Editorial NU 57

Liebe Leserin, lieber Leser,

eine gute Freundin, deren Tochter und Sohn in Israel leben, sagte mir in diesen Tagen, wie sehr sie um ihre Kinder besorgt sei. Sie empfinde ständig Angst um ihre Kinder und Enkelkinder. Sie weiß, dass der Krieg für viele tödliche Endgültigkeit bringen kann, und ihre Furcht wird immer stärker.

Vor einigen Monaten noch waren wir überwältigt und beängstigt bei der Lektüre von Texten über den Ersten Weltkrieg, dessen Ursachen und furchtbare Folgen. Eine regnerische Sommerpause später, und wir befinden uns wieder in der Realität des Krieges, nicht nur in Israel. So schnell geht das.

Um Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser, unsere Gedanken näherzubringen, haben wir mehrere Beiträge zum Nahostkonflikt für Sie vorbereitet: Bericht und Analyse unseres Israel- Korrespondenten Johannes Gerloff werden ergänzt durch ein „Selbstgespräch“ der Autorin Anita Haviv-Horiner aus Tel Aviv, die zum ersten Mal für NU schreibt. Chefredakteur Peter Menasse befasst sich in seinem Leitartikel mit der Frage, was der Konflikt in Österreich verändert hat.

Auch ein Gespräch mit Außenminister Sebastian Kurz kommt jetzt zum richtigen Zeitpunkt, um auf offene Fragen Antworten zu erhalten. Er hat sich trotz außenpolitischer und innerparteilicher Turbulenzen für uns Zeit genommen.

Martin Engelberg informiert mit einem Interview über J-Street, eine US-amerikanische Lobbying- Gruppe, die eine Zweistaatenlösung unterstützt. Aus dem Gespräch mit dem Wiener Peter Frey erfahren wir, wie diese Gruppe die amerikanische Politik beeinflusst. Danielle Spera war in Williamsburg und hat eine spannende Reportage über das „Shtetl“ mitten in Brooklyn geschrieben.

Diesen Sommer spielte sich im schönen Burgenland einiges ab: Die Geige des Fiedlers im Musical Anatevka klang bei Mörbisch über den Neusiedlersee, und weiter im Süden war Peter Menasse bei Andreas Vitásek zu Besuch. Daraus ist eine stimmungsvolle Geschichte entstanden, die den berühmten Kabarettisten und Schauspieler von seiner ganz persönlichen Seite zeigt.

Im Juli war Theodore Bikel auf Hochzeitsreise in Wien. Der Mann, der mehr als 2.000 Mal als Tewje, der Milchmann auf der Bühne stand, blickte für NU auf sein bewegtes und nunmehr 90 Jahre langes Leben zurück. In einem Gespräch mit der Historikerin Hanna Yablonka entdeckt Lukas Wieselberg, was Holocaust- Überlebende stark machte. Und Wolfgang Weisgram rezensiert das Buch von Johann Skocek über das Leben eines solchen starken Mannes, der den Holocaust überlebte: die langjährige gute Seele des Fußballklubs Austria Wien, Norbert Lopper.

Rosch Haschana, das jüdische Neujahr, ist der Eingang zu etwas Neuem. Es gibt uns die Möglichkeit, unsere Sünden abzustreifen und mit den besten Absichten neu zu beginnen. Wir Juden wünschen einander, „eingeschrieben und besiegelt im Buch des Lebens“ zu sein.

Mit diesem Wunsch an Sie alle überreichen wir Ihnen die Rosch Haschana NU-Ausgabe!

Ida Labudovic
Chefin vom Dienst

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