Das Image Israels – Anlass zu Sorge und Nachdenklichkeit

Von Martin Engelberg

Das Image Israels ist wieder einmal zerzaust. Negativer als Israel werden gerade noch der Iran, Pakistan und Nordkorea gesehen. Es bricht einem das Herz, während man selber, hinsichtlich der Politik Israels, die Widersprüche spürt.

Im Zuge einer BBC-Umfrage wurden nicht weniger als 26.000 Leute in 25 Ländern gefragt, welchen Ländern sie einen positiven bzw. einen negativen Einfluss zuordnen. Während Deutschland in diesem Jahr den positivsten Wert erzielte, sehen Israel im Durchschnitt nur 21 % der Menschen positiv – 52 % jedoch negativ. Es schmerzt, dass Israel im negativen Ranking nur vom Iran, mit lediglich 15 % positiven und 59 % negativen Wertungen, deutlich übertroffen wird.

Zur Beruhigung und Freude lässt sich einwenden, dass Israel wenigstens von den Menschen in den USA mit über 50 % sehr viel positiver gesehen wird. Diese Tatsache hat jedoch auch Schattenseiten: So wird Israel auch in der Realität politisch immer abhängiger von den USA und deren Wohlwollen. Zweitens kann man sich ausrechnen, wo Israel im Ranking zu liegen käme, wenn die Zahlen aus den USA den Durchschnittswert nicht so stark in die positive Richtung beeinflussten.

Wie schon in den Vorjahren gibt es einige Argumente gegen die Stichhaltigkeit der Befragung. Es sei so, als würde man Eltern fragen, mit welchem Kind sie ihr Kind spielen lassen wollen. Sicher nicht mit jenem, welches sich ständig mit seinem Nachbarkind prügelt, egal wer letztlich recht hat.

Europa ist für Israel politisch ohnehin verloren, lautet ein weiteres, oft vorgebrachtes Argument. Man hört, dass diese Haltung sogar Teil der Politik des israelischen Außenamtes sei, weshalb der Löwenanteil von dessen Ressourcen für die israelische Öffentlichkeitsarbeit in die USA gehe, immer weniger jedoch für PR in Europa aufgewendet werde. Dies ist ein Trend, der von den jüdischen Gemeinden und Freunden Israels in Europa schon seit vielen Jahren beklagt wird. Da wirken die oft sehr engagierten und einfallsreichen Initiativen von zum Teil hervorragenden israelischen Diplomaten (siehe auch das Interview mit dem scheidenden israelischen Botschafter Aviv Shir-On in diesem NU) wie ein Tropfen auf den heißen Stein.

Die negative Entwicklung der öffentlichen Meinung in Europa gegenüber Israel darf jedoch nicht unterschätzt werden. Die sogenannte „Boycott, Divestment, Sanctions“- Bewegung verzeichnet Erfolge. Ihr Ziel ist es, Israel letztlich zu einem Paria der Völkergemeinschaft zu machen, wie es seinerzeit Südafrika zur Zeit der Apartheid war. Eine Mehrheit der EU-Länder (auch Österreich) befürworten inzwischen einen Boykott von Gütern aus dem Westjordanland, der akademische Boykott gewinnt an Boden, und eine zunehmende Zahl von Künstlern und Wissenschaftlern weigern sich, nach Israel zu kommen.

Viele dieser Aktivitäten können aufgrund des sehr tauglichen „3-DTests“ als unausgewogen bis klar antisemitisch entlarvt werden. Das wichtigste „D“ dabei – „Double Standards“ – ist zumeist besonders schlagend: Wo sind die Proteste, Boykotte und Sanktionen gegen schwerste Menschenrechtsverletzungen, bis hin zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit, in Länder wie Syrien, Iran, Sudan, Saudi-Arabien, Nordkorea usw.? Die Doppelmoral der westlichen Länder in ihrer Verurteilung Israels zeigt sich auch immer in deren Verhalten gegenüber Terror, sobald er sie selber trifft: Da wird oft gar nicht so zimperlich vorgegangen.

Letztlich ruhte die Hoffnung der Freunde Israels jedoch auf der israelischen Politik: Sie werde schon wissen, was die richtige Vorgangsweise sei. Doch auch dieses Bild bekommt Risse: Der für den Oscar nominierte israelische Dokumentarfilm The Gatekeepers, in dem die letzten sechs Chefs des israelischen Inlandsgeheimdienstes „Shin Bet“ zu Wort kamen, brachte Einsichten von zum Teil historischer Tragweite. Ein Schlüsselsatz war jedoch: „Es ging immer nur um die Taktik. Wir hatten nie eine Strategie.

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