Eine bemerkenswert unkluge Aktion

Von Martin Engelberg

Viele rätselten darüber, was Anas Shakfeh, den Präsidenten der Islamischen Glaubesgemeinschaft, wohl dazu bewogen haben mag, plötzlich eine Moschee mit Minarett für jede Landeshauptstadt zu fordern. Es war eine in jeder Hinsicht bemerkenswert unkluge Aktion.

Allen voran versorgte er die eher schwächelnde Strache-FPÖ mit einem sehnlichst herbeigewünschten, griffigen Wahlkampfthema für die Wiener Wahlen. Zweitens gibt es tatsächlich eine Reihe durchaus legitimer Ängste und Vorbehalte gegenüber neuen Moscheen mit Minaretten. Wieso sind die weithin sichtbaren Minarette immer so wichtig? Sollen sie vielleicht tatsächlich auch ein weithin sichtbares Zeichen der islamischen Vorherrschaft sein? Wieso fordern Muslims in allen westlichen Ländern so vehement den Bau von Moscheen und berufen sich dabei auf die Religionsfreiheit, während sie sich nie kritisch darüber äußern, dass eine solche in der islamischen Welt fast gänzlich fehlt?

Der Bau von Kirchen oder Synagogen zum Beispiel in Saudi-Arabien ist undenkbar. Nicht-Moslems dürfen die Städte Mekka und Medina überhaupt nicht einmal betreten – und das ist nicht Teil der Ideologie von Al-Kaida oder den Islamisten. Nein, das ist das Grundverständnis des Islam.

Was tragen die Vertreter der Moslems dazu bei, dass diese Moscheen, die unter Berufung auf Religionsfreiheit, Toleranz und Offenheit gebaut wurden, dann nicht – wie in vielen Fällen – zu Horten der Islamisten werden, in denen Moslems, vor allem junge Moslems, radikalisiert werden? Wie stehen die Moslems in den jeweiligen westlichen Ländern zur Scharia und dabei vor allem im Verhältnis zu unserem westlichen Rechts- und Wertesystem? Und wieso bleibt schlussendlich immer das Gefühl, dass die muslimischen Gemeinschaften erwarten, dass man ihnen eigentlich viel mehr Empathie und Verständnis entgegenzubringen hat, während sie selber eine solche nur zu oft schmerzlich vermissen lassen – siehe, als ein Beispiel von vielen, den, einigermaßen unsensiblen Wunsch nach Bau eines islamischen Zentrums in der Nähe von Ground Zero in New York.

All diese Argumente können nicht einfach nur mit dem Argument einer Fremden- beziehungsweise Islamfeindlichkeit der westlichen Welt abgetan werden. Nicht zufällig gibt es in diesen Fragen sehr hitzige gesellschaftspolitische Debatten in den USA, in Frankreich, Deutschland, der Schweiz und vielen anderen westlichen Ländern. Was soll also eine Zuspitzung und Polarisierung dieses Themas in einem Land wie Österreich bringen, wo es vergleichsweise eine sehr ruhige und entspannte islamische Religionsgemeinschaft gibt und daher auch einen relativ unaufgeregten Umgang der österreichischen Politik und Gesellschaft mit deren Wünschen und Ansprüchen?

Vielleicht hat sich Shakfeh ja auch Anleihe bei dem Präsidenten der israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, genommen. Geh an die Öffentlichkeit, sei schrill und erhebe möglichst provokante und maximalistische Forderungen. Scher dich nicht um laufende politsche und gesellschaftliche Vorgänge, dann findest du große Beachtung, sogar über die Grenzen Österreichs hinaus. Ganz nebenbei zwingst du mit einer solchen Aktion deine Mitglieder hinter dich – ein sicher nicht ganz unerwünschter Nebeneffekt angesichts bevorstehender Wahlen in der islamischen Gemeinschaft.

Last but not least: Am Ende kriegst du schon irgendetwas zugestanden; frei nach dem Motto – verlange einmal für jede Landeshauptstadt eine Moschee, am Schluss kriegst du sechs, ist auch super.

Bevor Shakfeh jedoch die Strategien unseres Präsidenten Muzicant gänzlich abkupfert, sollte er sich die Unterschiede zwischen der Situation der jüdischen Gemeinde und der muslimischen Gemeinschaft in Österreich gewahr werden. Wie heißt es doch so schön: Nicht alles, was hinkt, ist ein Ver- gleich.

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