Die Truppe der Ahnungslosen

Von Peter Menasse

Der Schriftsteller Josef Winkler war Ehrengast beim Österreichischen Bibliothekstag und hielt dort eine Rede wider die Kulturlosigkeit. „Öffentliche Büchereien“, sagte er, „sind ein Menschenrecht.“ In Klagenfurt, der Landeshauptstadt von Kärnten gäbe es eine solche nicht, wohl aber ein Fußballstadion, das nur dreimal während der Europameisterschaft 2008 von Nutzen war und seitdem selig dahinschlummert. Allein die anlaufenden Betriebskosten für dieses Denkmal der Misswirtschaft würden ausreichen, um viele Bibliotheken zu finanzieren.

Seine scharfe Kritik galt dem verstorbenen Oberguru aller Rechten, Jörg Haider, der das Land Kärnten nicht nur damit – Stichwort Hypo Alpe Adria – wirtschaftlich verkommen hat lassen.

Das Muster dieser fatalen Unfähigkeit der österreichischen Extremrechten ist seit der ersten Koalition mit FPÖ-Beteiligung bekannt. Eine Partei, die mehr Mandate bekommt, als sie über helle Köpfe verfügt, kann nur Personal ohne ausreichende Qualifikation in Funktionen schicken und Leute, die aus Eigeninteresse zu den blauen Futtertrögen drängen. Wir erinnern uns an einen Justizminister, der nach wenigen Wochen seine Überforderung bekannt gab und zurücktrat. Wir denken an einen Biobauern, der die gesamte Verkehrsinfrastruktur des Landes politisch anleiten sollte. Und wir haben durch die FPÖ- Riege gelernt, was eine Unschuldsvermutung ist.

Wer nicht ganz so dilettantisch agiert hat, wie Krüger, Reichhold oder Forstinger, um nur einige zu nennen, der ist entweder aus der FPÖ-Politik geflüchtet, wie Susanne Riess-Passer oder lässt uns wegen seiner Art der Amtsausübung noch heute unamüsiert schmunzeln, wie die Herren Gorbach oder Haupt.

Und dann gab es die Objekte der Unschuldsvermutung. An erster Stelle soll hier unbedingt Karl-Heinz Grasser genannt sein, der in der Schüssel-Regierung eins noch unter FPÖ firmierte, um sich dann in guter österreichischer Tradition einer die Karriere besser fördernden Partei anzuschließen. Er wurde bekanntlich in die zweite Schüssel-Regierung von der ÖVP nominiert. An ihm lässt sich studieren, wie ernst es die Blauen mit ihrem Bekenntnis zu Österreich nehmen. Geld in Liechtenstein – es gilt die Unschuldsvermutung – alles verkauft, was die Österreicher seit 1945 mit ihrem Steuergeld aufgebaut haben. Geflunkert, was das Nulldefizit betrifft und fein raus auf Kosten jener, die an ihn geglaubt haben.

Mit der Machtübernahme der Partei durch Strache hat sich nichts geändert. Nur ist jetzt noch ein Element dazugekommen. Um im Umfeld des neuen Rechtsrecken hochzusteigen, muss man eine stramme rechte Ideologie verfolgen. Das konnte man beim Personal von Jörg Haider in dieser Strenge nicht erkennen. Nun ist es aber nicht so, dass brave Deutschtümler auch wissen, wie man Wirtschaftspolitik betreibt oder dass einer, der dumme Sprüche über Marokkaner schreibt, sonst noch was zum gesellschaftlichen Wohl beitragen kann. Nein, diese Leute sind aggressiv, menschenfeindlich und werden, wenn sie an die Macht kommen, dieselbe schlechte wirtschaftliche, bildungspolitische, kulturelle oder soziale Performance bieten, wie wir es aus der Zeit der blauen Regierungsbeteiligung kennen.

Siehe auch Martin Graf, der dritte Nationalratspräsident, der für Strache die ganz rechte Ecke abdeckt: An seinem Beispiel lässt sich bestens studieren, welche Leute die FPÖ an vorderster Stelle positioniert. Er vereint die Qualitäten der Ahnungslosen und der Unschuldsvermutungs-Gelter ideal in einer Person.

Im Forschungszentrum Seibersdorf gab es zu seiner Zeit eine Aufnahmepolitik nach dem Motto „Olympia rein, Expertise raus“, die sich mehr nach der Anzahl der Schnitte im Gesicht der Bewerber als nach deren wissenschaftlicher Qualifikation richtete. Gut managen geht anders.

Über seine Tätigkeit als Vorstand einer Stiftung schreibt „Die Presse“: „Eine 90-Jährige wirft dem FPÖ-Politiker Martin Graf vor, sie bei einer Stiftungserrichtung getäuscht zu haben. Ein Experte spricht von einem ‚unüblich geringen Vermögenswert‘.“ Verantwortungsbewusst handeln geht anders.

Und seine seltsame Gesinnung kann als bekannt vorausgesetzt werden. Der Ziehvater der extremen Rechten ist kein tüchtiger Mann, aber er steht Strache-konform so weit rechts, dass neben ihm sich nur mehr der Abgrund auftut. Demokratische Politik geht anders.

So bleibt am Ende die Frage, die gar nicht so sehr mit der fremdenfeindlichen Ideologie, der Menschenverachtung dieser Leute, dem Aufhetzen und Gegeneinanderaufbringen zu tun hat, sondern nur mit den mangelnden Fähigkeiten der FPÖ- Granden zu managen, zu regieren und sich so zu verhalten, dass man ihre Unschuld nicht vermuten müsste, sondern ihrer sicher sein könnte: Wollen die österreichischen Wählerinnen und Wähler wirklich solche Volksvertreter? Sollen das die Leute sein, die es besser machen werden?

Die Meinungsumfragen lassen fürchten, dass nach den Wahlen 2013 erneut die Ahnungslosen und die Vertreter ihrer eigenen wirtschaftlichen Interessen in Ämter kommen werden. Aber wie heißt es so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

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