Peter MacKay, Spaniens Ex-Premier José María Aznar nahmen teil. Anwesend war auch die halbe israelische Regierung, unter anderem Außenministerin Tzipi Livni, Verteidigungsminister Amir Peretz und Bildungsminister Yuli Tamir.

Kontaktmöglichkeiten mit den Entscheidungsträgern der israelischen, europäischen und amerikanischen Politik sind einer der Gründe, warum viele Jugendliche nicht Yale, Oxford oder Harvard, sondern die israelische Version einer Eliteuniversität besuchen. Die meisten kamen alleine nach Israel, doch heute sind sie nicht mehr alleine, sondern sie sind Teil einer großen Gemeinschaft.

Am besten beobachten lässt sich das, wie meist, in der Cafeteria. Sie ist Treffpunkt für junge Leute aus verschiedenen Ländern und Kulturen. Über all diese Monate sind sie zu einer großen Familie zusammengewachsen und haben viel voneinander gelernt. Einige kamen hierher, um nach dem Studium wieder nach Hause zurückzukehren, andere, um in Israel ein neues Leben zu beginnen, und manche wissen noch nicht genau, wohin sie ihr Weg nach dem Studium führen wird. Doch die Freundschaften, die hier entstehen, werden auch in Zukunft über Länder hinaus weiterleben.

Der Autor dieser Geschichte, Daniel Javor (19), studiert selber an der Privatuniversität in Herzliya und steht für Fragen zur Universität gerne zur Verfügung.
Er ist unter der Nummer: 00972 – 542 04 98 64 erreichbar

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