Der König und ich

Von Harry Bergmann

Es war kurz vor Weihnachten 1964. Ich war Schüler der 3a im Schopenhauer- Gymnasium. Ich war der einzige Jude in der Klasse. Nein, ich war der einzige Jude in der ganzen Schule (siehe unten: South Park, „The lonely Jew on Christmas“).

Es sprach sich wie ein Lauffeuer herum. Kardinal König ist in der Schule und wird eine der Klassen besuchen. Die Tür wird aufgerissen und seine Eminenz plus Entourage stürmen in unsere Klasse. Es geht alles so schnell, dass überhaupt nicht daran zu denken ist, mich rechtzeitig zu „entsorgen“.

Alle sind sie da. Der Kardinal, eine Abordnung der Diözese, der Schuldirektor, der Klassenvorstand und natürlich mein Freund, der Galach (Pfarrer), der Religionslehrer der Klasse. An sich ein netter Mann, Modell „gealterter Barockengel“ mit roten Pausbackerln, Wimpernschlag wie ein Kolibri … leicht gebrochen vom jahrelangen Unterricht.

Unterricht ist gut! Der Einzige, der ihm in all den Jahren zugehört hat, bin ich. Warum? Da ich nicht wusste, wo ich mich eine Stunde lang allein „herumdrehen“ sollte, bin ich einfach im katholischen Religionsunterricht sitzen geblieben. Na und wo ich schon mal da war, habe ich halt aufgepasst (irgendwie amüsierte mich auch der missionarische Eifer, den der Herr Pfarrer mir gegenüber entwickelte).

Aber zurück ins Klassenzimmer. Es dauerte nicht lange und das Unfragbare wurde gefragt. Kardinal König: „Was nehmt ihr denn gerade im Religionsunterricht durch?“ Durchnehmen? Im Religionsunterricht was durchnehmen? Wovon redet der Alte?

Im Klassenzimmer herrschte ein Zustand, den keine Schulreform der Welt hervorbringen kann: Stille, absolute Stille.

Das Gesicht des Schuldirektors wurde immer länger und das des Galachs immer röter, gleichzeitig der Blick zu mir immer flehentlicher.

Natürlich wusste ich, was „wir“ durchgenommen hatten: Matthäus (nicht den Fußballer, den Evangelisten).

Aber warum sollte ausgerechnet ich? Andererseits – der Direktor war auch unser Mathe- Professor und da konnte ein kleiner Bonus – bei G’tt (welcher Fakultät auch immer) nicht schaden.

Also gut. Ich zeige auf. Erzähle dem guten Kardinal, was er hören will: wie man in einigen neutestamentarischen Kapitelchen vom einfachen Zöllner zu einem der zwölf Apostel wird. Erledigt.

Kardinal zufrieden. Direktor dankbar. Galach im Glück. Der weihnachtliche Schulsegen hängt wieder grad.

Wie oft müssen wir uns anhören, dass wir am Karfreitag schuld sind, aber dass wir ihnen manchmal das Weihnachtsfest retten, davon redet keiner.

Harry Bergmann

SOUTH PARK : THE LONELY JEW ON CHRISTMAS
(Video zu finden auf YouTube)
It’s hard to be a Jew on Christmas
My friends won’t let me join in any games …
And I can’t sing Christmas songs
Or decorate a Christmas tree …
Or leave water out for Rudolph
Cos there’s something wrong with me …
My people don’t believe in Jesus Christ’s divinity …
I’m a Jew, a lonely Jew …
on Christmas.
Hanukkah is nice, but why is it,
That Santa passes over my house every year?
And instead of eating ham
I have to eat kosher LATKEES …
Instead of Silent Night
I’m singing hou-hazch-tou-gavish …
And what the fuck is up
With lighting all these fucking candles, tell me please?
I’m a Jew, a lonely Jew …
I’d be merry but I’m Hebrew, on Christmas …

Die mobile Version verlassen